Ganz schön viel Auflauf für die kleinen Steinchen! In einer Vitrine gleich am Eingang zum Mineralien-Saal des Berliner Naturkundemuseums liegen sie: die Meteoriten, die erst vor wenigen Wochen ihren Weg aus den unendlichen Weiten des Alls zu uns auf die Erde gefunden haben. Dass sie hier zu sehen sind, gleicht einem Wunder: Immerhin ist „2024 BX1“ erst der achte Asteroid, den die Menschheit entdeckte, bevor er auf der Erde einschlug.
Wenn man nicht genau hinsieht, sehen die Meteoriten aus wie Granite, die zuhauf auf brandenburgischen Feldern herumliegen. Doch mit einer Lupe kann man die Schmelzkruste, die in Rissen aufgeborsten ist, genau erkennen. Wuuuuuuuuusch, mit 15 Kilometern pro Sekunde sind diese Teile aus dem All auf die Erde gedonnert, beim Eintritt in die Atmosphäre wurden gleich mehrere Berstungen mit Lichtblitzen beobachtet.
So wurden die Meteoriten von Ribbeck gefunden
Um die Vitrine scharen sich Interessierte, Journalisten und Fotografen. Denn das, was hier heute präsentiert wird, ist alles andere als gewöhnlich. Da ist zunächst die Fundgeschichte, die alles bisher dagewesene in den Schatten stellt.
Meteoriten-Fund aus dem Havelland jetzt im Museum
Dr. Ansgar Greshake, der Meteoriten-Papst des Naturkundemuseums, scherzt, es gebe wenig Irdisches in seinem Büro. An die 12.000 Meteoriten lagern hier in den Schränken. Doch dieser Fund macht selbst den Experten außergewöhnlich glücklich. Dass Teile eines Asteroiden direkt vor Berlin niedergehen, dass die Flugbahn des Himmelskörpers zuvor berechnet und auch beobachtet werden konnte, und dass dann das eilig zusammengestellte Team des Naturkundemuseums am vierten Tag der Suche auf den Äckern um Ribbeck im Havelland endlich fündig wird, das sei schon etwas Besonderes, sagt er.

Als die Nasa vor dem Asteroiden-Einschlag warnte, hatten sich die Wissenschaftler des Naturkundemuseums, Studenten der Berliner Unis und Interessierte sofort auf den Weg gemacht. 20 bis 30 Mann fasste das Team um die Berliner Experten. Doch die hielten zunächst nach schwarzen Gesteinen Ausschau. Tagelang suchten sie vergeblich. Erst, als ein polnisches Team von Meteoriten-Händlern fündig wurde, und Bilder in den sozialen Netzwerken veröffentlichte, war klar, dass es sich hier um sehr seltene Aubrite – graues Gestein – handelt. Nur 0,1 Prozent aller Meteorite sind Aubrite.
Geschulter Blick für seltene Meteoriten

„Wenn man den ersten gefunden hat, sieht man die anderen schneller“, weiß Lutz Hecht, Laborleiter und Geowissenschaftler am Naturkundemuseum nach der erfolgreichen Suche. Der allererste der insgesamt 22 Meteoriten, die das Team Naturkundemuseum am Ende fand, geht aber auf das Konto von Dominik Dieter. Der 25-jährige FU-Student der Geowissenschaft schreibt gerade seine Bachelorarbeit über Meteoritenstaub am Museum. Klar, dass er sich dem Suchteam sofort anschloss.

„Ich hab auf dem Boden gelegen und mit einer Lupe geschaut, gleich die GPS-Position festgehalten und ein Foto gemacht“, erinnert sich Dominik Dieter an den großen Moment. Der amerikanische Experte und auch die Wissenschaftler vom Naturkundemuseum sind schnell sicher: Das ist einer.
Nach dem Bergen werden die Meteoriten nun wissenschaftlich untersucht und näher bestimmt. Was man bereits jetzt über sie weiß, ist spektakulär. Die Aubrite bestehen zu einem großen Teil aus Magnesiumsilikaten Enstatit und Forsterit und sind arm an Eisen. In den Aubriten kommen exotische Sulfite vor, die es so auf der Erde nicht oder nur sehr selten gibt. Ähnliche Funde wurden auf ein Alter von bis zu 4,653 Milliarden Jahren datiert. Material älter als die Erde. Eine Theorie, die weitere Forschung beflügeln dürfte, geht davon aus, dass die Meteoriten von Ribbeck ursprünglich vom Merkur stammen. Eine Sonde ist gerade auf dem Weg zum Merkur, erste Daten werden für 2025 erwartet.
Ein Meter großer Asteroid traf die Erde
Der Asteroid war etwa einen Meter groß, als er am 21. Januar in die Erdatmosphäre eintrat. Ein großer Teil seiner Materie ist dabei verdampft. Nur 5 bis 10 Prozent der Masse kamen auf der Erde an. Bisher wurden, nach allem, was man weiß, Meteoriten mit einem Gesamtgewicht bis zu einem Kilo gefunden. Noch immer versuchen einzelne ihr Glück auf den Feldern um Ribbeck. Doch die Witterung hat großen Einfluss auf die chemisch hochreaktiven Meteoriten. Feuchtigkeit etwa lässt rostrote Flecken auf den Bruchstücken entstehen. Nicht immer sind die Landwirte, die ihre im Frühjahr wachsenden Pflanzen im Blick haben, einverstanden mit der Suche. Es wird schwerer, noch etwas zu finden, Glückssache eben.
Falls sich Menschen dennoch weiter auf die Suche nach Bruchstücken machen, würden sich die Forscher vom Naturkundemuseum freuen, wenn man ein Foto samt GPS-Position ans Museum sendet. Das kann sich für die weiteren Forschungen als hilfreich erweisen.
Im Naturkundemuseum selber werden die Meteoriten in den nächsten Wochen für Besucher ausgestellt. „Wir wissen nicht, wie lange wir die Meteoriten so ausstellen können, ohne dass sie Schaden nehmen“, sagen die Wissenschaftler, zunächst ist von einigen Wochen die Rede. ■