Schock-Studie

Dramatischer Hautkrebs-Anstieg: Was haben Tattoos damit zu tun?

Binnen 20 Jahren haben sich Hautkrebs-Diagnosen teils verdreifacht. Spielt der Tattoo-Trend dabei eine bislang unterschätzte Rolle?

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Ein Tätowierer sticht mit seiner Nadel Linien mit schwarzer Farbe in die Haut. Wie gefährlich sind die Tattoo-Farbpartikel unter der Haut, sind sie für Krebs verantwortlich?
Ein Tätowierer sticht mit seiner Nadel Linien mit schwarzer Farbe in die Haut. Wie gefährlich sind die Tattoo-Farbpartikel unter der Haut, sind sie für Krebs verantwortlich?imago/Sunil Sharma

Mehrere Krebsstudien sorgen derzeit für Verunsicherung: Eine Zwillingsstudie aus Dänemark legt einen Zusammenhang von Tattoos und Krebs am Lymphsystem und auf der Haut nahe. Insbesondere Hautkrebs-Erkrankungen häufen sich einer Krankenkassenstudie seit 20 Jahren massiv. Gibt es einen Zusammenhang, müssen sich Millionen Deutsche mit Tätowierungen jetzt Sorgen machen?

Krebsstudien verunsichern: Hautkrebs-Fälle haben sich teils verdreifacht - das ist die Hauptursache

Fast zeitgleich im März 2025 wurden zwei Krebsstudien veröffentlicht, die derzeit viele Menschen verunsichern. Einen teils explosionsartigen Anstieg von Hautkrebs-Diagnosen konstatiert eine Untersuchung der Barmer Krankenkasse: Seit 2005 hat sich die Anzahl von festgestellten Fällen mit schwarzem Hautkrebs mehr als verdoppelt. Bei weißem Hautkrebs haben sich die Fälle der Auswertung der Barmer zufolge sogar verdreifacht (PDF, externer Link).

Allerdings wurde der Hautkrebs insbesondere bei älteren Menschen festgestellt, die Ende der 50er-Jahre oder früher geboren wurden. Bemerkenswert: Bei Jahrgängen nach 1980 nimmt das Hautkrebsrisiko der Untersuchung zufolge wieder deutlich ab. Die Studie sieht einen deutlichen Zusammenhang zwischen einem Übermaß an Sonnenbaden bei Älteren. In den 80ern änderte sich das Bewusstsein, dass Sonne nicht nur gesund, sondern auch extrem schädlich sein kann. Hautärzte raten seitdem, sich vor Sonne zu schützen, Sonnencreme zu verwenden und besser im Schatten als in der prallen Sonne zu sitzen.

Besonders der schwarze Hautkrebs endet nicht selten tödlich - und die Fälle steigen

Die Hautkrebs-Fallzahlen sind schockierend: 1,8 Millionen Patienten wurden alleine 2023 mit weißem Hautkrebs diagnostiziert – Ärzte sprechen von nicht melanotischem Hautkrebs. Davon sind laut der Deutschen Krebsgesellschaft 260.000 Neuerkrankungen. Auch wenn es sich dabei um einen bösartigen Tumor handelt, liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei fast 100 Prozent. Je früher ein solches Plattenepithelkarzinom oder ein Basalzellkarzinom entdeckt wird, desto größer ist die Heilungschance. Hautärzte schneiden das Tumorgewebe dabei meist operativ komplett heraus.

Deutlich gefährlicher ist der schwarze Hautkrebs: Hier stieg die Fallzahl binnen 20 Jahren von 188.600 auf 417.400. Die Deutsche Krebsgesellschaft rechnet sogar mit einer weiteren Verdoppelung der Fallzahlen von Neuerkrankungen bei Männern in den nächsten 20 Jahren, bei Frauen binnen 30 Jahren. Auch hier sind vorwiegend ältere Jahrgänge betroffen. Diese Krebsart kann vor allem dann tödlich enden, wenn der Tumor im Körper Metastasen verbreitet. Auch hier sehen Hautärzte vor allem eine starke, immer wiederkehrende UV-Belastung bis hin zu Sonnenbränden im Kindes- und Jugendalter als größten Risikofaktor. Hellhäutige Personen mit Leberflecken und mit genetischer Vorbelastung sind besonders gefährdet.

Die Deutsche Krebsgesellschaft weist allerdings auch darauf hin, dass sich die Krebsdiagnosen seit 2008 durch die Einführung des Hautkrebsscreenings stark erhöht haben. Auch vorher waren Personen an Hautkrebs erkrankt, dieser wurde jedoch häufig erst festgestellt, als es schon zu spät war, oder im Zusammenhang mit anderen Diagnosen.

Neue Krebsstudie: Tattoos als Ursache für Hautkrebs und Lymphkrebs unterschätzt?

Die zweite Krebsstudie, die derzeit für viel Verunsicherung sorgt, wirft jedoch einige Fragen auf: Über Gesundheitsgefahren von Tattoos wurde viel spekuliert, mehrere Studien legen nun einen Zusammenhang vor allem von großflächigen Tattoos und Krebserkrankungen nahe. Der Fokus liegt bei der Krebsstudie der Universität von Süddänemark auf dem malignen Lymphom (externer Link). Die Studie, so ist einer Zusammenfassung zu entnehmen, fußt wiederum auf mehreren anderen Krebsstudien, deren Ergebnisse teils durch vorhandene Daten, teils durch Befragungen erhoben wurden. Die dänischen Forscher glauben, ein Krebsrisiko durch die Untersuchung anhand von Zwillingspaaren ergründen zu können. Hierfür füllten 11.100 Zwillinge Fragebogen zu Themen wie Tattoos, Lifestyle und Bildung aus. Wie valide die erhobenen Daten tatsächlich sind, daran äußern die Forscher selbst Zweifel – und regen weitere Forschung zum Thema an.

Auswertungen des Krebsregisters zeigen eine leichte Zunahme von malignem Lymphomen seit den letzten 15 Jahren – Statistiker sehen aber vor allem einen Zusammenhang mit der allgemein gestiegenen Lebenserwartung. Als Ursache für Lymphkrebs gelten eine genetische Vorbelastung, Kontakt mit chemischen Substanzen oder Strahlung sowie Infektionskrankheiten und Störungen des Immunsystems. Die Fallzahlen sind deutlich geringer als beim Hautkrebs: rund 18.000 Neuerkrankungen des sogenannten Non-Hodgkin-Lymphoms werden jedes Jahr diagnostiziert, ebenfalls bei überwiegend älteren Leuten. Es gibt jedoch andere Lymphkrebs-Arten wie das seltene Hodgkin-Lymphom, das auch bei jüngeren Menschen zwischen 20 und 30 Jahren festgestellt wird – etwa 2500-mal im Jahr.

Eine andere Zahl steht in einem krassen Kontrast dazu: Jeder dritte Erwachsene in Deutschland ist tätowiert, überwiegend diejenigen, die jünger als 60 Jahre sind. Auch wenn kaum jemand ernsthaft behaupten würde, Tattoos seien gesund, haben diese für Millionen Menschen bislang keine festgestellten gesundheitlichen Folgen. Anlass zu Panik geben die Studien nicht – im Gegenteil weisen Hautärzte auf das Risiko von Tattooentfernungen hin: Denn dabei werden Farbpigmente zerstört, landen in Lymphknoten und Organen wie der Leber. Hautärzte warnen, dass die Farbpigmente nicht vollständig abgebaut und aus dem Körper entfernt werden, sondern im Körper mehr Schaden anrichten können, als wenn die Farbpigmente in den oberen Hautschichten eines professionell gestochenen Tattoos verbleiben. ■