Neuer Plan des Senats

Verhütungspillen und Greifvögel gegen Tauben – Tierschützer auf dem Baum

Die Taubenpopulation in Berlin soll mithilfe von „Taubenpillen“ und Greifvögeln eingedämmt werden. Der Plan ist umstritten und riskant.

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Tauben an der Warschauer Brücke in Berlin.
Tauben an der Warschauer Brücke in Berlin.Schöning/imago

Ein neuer Plan des Berliner Senats sorgt für Aufsehen: Die Taubenpopulation in der Hauptstadt soll mithilfe von „Taubenpillen“ und der Ansiedlung von Greifvögeln eingedämmt werden. Die Maßnahmen stoßen allerdings auf heftigen Widerstand von Tierschützern, insbesondere der Landestierschutzbeauftragten Kathrin Herrmann. Sie sieht in den Plänen einen klaren Verstoß gegen das Artenschutzrecht.

Laut internen Leitlinien der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz, die dem „Tagesspiegel“ (Bezahlschranke) vorliegen, prüft der Senat den Einsatz des Verhütungsmittels Nicarbazin. Dieses Medikament wird bereits erfolgreich in Ländern wie Italien, Belgien, Kanada und den USA zur Kontrolle von Tauben- und Wildgansbeständen eingesetzt.

In Deutschland wird es ebenfalls in mehreren Großstädten eingesetzt, um die Taubenflut in den Griff zu bekommen. Nun will Berlin die „Wirkung, Sicherheit, Tierschutzgerechtigkeit und Kosten“ des Mittels untersuchen, heißt es im „Tagesspiegel“-Bericht.

Doch der Widerstand gegen die Pläne ist groß: Die Berliner Tierschutzbeauftragte Kathrin Herrmann lehnt die Fütterung von Nicarbazin strikt ab. Sie argumentiert, dass dies gegen das Artenschutzrecht verstoße und sogar als genehmigungspflichtiger Tierversuch einzustufen sei.

Tauben könnten noch mehr Nachwuchs produzieren

Auch die Grünen-Abgeordnete June Tomiak, Sprecherin für Wildtierschutz, äußerte Bedenken. Ihrer Meinung nach könnten die Medikamente schwer gezielt eingesetzt werden. „Andere Vögel, wie wilde Tauben oder Enten, könnten unabsichtlich mitbehandelt werden“, sagte sie dem Tagesspiegel. Zudem sei unklar, welche Folgen das Medikament auf Greifvögel oder Füchse haben könnte, wenn diese behandelte Tauben fressen.

Ein weiterer Streitpunkt: Die geplante Ansiedlung von Greifvögeln, wie etwa Wanderfalken, um die Taubenbestände zu dezimieren. Auch diese Maßnahme lehnt Tierschützerin Herrmann ab. Sie warnt davor, dass die Tauben als Reaktion auf den erhöhten Druck durch Greifvögel schlicht mehr Nachwuchs produzieren würden, wodurch das Problem nicht gelöst, sondern sogar verstärkt werden könnte.

Ein Greifvogel hat eine Taube erlegt. So soll es auch in Berlin kommen.
Ein Greifvogel hat eine Taube erlegt. So soll es auch in Berlin kommen.Blickwinkel/imago

Hinter den hitzigen Debatten steckt ein tieferer Konflikt: Seit 2020 sitzt Kathrin Herrmann im Amt, berufen unter der damaligen Grünen-Senatsverwaltung. Doch seitdem die CDU die Leitung der Verbraucherschutzverwaltung übernommen hat, gibt es Spannungen.

Ein besonders harter Schlag: In diesem Jahr wurde Herrmanns Budget um 96 Prozent gekürzt. Trotzdem hält sie an ihrem eigenen Konzept fest, das vor allem auf betreute Taubenschläge setzt. Hier sollen die Eier der Tauben gegen Attrappen ausgetauscht werden, um die Vermehrung der Tiere zu stoppen. Herrmann sieht dies als einzige Lösung, um Taubenplagen an Gebäudefassaden und Denkmälern zu verhindern und gleichzeitig für das Wohl der Tiere zu sorgen.

200.000 Euro für berlinweites Taubenmanagement

Doch die Mehrheit der Berliner Bezirke und die Verbraucherschutzverwaltung halten wenig von dieser Idee. Kritiker argumentieren, dass die Errichtung von Taubenschlägen und die Fütterung der Tiere zu einer zusätzlichen Nahrungsquelle führen würden, was die Problematik letztlich verstärken könnte. Einige Bezirke gehen noch weiter: Pankow spricht von „gravierenden fachlichen und veterinärmedizinischen Fehlern“ in Herrmanns Konzept.

Trotz dieser Differenzen hält der Senat an einem Pilotprojekt fest: Ein erster Taubenschlag soll in Marzahn-Hellersdorf entstehen, finanziert mit 18.000 Euro. Unklar ist allerdings, wer den Betrieb übernehmen wird. Für das nächste Jahr stehen immerhin 200.000 Euro für ein berlinweites Taubenmanagement zur Verfügung. Was davon allerdings nach weiteren Sparmaßnahmen übrig bleibt, ist noch offen. ■