Marcel Luthe von der Good-Governance-Gewerkschaft hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Bundestagswahl angekündigt. Bereits nach der Berliner Abgeordnetenhauswahl 2021 war Luthe vor Gericht gezogen und hatte Einspruch eingelegt, Pannen wurden bekannt, die Wahl musste bekanntlich wiederholt werden.
Auch für die Bundestagswahl kündigte Luthe nun an, Unregelmäßigkeiten aufdecken und die Wahl anfechten zu wollen. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung berichtet der ehemalige FDP-Politiker von bisher 1000 Meldungen, die ihn nach einem Aufruf, Unregelmäßigkeiten zu melden, erreicht haben.
In der Kritik: Fehler bei der Briefwahl
Ein Schwerpunkt bei den Beschwerden ist die „dilettantisch geplante und durchgeführte Briefwahl, sowohl im Inland als auch bezogen auf die Auslandsdeutschen“, so Luthe. Die Fristen für die Rücksendung der Wahlunterlagen waren bekanntermaßen bei dieser Wahl äußerst knapp.
Inzwischen liegen uns über tausend Meldungen zu #Wahlfehlern vor, wobei der größte Teil die eher oppositionsfreundliche Gruppe der Auslandsdeutschen betrifft.
— Marcel Luthe - Good Governance (@GGLuthe) February 25, 2025
Entgegen mancher Behauptung aber nicht primär aus Übersee, sondern der EU.
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Auch seien Anträge nicht oder nicht rechtzeitig bearbeitet worden, bei der Eintragung ins Wählerverzeichnis habe es Probleme gegeben. Luthe kritisiert in dem Interview, dass es 2021 zu einem planvollen, systematischen Organisationsversagen kam, zu Recht habe diese zur Annullierung der Wahl geführt. Luthes Lehre aus dem Jahr 2021: „Eine wirksame Kontrolle wird es nur durch konstanten öffentlichen Druck geben.”
Und den gedenkt der Berliner nun aufzubauen. Mit den Ergebnissen aus einem Aufruf an die Bürger, Unregelmäßigkeiten bei der Wahl zu melden, will Luthe dann deren Ergebnis anfechten. Dabei gehe es nicht um bestimmte Parteiinteressen, sondern die Verteidigung der Demokratie als solcher, so Luthe.
Wenige Zehntausende Stimme bestimmen Ausgang der Wahl
Bei der Bundeswahlleiterin wird die Zahl derer, die im Ausland leben und keine Briefwahlunterlagen erhalten haben, nicht erfasst. Insgesamt haben sich 213.000 Wahlberechtigte im Ausland ins Wählerverzeichnis eintragen lassen. Dass es bei demokratischen Wahlen denkbar knapp ausgehen kann, zeigt der verpasste Einzug in den Bundestag für das BSW. Hier fehlten nur rund 13 400 Stimmen. Theoretisch könnten also Wahlfehler über die Sitzverteilung entschieden haben.
Auch wenn Sahra Wagenknecht angekündigt hat, die Wahl juristisch prüfen zu lassen, sehe in Deutschland das Verfahren eine Wahl keinen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz vor. Denn bevor untersucht wird, tritt der neue Bundestag zusammen und ist mit der Prüfung in eigener Sache beauftragt. „Und das, obwohl ja gerade zweifelhaft ist, ob diese Leute überhaupt alle demokratisch gewählt sind! Und die haben dann theoretisch unlimitiert Zeit, selbst zu prüfen, ob denn die Wahl richtig abgelaufen ist“, so Marcel Luthe. Theoretisch könne man so das Verfahre jahrelang verschleppen, bevor überhaupt das Bundesverwaltungsgericht in Karlsruhe angerufen werden kann.
Wahl muss einer Anfechtung standhalten
Marcel Luthe gibt sich dennoch überzeugt, dass die Bundestagswahl wiederholt werden muss: „Wenn sich die hausgemachten Wahlfehler so bestätigen, wie es aktuell den Eindruck hat, muss wiederholt werden, wenn Deutschland demokratisch sein soll. Bedenken Sie, welch fatales Bild entsteht, wenn Hunderttausende Auslandsdeutsche – die oft eher Oppositionsparteien wählen – durch der Regierung günstige Fehler der Regierung selbst vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Wie will Herr Merz da noch gegenüber den USA auftreten, wenn wir plötzlich auf demselben Niveau agieren wie Moskau, Peking, Kiew oder Pjöngjang?“
Ob Wahlen demokratisch sind oder nicht, sei eine binär zu beantwortende Frage. „Entweder sind sie es – dann halten sie einer Anfechtung nachvollziehbar stand – oder sie sind es eben nicht, dann können und müssen sie annulliert werden. Wer den Vergleich mit undemokratischen Regimes scheut, sollte sich bei dem Hochakt der Demokratie vielleicht einfach mal etwas Mühe geben.“
Verfassungsrechtler wie Ulrich Battis allerdings bezweifeln, dass eine Anfechtung Erfolg haben kann. Battis verweist darauf, dass ein Wahlfehler mandatsrelevant sein müsse, sich also auf die Verteilung der Sitze im Bundestag auswirke. „Für das BSW ist das kaum anzunehmen“, sagte Battis dem Handelsblatt. Dazu ist die Zahl der Auslandsdeutschen zu klein. „Ein Nachweis wäre auch schwer zu erbringen.“■