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Massenhaft falsche Abrechnungen bei Berliner Stromanbieter

Abrechnungs-Abzocke im großen Stil? Bundesnetzagentur überprüft einen Berliner Öko-Stromanbieter. Die Beschwerden hatten sich zuletzt gehäuft. 

Author - Stefanie Hildebrandt
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Eine Stromtrasse. Der Berliner Anbieter Elektrizitätsversorgung Berlin steht wegen mangelhafter Abrechnungen in der Kritik.
Eine Stromtrasse. Der Berliner Anbieter Elektrizitätsversorgung Berlin steht wegen mangelhafter Abrechnungen in der Kritik.Armer/dpa

Die Bundesnetzagentur hat einen Berliner Stromanbieter im Visier. Nachdem viele Kunden sich bei der Agentur über den Anbieter Elektrizitätsversorgung Berlin, der Ökostrom liefert, beschwert haben, läuft nun ein Prüfverfahren gegen den Anbieter. Falsche Abrechnungen sorgen für massenhaft Probleme.

Elektrizitätsversorgung Berlin beliefert das ganze Bundesgebiet mit Ökostrom aus Berlin. Nun kommen Zweifel auf, ob das Charlottenburger Unternehmen mit Sitz am Kudamm korrekt wirtschaftet, wie der rbb berichtet.

Dem rbb-Verbrauchermagazin SUPER.MARKT liegen verschiedene Schreiben von Zuschauerinnen und Zuschauern vor, die eines gemeinsam haben: Die Verbraucher zweifeln an der Richtigkeit der hohen Jahresabrechnungen des Stromlieferanten. So berichtet der rbb von Kunden, deren Zählerstände einfach geschätzt wurden, obwohl sie regelmäßig die Stände ablasen und dem Versorger per Online-Formular übermittelten. Anstelle einer Gutschrift soll dann nachgezahlt werden.

Als ein Kunde nachhakt, droht das Unternehmen mit einer Meldung bei der Schufa. Erst als er einen Anwalt einschaltet, zahlt Elektrizität Berlin das Guthaben aus.

2020 wurde das Unternehmen Elektrizitätsversorgung Berlin mit Sitz am Kudamm gegründet. Schon zwei Wochen später gibt es laut rbb-Recherche einen neuen Geschäftsführer. Im Internet finden sich seitdem hunderte Beschwerden von Kunden. Von Betrug und Masche ist da die Rede - und immer wieder von völlig überhöhten Schätzwerten in der Schlussabrechnung. „Trotz angefragtem Zählerstand werden die übermittelten Werte vollkommen ignoriert“, schreibt ein Kunde. Auf Anfrage des rbb reagiert Elektrizitätsversorgung Berlin nicht.

Zu wenig Kontrolle für 1200 Stromanbieter

In Deutschland gibt es mittlerweile mehr als 1.200 Stromanbieter. Der Fall aus Berlin ist sicher kein Einzelfall. Die Hürden, sich als Stromlieferant am Markt zu positionieren, sind vergleichsweise gering, zeigt der Bericht des rbb.

Nur die „personelle, technische und finanzielle Leistungsfähigkeit“ und die Zuverlässigkeit des Geschäftsführers müssen der Bundesnetzagentur vorgelegt werden.

„Ein sehr überschaubarer Prozess“, so das Fazit von Margarete von Oppen, Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Energierecht aus Berlin gegenüber dem rbb. Und auch Leonora Hollinger vom Bund der Energieverbraucher meint: „Im Strombereich gibt es keine Kontrollen, die Verbraucherinnen und Verbraucher schützen (…)“ Doch gerade, weil es hier um sehr viel Geld gehe, müsse man Licht ins Dunkel bringen.

Im Fall des Berliner Anbieters prüft die Bundesnetzagentur die Vorwürfe, ein Aufsichtsverfahren läuft seit Mitte August, berichtet der rbb. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, könne die Behörde das Unternehmen vom Stromhandel ausschließen.

Fehlerhaften Abrechnungen unbedingt widersprechen

Die Verbraucherzentrale Berlin (VZB) rät: „Lassen Sie sich nicht einschüchtern und widersprechen Sie der Abrechnung, wenn sie nicht auf den tatsächlichen Verbrauchswerten basiert.“ Sollte der Anbieter weiter mauern, empfiehlt sie eine rechtliche Beratung. Grundsätzlich gelte: Die Abrechnung sollte nicht geschätzt werden. Das berge immer die Gefahr, dass der tatsächliche Verbrauch nicht berücksichtigt werde und die Abrechnung zu hoch ausfalle, so die Verbraucherzentrale Berlin. ■