Assistenzärzte der Berliner Charité wehren sich gegen eine geplante Reform der Dienststruktur und erheben in einem Brandbrief an den Klinikvorstand schwere Vorwürfe. Vor allem kritisieren die jungen Ärzte und Ärztinnen ein neues Arbeitszeitmodell, das eigentlich eine Senkung der Wochenarbeitszeit bringen soll – aber dies offenbar auf Kosten der Nachwuchsmediziner!
Die Aussagen in dem Schreiben der Assistenzärzte der Berliner Charité haben es in sich. Die Reform sieht eine Umstellung des Dienstsystems vor. Danach soll die reguläre Wochenarbeitszeit von 42 auf 40 Stunden sinken. So weit, so gut. Doch damit das funktioniert, müssen viele Ärzte und Ärztinnen offenbar einen hohen Preis zahlen.
Werden junge Ärzte unter Druck gesetzt?
Ein erheblicher Anteil von ihnen müsse „freiwillig“ auf Arbeitszeiten von bis zu 48 Stunden hochgehen, so der Vorwurf der Assistenzärzte. Dieser Nebenabrede zur Verlängerung der Arbeitszeit sollen die jungen Ärzte zustimmen. In einer Umfrage hätten 78 Prozent von ihnen diese Maßnahme kategorisch abgelehnt, heißt es in dem Brandbrief. Gleichzeitig berichteten Kollegen und Kolleginnen „von spürbarem Druck, die Nebenabrede zu unterzeichnen“. Um die Assistenzärzte zu bedrängen, werde „häufig auf den Zugang zu wesentlichen Ausbildungsinhalten wie Operationen verwiesen“. Eine solche Praxis belaste das Arbeitsklima beträchtlich, so der Vorwurf an den Vorstand der Charité.

Ein Drittel der Ärzte denkt an Kündigung
Eine Umfrage unter den Assistenzärzten hat laut dem Protestbrief ergeben, dass ein Drittel der befragten Assistenten eine Kündigung erwäge. Viele seien durch den Job überfordert und müssten täglich erleben, dass sie den berechtigten Erwartungen sowohl der Patienten als auch ihrem eigenen Anspruch an gute Medizin nicht mehr gerecht werden können, heißt es im Brief weiter.
Für die Initiatoren bedeuten die Sparmaßnahmen und Reformpläne eine weitere Verschlechterung der Versorgung: noch längere Wartezeiten in der Notaufnahme, noch weniger Zeit für Gespräche mit Patienten. „Diagnostik und Therapie müssen unter ständigem Zeitdruck erfolgen – oft ohne die nötige Sorgfalt“, wird in dem Brief betont.
Die Charité reagierte auf die Anschuldigungen der Assistenzärzte und schätzt die Lage ganz anders ein: Zwar räumt die Klinikleitung in einem Statement gegenüber dem RBB ein, dass Anpassungen wegen „dauerhafter struktureller Unterfinanzierung unausweichlich“ seien. Aber die Klinikleitung erwartet durch die geplante Reform eher eine Verbesserung für die Mediziner. „Es ist damit zu rechnen, dass aufgrund der Arbeitszeitverkürzung Neueinstellungen von Ärztinnen und Ärzten erfolgen werden, um die Leistungsfähigkeit in der Krankenversorgung aufrechterhalten zu können.“