Wohnungsnot

Möblierte Mietfalle: Berlins Bezirke blasen endlich zum Angriff

Über die Hälfte der Mietinserate auf gängigen Portalen bietet mittlerweile befristete und möblierte Wohnungen an. Damit soll jetzt Schluss sein.

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Im Bereich der Weberwiese wird schon länger mit Mietshäusern spekuliert.
Im Bereich der Weberwiese wird schon länger mit Mietshäusern spekuliert.Pemax/imago

Berlin hat ein neues Wohnungsproblem: Über die Hälfte der Mietinserate auf gängigen Portalen bietet mittlerweile befristete und möblierte Wohnungen an. Ein Trend, der die Wohnungssuchenden der Stadt in die Verzweiflung treibt – und die Mieten in ungeahnte Höhen schraubt. Jetzt greift der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zu einer radikalen Gegenstrategie.

Das Problem ist klar: Möblierte Wohnungen sind nicht nur teurer, sondern fallen auch aus der regulären Mietpreisbremse heraus. Während Langzeitmieter immer weniger Chancen auf bezahlbaren Wohnraum haben, floriert der Markt für teure Übergangsdomizile.

Doch das will Friedrichshain-Kreuzberg nicht länger hinnehmen, schreibt der „Tagesspiegel“ (Bezahlschranke). Im Visier sind möblierte Kurzzeitvermietungen in Milieuschutzgebieten.

Mitten in Friedrichshain, nahe der Frankfurter Allee, liegt das Milieuschutzgebiet Weberwiese. Hier untersagte das Bezirksamt in einem Wohnhaus die Nutzung von mindestens vier möblierten Kurzzeitwohnungen. Das Ziel: Die Rückführung der Wohnungen in langfristig verfügbaren Wohnraum.

Der Fall Weberwiese – ein Präzedenzfall ohne Urteil

Eine mutige Entscheidung, die juristisches Neuland betritt. Die Argumentation stützt sich darauf, dass teure, befristete Angebote meist wohlhabendere Mieter anziehen und damit die soziale Struktur der Quartiere gefährden – ein klarer Verstoß gegen die Ziele des Milieuschutzes.

Proteste gegen Wohnungsspekulanten im Bereich Weberwiese.
Proteste gegen Wohnungsspekulanten im Bereich Weberwiese.Homann/imago

Doch es kam nicht zur erwarteten Gerichtsentscheidung: Das Eigentümerunternehmen White Tulip zog seine Klage überraschend zurück, offenbar nach einem Hausverkauf. Für das Bezirksamt ein enttäuschender, aber vielsagender Zug. Bezirksstadtrat Florian Schmidt deutet den Rückzieher als taktische Flucht, die ein möglicherweise richtungsweisendes Urteil verhindern sollte.

Milieuschutz als Waffe gegen steigende Mieten?

Trotz des fehlenden Urteils setzt Friedrichshain-Kreuzberg auf Angriff. Die neue Rechtsstrategie soll ab sofort konsequent angewendet werden. Die Zeit drängt, denn der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum in den 81 Berliner Milieuschutzgebieten, die gut ein Drittel der Stadtbevölkerung abdecken, ist enorm.

Auch die zuständige Senatsverwaltung zeigt Interesse an dem Ansatz, hätte aber lieber eine gerichtliche Bestätigung gesehen. Nun will man die rechtlichen Grundlagen prüfen und gemeinsam mit den Berliner Bezirken eine einheitliche Handlungsempfehlung erarbeiten. Die Hoffnung: Eine berlinweite Offensive gegen die möblierte Mietfalle.

Ob die Strategie tatsächlich Wirkung zeigt, hängt nicht nur von der Rechtssicherheit ab, sondern auch von der Umsetzungsbereitschaft der Bezirke – und deren oft knappem Personal. Doch sollte das Vorhaben gelingen, könnte es den Berliner Wohnungsmarkt verändern und eine deutliche Botschaft an die Immobilienbranche senden: Der Ausverkauf des Wohnraums hat Grenzen.

Der Kampf um die soziale Balance der Kieze hat endlich begonnen. Die Schlacht um Berlins Mietmarkt ist allerdings noch lange nicht entschieden. Wohnungseigentümer werden sich die Butter so schnell nicht vom Brot nehmen lassen.

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