Am Eingang zur City West steht ein zwölfgeschossiges Bürogebäude, der 60er-Jahre-Bau ist prägend für die Kreuzung An der Urania/Kurfürstenstraße. Nun ist ein Streit um den Fortbestand des Baus entbrannt. Die Eigentümerin BIM will, dass er abgerissen wird, eine Initiative fordert den Erhalt des Hochhauses An der Urania.
Das Hochhaus aus den 1960er-Jahren ist Eigentum des Landes Berlin und soll im Januar 2024 abgerissen werden. Schadstoffe im Inneren erschweren eine Nutzung, das Gebäude ist derzeit eingerüstet und wird entkernt. Zuvor befand sich unter anderem die Landeszentrale für politische Bildung in dem Haus, seit 2018 steht es leer.
Derzeit wird das Haus schadstoffsaniert, um es dann mit Maschinen abreißen zu können. „Die Urania 4–10 ist mit dem Schadstoff PCB belastet. Im Zuge der derzeit stattfindenden Schadstoffsanierung werden alle PCB-Primärquellen und ein Großteil der Sekundärquellen entfernt; die Schadstoffbelastung im Gebäude selbst ist dadurch bereits minimiert“, heißt es in der Untersuchung der Initiative.
Bürohochhaus wieder nutzen
Statt den Verlust einer „Ikone der Berliner Architektur“ hinzunehmen, macht die Initiative Vorschläge zu einer neuen Nutzung.
„Neben dem Start der Petition haben wir in einer Machbarkeitsstudie die Umnutzbarkeit des Gebäudes untersucht. Wir stellen darin mehrere Varianten vor, wie das Gebäude umgebaut werden könnte und haben in Austausch mit Expert:innen technische Lösungen erarbeitet, wie eine Schadstoffverkapselung aussehen könnte“, so Florine Schüschke von der Initiative „an.ders Urania“. „Wir setzen uns mit Nachdruck dafür ein, dass dieses identitätsstiftende Gebäude, das zum baukulturellen Erbe Berlins gehört, saniert und umgebaut wird.“

Im Hinblick auf die Klimakrise wäre ein Abriss des Stahlbetonbaus des namhaften Architekten Werner Düttmann nicht mehr zeitgemäß, argumentieren die Hochhaus-Retter. Auch das Baukollegium Berlin hat sich im Sommer 2023 dafür ausgesprochen, den Erhalt des Gebäudes mit einer Machbarkeitsstudie prüfen zu lassen, die eine Weiternutzung untersucht. Nachdem die geforderte Machbarkeitsstudie noch immer nicht in Auftrag gegeben wurde, hat sich das Gremium jetzt erneut zu Wort gemeldet.
„Aus Gründen eines nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen und aus baukulturellen Gründen ist – trotz erheblicher Beschädigungen – der Erhalt der noch bestehenden Teile des Gebäudes An der Urania 4–10 anzustreben“, heißt es in einer am Mittwoch verbreiteten Stellungnahme des Gremiums. „Nach gegenwärtigem Kenntnisstand und im Wissen um kontroverse Positionen erscheint der Bestandserhalt als eine mögliche, aber bisher nicht hinreichend geprüfte Option“, kritisieren die Mitglieder des Baukollegiums.
Durch seine Skelettstruktur ist eine flexible Anpassung der Grundrisse im Inneren möglich. Außerdem sei die Baubranche immer noch für mehr als ein Drittel der gesamtdeutschen CO2-Emissionen verantwortlich. Ein Abriss und Neubau des Gebäudes An der Urania 4–10 würde nach Angaben der Initiative eine Menge von etwa 13.000 Tonnen CO2 freisetzen.
Das sei in etwa so viel CO2, wie der Tiergarten in einem Zeitraum von 27 Jahren absorbieren kann, so Tamara Granda von der Initiative. „Eine Sanierung des Gebäudes würde nur ca. 10 Prozent dieser Emissionen verursachen.“
BIM will an Abrissplänen festhalten
Die BIM erklärte auf Anfrage der Berliner Zeitung, sie halte an den beauftragten Abrissplänen fest – „da nach dem Ausbau der Schadstoffe aus der Gebäudesubstanz weiterhin eine sekundäre PCB-Belastung zu erwarten“ sei. Damit ist gemeint, dass PCB ins Bauwerk eingedrungen ist. Zudem würden bei Erhalt des Gebäudes bei dem vorliegenden Vorhaben keine Kohlendioxidemissionen gespart. Zwar werde bei einem Erhalt tatsächlich zunächst Energie eingespart, doch fiele über die Lebenszeit bei der Weiternutzung des Bestandsgebäudes ein höherer Verbrauch an.
In derselben Gegend wurden zuletzt weitere Häuser abgerissen: Anstelle des früheren Constanze-Pressehauses an der Ecke Kurfürsten-/Schillstraße entsteht ein 17-geschossiger Büroturm. Auch das Haus der Verwertungsgesellschaft Gema in der Keithstraße musste einem Neubau weichen. Wie auch das frühere Gebäude des Deutschen Gewerkschaftsbundes an der Keithstraße Ecke Kleiststraße. Auch das leer stehende Hotel President An der Urania soll abgerissen werden. ■