Für Mehmet Hayrula und seine Kollegen in Berlin wird der Herbst zur Bewährungsprobe. Erkältungszeit heißt auch: Medikamente könnten knapp werden – Fiebersäfte für Kinder etwa. Doch schon jetzt fehlen viele Präparate. „Im Moment habe ich knapp 100 Defekte“, sagt der Apotheker aus Reinickendorf. Fast 100 Produkte gibt es nicht.
Obwohl er für zwei Monate im Voraus bestellt und viel lagern kann, prüft er täglich die Listen seiner Großhändler. Kleinere Apotheken trifft es härter. „Für uns heißt das künftig: Mehr Kunden mit gleichem Personal bedienen.“ Denn Fachkräfte sind Mangelware – auf Stellenanzeigen bekam Hayrula nicht eine Bewerbung, obwohl er über Tarif zahlen wollte.
Deutschlandweit ist die Lage dramatisch: Immer mehr Apotheken schließen. In Berlin gibt es nicht mal mehr 700 davon, das sind 17 Prozent weniger als vor zehn Jahren. Gründe: stagnierende Honorare, fehlendes Personal, Konkurrenz durch Online-Versand – und seit Jahren Engpässe bei wichtigen Arzneien. „Herzmedikamente, Cholesterinsenker, Psychopharmaka, ADHS-Mittel“, nennt Thomas Preis als Beispiele. Der Präsident des deutschen Dachverbands ABDA spricht von 500 Arzneimitteln, die im Moment nicht geliefert werden können.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt in seiner Mangelliste vor allem Generika. Für die der Patentschutz abgelaufen ist. Sie stehen unter einem hohen Preisdruck durch die gesetzlichen Krankenversicherungen. Teilweise sind die Preise so niedrig, dass es sich für die Hersteller nicht mehr lohnt. Sie steigen aus der Produktion aus.