Die Jagd geht weiter nach den RAF-Terroristen. Am Abend sollen wieder SEK-Männer im Berliner Stadtteil Friedrichshain im Einsatz sein. Eine wurde offenbar in der Grünberger Straße gestürmt, berichtet die Bild-Zeitung. Unklar ist, ob es Festnahmen gab.
Es soll sich um eine Wohnung an der Ecke zur Simon-Dach-Straße handeln. Schaulustige sind vor Ort. Sie sehen, wie mehrere Fahrzeuge die Straße in dem belebten Viertel abriegeln. Auch ein gepanzertes Fahrzeug ist dabei. Haben die Ermittler etwa den nächsten Unterschlupf von RAF-Terroristen Burkhard Garweg (55) gefunden - oder sogar von seinem Komplizen Ernst-Volker Staub (69)?
Bisher ist unklar, wer in dieser Wohnung Unterschlupf gefunden hatte. Die Polizei machte keine Angaben.
Jagd nach RAF-Terroristen: Fielen beim Einsatz Schüsse?
Bei dem Einsatz in der Grünberger Straße sollen offenbar auch Schüsse gefallen sein. Das behaupten Anwohner. Eine Person, die sich in der Nähe des Einsatzes aufhielt, erzählt den Einsatz gesehen zu haben. Sechs laute Schüsse will er gehört haben. Dann hätte diese mit anderen Personen schnell Schutz in einem Gebäude gesucht. „Ich war geschockt, fühlte Panik. Das war schon krass“, sagte ein Anwohner dem KURIER.
Die Schüsse sollen um 19.18 Uhr gefallen sein. Ein Anwohner zeigte ein Video, dass zu diesem Zeitpunkt aufgenommen worden sein soll. Auf den Aufnahmen war lautes Krachen zu hören. Ob es Schüsse waren, ist unklar. Die Polizei erklärte den Anwohnern, dass keine Schüsse gefallen seien.
Möglich, dass der Krach aus dem Haus drang, als die Polizei die Tür zur Wohnung öffnete, deren Räume sie durchsuchen wollte. Angetroffen hatten die Ermittler dort offenbar niemanden.
Jagd auf RAF-Terroristen: Keiner war in der Wohnung

Die Verdächtigen Staub und Garweg wieder nicht gefasst: „In der Wohnung haben die Beamtinnen und Beamten keine Person angetroffen“, sagt eine Sprecherin des LKA Niedersachsen, das in den Ermittlungen federführend ist.
Rund zwei Kilometer entfernt war schon am Sonntagmorgen ein Spezialeinsatzkommando (SEK) mit gepanzertem Fahrzeug, Blendgranaten und vielen Männern im Stadtteil Friedrichshain im Einsatz. Die Polizei durchkämmte Teile eines links-alternativen Bauwagengeländes - „im Zusammenhang mit der Fahndung“ nach den gesuchten Ex-RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub (69) und Burkhard Garweg (55). Schnell wurde klar, dass die Gesuchten nicht dort waren.
Jagd auf RAF-Leute ging schon am Sonntagmorgen los
Wenige Tage nach der Festnahme der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette (65) in Berlin waren die Ermittler offenbar zumindest einem der Männer dicht auf der Spur: Sie gehen davon aus, dass Garweg sich auf dem durchsuchten Bauwagengelände aufgehalten hatte, wie am Abend bekannt wurde.
Seine mutmaßliche Unterkunft wurde für kriminaltechnische Untersuchungen abtransportiert. „Wir gehen davon aus, dass der Bauwagen-Container die Unterkunft von Burkhard Garweg gewesen ist“, sagte eine Sprecherin des niedersächsischen LKA der Deutschen Presse-Agentur.

RAF-Terrorist Burkhard Garweg: Bauwagen-Container war seine Unterkunft

Wie lange Garweg die Unterkunft genutzt haben könnte, sagte sie nicht. Der „Tagesspiegel“ zitierte einen LKA-Sprecher, es sei ein „aktuellerer Zeitraum“. Der „Spiegel“ hatte zuvor berichtet, Garweg solle auf dem Gelände im Stadtteil Friedrichshain in einem Bauwagen gewohnt und sich dort oft aufgehalten haben. Die Sprecherin sagte, der Bauwagen werde nun sorgfältig untersucht. Es sei unklar, wie lange das dauern werde.

Auf dem Gelände sind nach LKA-Angaben zehn Menschen angetroffen und zur Identitätsfeststellung vorläufig festgehalten worden. „Keine dieser Personen leistete Widerstand“, teilte das LKA weiter mit. Um Festnahmen habe es sich nicht gehandelt. Letztlich seien alle wieder entlassen worden. Die Ermittler waren auch am Abend noch vor Ort. Gegen 20 Uhr betrat ein Polizist das Gelände erneut mit einem Hund, wie ein dpa-Reporter beobachtete.

RAF-Terroristen: Vor 30 Jahren untergetaucht
Staub, Garweg und Klette waren vor über 30 Jahren untergetaucht. Alle drei gehörten zur dritten Generation der früheren linksextremistischen Terrororganisation RAF, die sich 1998 aufgelöst hatte. In der aktiven Terror-Zeit der dritten Generation wurden der damalige Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen (1989) und Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder (1991) ermordet.
Gegen Klette, Staub und Garweg bestehen Haftbefehle wegen des Verdachts der Beteiligung an Terroranschlägen. Sie wurden beziehungsweise werden auch wegen mehrerer Raubüberfälle gesucht. Zwischen 1999 und 2016 sollen sie Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen überfallen haben. Ihnen wird auch versuchter Mord vorgeworfen, weil dabei geschossen wurde.
Suche nach RAF-Terroristen in Berlin: Es fielen auch beim ersten Einsatz Schüsse
Wurde bei der Durchsuchung geschossen? Unklarheiten gab es am Sonntag darüber, ob Polizisten bei der Durchsuchung in Berlin schossen. Zunächst sprach die Polizei von Schussgeräuschen, zwischenzeitlich war konkret von Schüssen die Rede, später teilte das LKA schriftlich mit, es seien „Schussgeräusche wahrnehmbar“ gewesen. „Diese stehen im Zusammenhang mit einer Türöffnung. Personen sind dabei nicht verletzt worden.“
Der Einsatz begann nach Angaben des LKA gegen 7.30 Uhr am Markgrafendamm nahe dem Bahnhof Ostkreuz. Einige Autohändler sind dort zu finden, zwei bekannte Clubs liegen dort und eben seit Jahrzehnten auch das Gelände, das nach dem Mauerfall von einem links-alternativen Verein übernommen wurde.
Suche nach RAF-Mann: 130 Polizisten im Einsatz
Am Sonntagvormittag stauten sich dann zivile Busse des LKA Niedersachsen und blaue Berliner Polizeiwagen auf der Straße. Vermummte Polizisten hielten Kamerateams auf Abstand, Spurensicherer der Kripo gingen in weißen Overalls auf das Gelände. Polizisten aus Niedersachsen berichteten, sie seien bereits seit Freitag in Berlin, andere schon länger. Auch das Bundeskriminalamt war den Informationen zufolge beteiligt. Insgesamt waren nach den Angaben 130 Polizisten im Einsatz.
Am Rande des Geschehens äußerte sich Rechtsanwalt Ulrich Kerner, der nach eigenen Angaben den Verein vertritt, der das Gelände betreibt. „Es ist ein Kulturverein hier am Markgrafendamm, der eine sehr lange Tradition hat, den es seit Anfang der 90er Jahre gibt. Hier gibt es Werkstätten, Ateliers, Proberäume - es ist eigentlich ein wichtiger Baustein der Friedrichshainer Kulturszene“, sagte Kerner.
Er betonte, die Durchsuchungen richteten sich nicht gegen das ganze Gelände und den Verein, sondern gegen bestimmte Räumlichkeiten, die zu bestimmten Bewohnern gehörten. Die Polizei habe da sehr konkrete Vorstellungen gehabt und sei auch sehr gezielt vorgegangen im Rahmen des Durchsuchungsbeschlusses eines Richters.
RAF-Terroristen: Bürger sollen sie nicht ansprechen, wenn sie die flüchtigen Männer sehen
Zuvor hatte das LKA Niedersachsen am Samstag mehrere aktuelle Fotos von Burkhard Garweg, einem der Gesuchten, veröffentlicht. Sie zeigen ihn im privaten Umfeld, zum Teil mit einem oder zwei Hunden - und in wesentlich besserer Qualität als die alten Fahndungsfotos, die es bisher gab. Ob die Fotos bei Daniela Klette nach ihrer Verhaftung am vergangenen Montag gefunden wurden, verriet die Polizei nicht.
Zusätzlich wurden am Sonntag technisch verfremdete Bilder von Garweg veröffentlicht. „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte Burkhard Garweg sein Aussehen verändert hat“, teilte das LKA mit. Die Vermittler veröffentlichten daher drei unterschiedliche Versionen desselben Fotos, auf denen Garweg entweder mit einer Kappe, einer Glatze oder einer Brille zu sehen ist.