Heimlicher Krieg gegen Bäume

Mitten in der Nacht tötet jemand Berlins Bäume – kaltblütig, mit Gift und Säge!

Motorsägen, Bohrer, Giftattacken: In Berlin tobt ein unsichtbarer Feldzug gegen Bäume. Die Täter? Verschwunden wie Schatten. Und niemand weiß, warum sie es tun.

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Eine Frau spaziert durch eine bunte Allee in Berlin. Nachts kommen die Baumhasser und träufeln Gift in die Rinde.
Eine Frau spaziert durch eine bunte Allee in Berlin. Nachts kommen die Baumhasser und träufeln Gift in die Rinde.Florian Gaertner/photothek.de/imago

Es geschieht nachts, leise, zielgerichtet. Wenn die Stadt schläft, knattern irgendwo Motorsägen und irgendeiner träufelt heimlich Gift in Baumstämme. Wieder wurde ein Straßenbaum in Heiligensee zerstört – diesmal eine alte Rosskastanie. Der Schnitt, sauber gesetzt, direkt am Boden, mit Erde getarnt. Am nächsten Morgen steht sie schon schief, der Stamm ist mürbe. Gefährlich für den Verkehr, sagen die Prüfer. Eine Fällung ist unumgänglich.

Dieser eine Baum ist nur das Symptom einer größeren unheimlichen Serie. In Berlin werden Jahr für Jahr Dutzende, manchmal Hunderte Bäume gezielt zerstört – in Parks, an Straßen, auf Grünstreifen. Was wie Vandalismus aussieht, ist in Wahrheit oft ein eiskalter Baum-Mord.

Besonders schlimm trifft es Spandau, schreibt der RBB. Dort sägten Unbekannte am Bullengraben gleich 40 junge Ulmen ab – alle in exakt derselben Höhe. An der Großen Badewiese bohrten Täter Löcher in 32 Bäume und gossen Glyphosat hinein. Der Schaden beträgt bis zu 300.000 Euro. Und die Wut in den Bezirksämtern ist natürlich groß. Vor allem über die eigene Ohnmacht.

In Marzahn-Hellersdorf werden Bäume brutal mit Äxten gefällt

Auch anderswo wird getötet, als wäre das Stadtgrün ein böser Feind: In Steglitz-Zehlendorf wurden Bäume mit Benzin vergiftet, in Marzahn-Hellersdorf mit Äxten gefällt, in Pankow reihenweise durchbohrt. „Dem Bezirksamt ist schlichtweg unerklärlich, was Menschen dazu treibt, Bäume mutwillig zu beschädigen“, heißt es dort.

Einer der bizarrsten Fälle spielte sich nahe dem Boxhagener Platz ab – dort soll jemand einen Hund trainiert haben, Bäume anzuspringen und in die Rinde zu beißen, heißt es in dem RBB-Bericht.

Wer so etwas tut, bleibt fast immer unerkannt. Kaum eine Anzeige führt zu einer Verurteilung. Die Tatorte sind verstreut, die Spuren schnell verwischt. Die Polizei spricht von gemeinschaftsschädlicher Sachbeschädigung – ein spröder Begriff für etwas, das wie ein Hassakt gegen das Leben selbst wirkt.

Mitten in der Nacht tötet jemand Berlins Bäume – kaltblütig, mit Gift und Säge! Hier steckt der Bohrer noch im Stamm.
Mitten in der Nacht tötet jemand Berlins Bäume – kaltblütig, mit Gift und Säge! Hier steckt der Bohrer noch im Stamm.Bezirksamt Spandau

Warum tut jemand so etwas? In manchen Bezirken glaubt man, es gehe um Laub, Schatten oder Früchte, die auf Autos fallen. Andere vermuten persönlichen Frust oder eine tiefsitzende Gleichgültigkeit gegenüber öffentlichem Eigentum. Aber erklärt das den gezielten Angriff auf 117 Bäume in einem Jahr – allein in Spandau?

Noch düsterer wird es im Grunewald: Dort fielen 2024 gleich 30 Bäume, im Januar noch einmal 50. Offiziell heißt es: vielleicht Holzdiebstahl. Aber die Förster haben Zweifel – das Holz sei dort gar nicht besonders wertvoll.

Während die Täter still und meist leise weitermachen, kämpft die Stadt um das Überleben der Berliner Bäume. Geld für Nachpflanzungen fehlt, alte Baumriesen verschwinden, Neubauten und Baustellen drängen sie immer weiter zurück.