Berlin hat den Ruf, eine harte Stadt zu sein. Dabei können die Berliner auch anders. Achten Sie heute mal drauf: Wenn Sie einfach so fremde Menschen anlächeln, was passiert? Die Berliner Psychologin Nora Blum hat kürzlich den Test gemacht und jede Menge gute Laune zurückbekommen.
Im Weltglücksbericht 2025, der die Zufriedenheit der Menschen in einzelnen Ländern bewertet, werfen die Forscherinnen und Forscher in diesem Jahr einen expliziten Blick darauf, welche Auswirkungen das fürsorgliche Miteinander und gemeinsame Teilen auf das Glück der Menschen hat. Eine ihrer Erkenntnisse: Das Vertrauen in die Freundlichkeit von anderen ist viel stärker mit dem Glücklichsein verbunden als bislang angenommen - und die Menschen sind viel netter zueinander, als man denkt. Heißt für Berlin, dem anderen in der U-Bahn ruhig mal wieder in die Augen schauen.
Dass Berlin in Sachen Glücksempfinden und Freundlichkeit noch Nachholbedarf hat, zeigte auch schon der Glücksatlas von 2024. Dort zeigte sich, dass in Brandenburg die Zufriedenheit wieder auf ein Niveau aus der Zeit vor Corona gestiegen war. Berlin belegt dagegen nur den vorletzten Platz und bleibt im Ranking abgeschlagen wie schon in den Vorjahren. Nur in MeckPom waren die Menschen noch unglücklicher.
Vertrauen in andere Menschen macht zufriedener
Um den Alltag zufrieden und vertrauensvoll zu erleben, braucht es Zutrauen in die Güte andrer: In Japan etwa kann es vorkommen, dass jemand seinen Sitzplatz mit seiner Geldbörse oder dem Smartphone reserviert, wenn er mal kurz aufstehen muss. Stellen Sie sich das mal in der Berliner U-Bahn vor. Dabei würde ein Lächeln, ein Investieren in positive soziale Beziehungen uns alle viel zufriedener machen. Der Plausch an der Supermarktkasse gehört ebenso dazu, wie die nette, hilfreiche Geste Fremden gegenüber. Wer Freundlichkeit verteilt, bekommt auch welche zurück. Und wer Wohlwollen bei anderen vermutet, lebt zufriedener.
Klar, dass darüber hinaus auch die drängenden Probleme in einer Großstadt wie Berlin, wie höhere Kriminalitätsraten und Arbeitslosenquote, steigende Mieten und ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung, der auf Sozialleistungen angewiesen ist, angepackt werden müssen, um uns richtig glücklich zu machen.
Glücklich ist, wer gute Beziehungen zu anderen Menschen hat
Dennoch: „Menschliches Glück wird von unseren Beziehungen mit anderen angetrieben“, sagt eine der Autorinnen des Berichts, die Sozialpsychologin Lara B. Aknin von der kanadischen Simon Fraser University. Das Investieren in positive soziale Verbindungen führe ebenso zu größerer Zufriedenheit wie wohlwollendes Handeln. Oder wie es der Chef des beteiligten Meinungsforschungsinstituts Gallup, Jon Clifton, formuliert: „Beim Glück geht es nicht nur um Reichtum oder Wachstum - es geht um Vertrauen, Verbundenheit und die Erkenntnis, dass andere hinter einem stehen.“ Der diesjährige Bericht beweise, dass unterschätzt werde, wie freundlich die Welt in Wirklichkeit sei.

Nun definiert jeder den Begriff Glück auf seine Weise. Die Forscher machen das Glücklichsein unter anderem an einem Experiment zu der Frage fest, wie stark die Menschen in den jeweiligen Ländern darauf setzen und setzen können, dass andere ihr verlorenes Portemonnaie zurückgeben würden. Darin sind die Nordländer top. Im Weltglücksranking rangiert demnach Finnland auf Platz 1, gefolgt von Dänemark, Island und Schweden.
Zurück in den Top 5 sind die Niederlande auf Rang fünf, während Costa Rica (6) und Mexiko (10) jeweils erstmals in die Top 10 vorpreschen. Die Schweiz bleibt das glücklichste deutschsprachige Land, rutscht aber von Platz 9 auf 13 weiter ab – vor drei Jahren lagen die Eidgenossen noch auf Rang 4. Österreich verliert ebenfalls und landet drei Ränge weiter hinten als im Vorjahr auf Position 17. Deutschland verbessert sich dagegen von Rang 24 auf 22. Weltweit gilt: Das Wohlwollen anderer Menschen wird bei dem Experiment weltweit generell viel zu pessimistisch eingeschätzt.
Deutsche glücklicher als Briten, Polen, Italiener und Franzosen
Apropos Pessimismus: Allgemein kann man in Deutschland derzeit leicht das Gefühl bekommen, die Stimmung sei schlecht. Der Glücksbericht bestätigt diese Wahrnehmung nicht: Die Bundesrepublik klettert im Jahresvergleich um zwei Plätze, auch die über drei Jahre gemittelte Bewertung der Lebensqualität auf einer Skala von 0 bis 10 hat sich leicht auf 6,75 verbessert. Viele kleinere EU-Staaten wie Irland, Belgien oder Litauen lassen Deutschland zwar nach wie vor hinter sich – dafür liegt es vor den größeren europäischen Nationen Großbritannien (Platz 23), Polen (26), Frankreich (33), Spanien (38) und Italien (40). Beim Portemonnaie-Experiment etwa zeigten die Deutschen sehr hohe Vertrauenswerte – einer der möglichen Gründe, warum es ihnen gut geht.

Mit seinem 22. Platz überholt Deutschland in diesem Jahr auch die USA, die mit Rang 24 ihre bislang schlechteste Platzierung überhaupt einnehmen. „Die USA, Kanada und andere Länder der englischsprachigen Welt befinden sich in einem generellen Abwärtstrend, der besonders dadurch angetrieben wird, dass die jungen Menschen zur am wenigsten glücklichen Gruppe werden“, erklärt Helliwell.
Menschen hören einander nicht mehr zu
Dieser Rückgang der Zufriedenheit hat auch politische Folgen: Das abnehmende Glücksgefühl und das sinkende soziale Vertrauen in den USA und in Teilen Europas seien ein wesentlicher Grund für zunehmende politische Polarisierung und Wählerstimmen gegen „das System“, heißt es im Bericht. Helliwell fasst es so zusammen: „Unzufriedenheit führt zu Polarisierung, und Polarisierung führt dazu, dass Menschen einander nicht mehr zuhören und andere Quellen für Fakten und Meinungen nutzen, was wiederum zu weiterer Polarisierung führt.“