Es ist das größte seiner Art in Europa. Und groß ist auch die Not, in der sich gerade das Tierheim Berlin im Lichtenberger Ortsteil Falkenberg befindet. Zu einem ist die Einrichtung vom Sparhammer des Senats indirekt mit betroffen, muss um jeden Cent kämpfen. Als wäre das nicht schon schlimm genug, herrscht jetzt im Tierheim auch noch der Ausnahmezustand wegen einer Vogelseuche.
Dort untergebrachte Tauben haben die Newcastle-Krankheit. Das ist eine für Vögel hoch ansteckende und oft tödlich verlaufende Viruserkrankung. Von den bislang elf verstorbenen Tauben wurden nach aktuellem Stand zehn positiv auf das Virus getestet. Und zwei noch lebende Tauben haben ebenfalls dieses Seuche, teilte die Senatsverwaltung für Verbraucherschutz mit.
Der Tierschutzverein für Berlin (TVB), der das Tierheim betreibt, hat umfangreiche Schutzmaßnahmen ergriffen. Die Einrichtung ist daher nicht mehr für Besucher wie sonst geöffnet.
Vogelseuche im Tierheim Berlin: „Wir tun alles, um unsre Tiere zu retten“
TVB-Chefin Eva Rönspieß erklärt: „Oberstes Ziel ist es, den Vogelbestand im Tierheim zu schützen“, sagt sie. Das bedeutet: „Weitere Ansteckungen müssen verhindert werden, um so alle unsere 373 Vögel zu retten. Alle notwendigen Seuchenschutzmaßnahmen wurden sofort eingeleitet.“
Zunächst wurden den Vögeln im Tierheim Proben entnommen, die derzeit im Landeslabor Berlin-Brandenburg auf das Virus untersucht werden. Einige Testergebnisse stehen noch aus. In den kommenden Wochen sollen im Abstand von 21 Tagen mindestens zwei weitere Tests durchgeführt werden.

Auch wenn der Virus für Menschen keine Gefahr darstellt, sei die Situation für die Mitarbeiter im Tierheim sehr belastend. „Vor allem die Teams in unserer Tierarztpraxis und in den Vogelhäusern sind mental und körperlich am Limit“, sagt Rönspieß. „Die Tierpfleger haben eine enge Beziehung zu ihren Schützlingen – ob Graupapagei, Wellensittich oder Taube. Viele Tiere sind schon lange bei uns und für uns wie Familie.“

Das Tierheim kämpft. „Wir tun alles, um diese Vögel zu retten“, sagt die TVB-Chefin. Eine der Maßnahmen betrifft Besucher. Um weitere Übertragungen der Seuche auszuschließen, müssen die Beratungstage des Tierheims bis auf weiteres entfallen. „Selbstverständlich werden weiterhin Tiere vermittelt, allerdings nur nach vorheriger Terminabsprache“, sagt Rönspieß. „Wir hoffen auf das Verständnis der Berlinerinnen und Berliner.“
Andere Maßnahmen betreffen alle, die in dem Tierheim arbeiten. „Wir baden quasi in Desinfektionsmitteln“, sagt Rönspieß. „Fast jeder Schritt über das Tierheimgelände wird protokolliert, die Mitarbeiter desinfizieren mehrmals täglich Schuhe und Hände“.
Vogelseuche im Tierheim Berlin: Zusätzliche Kosten für Schutzmaßnahmen, die nicht geplant waren
Allein am ersten Tag wurden 200 Liter Desinfektionsmittel verbraucht. Hinzu kommen Handschuhe, Schutzkleidung, Brillen, Desinfektionsmatten und -wannen in großer Zahl. „Das sind Kosten, die nicht eingeplant waren und uns jetzt zusätzlich katastrophal belasten“, sagt die TVB-Chefin.
Denn der Sparhammer des Senats hat auch das Tierheim finanziell hart getroffen. Derzeit sind in der Einrichtung 1250 Tiere untergebracht. Darunter viele Hunde und Katzen, die von Besitzern auf den Straßen ausgesetzt wurden und als Fundtiere dann ins Heim nach Falkenberg gebracht werden.
In Spitzenzeiten wie im Sommer sind es dann schon 1600 Tiere die im Tierheim versorgt werden müssen. Dazu reichen nicht nur die vorhandenen Gebäude. Auch das Geld reicht nicht aus, um die Tiere zu versorgen, sagt Rönspieß in einem RBB-Interview.

„Das Land Berlin zahlt einfach zu wenig für die Unterbringung von Fundtieren und sichergestellten Tieren. Wir müssen also einen Großteil der Kosten über Spenden einwerben“, sagt Rönspieß. „Auf Landesebene muss man sehen, dass Berlin im Sommer massiv Gelder beim Tierschutz eingestrichen hat. Auch schon vorher war der Tierschutzhaushalt nicht wirklich groß und eher klein geschrumpft.“
Die Mittel für die Landestierschutzbeauftragte wurden drastisch zusammengestrichen. Von den 401.250 Euro im Haushalt, die für 2024 vorgesehen waren, seien jetzt nur noch 18.550 Euro geblieben. „Diese Einsparungen sind ein finanzieller Genickbruch für den Berliner Tierschutz“, sagt TVB-Chefin Rönspieß in dem Interview. „Es fehlt jetzt an Geld für die Tiertafel, Katzenschutz und Taubenmanagement.“
Tierheim Berlin bekommt die drastischen Folgen des Senat-Sparhammers zu spüren
Und die Folgen muss das Tierheim Berlin mittragen. „Tierschutzorganisationen wie die Eichhörnchen- und Waschbärenhilfe bekommen vom Senat kein Geld mehr“, sagt Rönspieß. „Und so verschiebt das Land Berlin einfach die Geldnot: Den Tierschutzorganisationen nimmt sie die Unterstützung weg. Weil wir als Berliner Tierschutzverein mit unserem Tierheim natürlich helfen wollen und müssen, zahlen wir das jetzt mit Spendengeldern aus unserer eigenen Tasche.“
Das ist gar nicht so einfach. Zwar bekommt das Tierheim jährlich für die Inobhutnahme von Tieren drei Millionen Euro vom Land Berlin. Diese werden auch nicht gekürzt, weil das Geld vertraglich geregelt ist.