Berlin ist wild, bunt und voller Tinte. Keine andere Stadt in Deutschland trägt so viel Farbe unter der Haut wie die Hauptstadt. Mit 172 Tattoostudios lässt Berlin alle anderen Metropolen alt aussehen – Hamburg liegt rund 70 Studios zurück, München, Köln und Stuttgart folgen abgeschlagen. Und wer durch Friedrichshain, Neukölln oder Kreuzberg schlendert, kann sie kaum übersehen: Tattoos, wohin das Auge reicht. Arme, Beine, Nacken, Hände – fast jeder scheint hier gestochen.
Doch wo so viel Farbe fließt, stellt sich auch die Frage: Wie gesund ist der Tattoo-Hype wirklich? Eine neue Studie aus Dänemark bringt frischen Zündstoff in die Diskussion, berichtet die Berliner Zeitung. Wissenschaftler der Universität Süddänemark haben über 2300 Zwillingspaare unter die Lupe genommen – mit einem alarmierenden Ergebnis.
Tätowierte Menschen sollen deutlich häufiger an Haut- und Lymphdrüsenkrebs erkranken. Und je größer das Tattoo, desto höher das Risiko. Vor allem handtellergroße Motive und älteres Tattoo-Material scheinen problematisch zu sein. Die Vermutung: Farbpigmente wandern mit der Zeit in die Lymphknoten – und das kann gefährlich werden.
Ein echter Schock für die Tattoo-Szene ist das aber nicht wirklich. In Berlin zuckt man nur mit den Schultern, schreibt die Berliner Zeitung. „Ich hatte in meinem Leben zweimal Krebs – einmal im Darm und einmal an den Lymphdrüsen. Erst danach habe ich mit meinen Tattoos angefangen“, erzählt ein Joachim der Zeitung. Er lässt sich ausschließlich in Argentinien tätowieren. Angst vor schädlichen Tattoos habe er nicht. Im Gegenteil: „Als ich wieder gesund war, dachte ich: Jetzt erst recht!“
Viele wissen um die Gefahren und lassen sich trotzdem tätowieren
Viele, die sich tätowieren lassen, wissen also um mögliche Risiken – und entscheiden sich trotzdem ganz bewusst für den Körperschmuck. Ob Naturfarbe oder chemischer Mix, klein oder großflächig, bunt oder schwarz – für viele zählt vor allem der Ausdruck von Freiheit, Rebellion und Individualität. Tattoos sind hier längst mehr als Mode – sie sind ein Statement.

Sogar Menschen mit Krankheitsgeschichte lassen sich davon nicht beeindrucken. Einige greifen lieber zur Naturfarbe, andere schwören auf ihr Lieblingsstudio im Ausland. Klar ist: Der Glaube an sich selbst und das Vertrauen in den eigenen Lebensstil wiegen für viele schwerer als wissenschaftliche Studien. Berlin wäre nicht Berlin, wenn hier jeder beim ersten Risiko klein beigibt.
Und wie sieht’s mit der Reue aus? Auch die ist kaum vorhanden. Laut einer Umfrage des Instituts Appinio stehen fast drei Viertel der Tätowierten noch immer zu ihrer Entscheidung. Nur 13 Prozent würden ihre Tattoos am liebsten wieder loswerden. Der Rest zeigt sie stolz – egal ob mit Totenkopf, Schriftzug oder floralen Mustern.
Klar wird das Thema Gesundheit in der Szene diskutiert, aber der Drang nach Selbstausdruck scheint stärker. Und mal ehrlich – zwischen Zigaretten, Sonnenbädern, Fast Food und Alltagsstress sind Tattoos für viele eben nur ein Risiko von vielen. Nur dass dieses hier eben ziemlich gut aussieht.
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