Die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) ist angegriffen und dabei leicht verletzt worden. Ein Mann habe sie am Dienstagnachmittag in einer Bibliothek im Ortsteil Rudow von hinten mit einem Beutel attackiert, in dem harter Inhalt gewesen sei, teilte die Berliner Polizei in der Nacht zum Mittwoch mit. Die frühere Regierende Bürgermeisterin von Berlin und ehemalige Bundesfamilienministerin sei am Kopf und am Nacken getroffen worden, anschließend habe sich der Verdächtige entfernt. Er wurde aber inzwischen identifiziert und festgenommen, teilte die Staatsanwaltschaft Berlin am Mittwochvormittag mit.
Beim Täter soll es sich um einen polizeibekannten 74-jährigen Mann handeln. Er wurde am Mittwoch festgenommen. Gegen ihn liegen laut Polizei Erkenntnisse aus dem Bereich des Staatsschutzes und der Hasskriminalität vor.
Der Beschuldigte soll noch am Mittwoch einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Es gibt Hinweis auf eine psychische Erkrankung des Beschuldigten. Deshalb prüft die Staatsanwaltschaft Berlin die Beantragung eines Unterbringungsbefehls zur Einweisung in die Psychiatrie.
Giffey hatte sich „kurzzeitig zur ambulanten Behandlung der Kopf- sowie Nackenschmerzen in ein Krankenhaus begeben“. Der Polizeiliche Staatsschutz nahm den Angaben zufolge in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf.
Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) verurteilte im Onlinedienst X, ehemals Twitter, den Angriff auf Giffey und „auf andere Politikerinnen und Politiker oder Wahlhelfende, die sich alle für eine streitbare Demokratie einsetzen, auf das Schärfste“.
Auch die Polizeigewerkschaft GdP hat die Attacke auf Franziska Giffey als „hinterhältigen Angriff“ verurteilt. „Die Attacken auf Mandatsträger haben in den letzten Jahren immer mehr zugenommen, im Social Media werden Hasskommentare abgegeben und mittels verbaler Gewalt der Nährboden für körperliche Gewalt gelegt“, sagte Landeschef Stephan Weh am Mittwoch in einer Mitteilung.
Angriff auf Franziska Giffey scharf verurteilt
„Statt Meinungen auszutauschen und sich Argumenten zu stellen, wird heute gehetzt und zugeschlagen.“ Dies scheine mittlerweile längst Normalität, dürfe aber nicht sein. „Politiker, Polizisten, Feuerwehrleute und Ehrenamtler stehen im Fokus, weil sie selbst zurückstecken, um sich für andere zu engagieren.“ Es werde Zeit, dass nachhaltige Maßnahmen ergriffen werden, um sie zu schützen. „Wir brauchen einen besseren strafrechtlichen Schutz von Amts- und Mandatsträgern sowie eine personelle und technische Stärkung von Polizei und Justiz, damit sie nicht zur Zielscheibe werden.“
Auch in Sachsen gab es nach Angaben der Polizei einen Angriff auf eine Politikerin. In Dresden sei eine Grünen-Politikerin bedroht und bespuckt worden, teilten die Beamten am Dienstagabend mit.
Die 47-Jährige habe in Begleitung Wahlplakate aufgehangen. Dabei habe sich ihr ein Mann genähert, habe die Frau beiseite gestoßen und zwei Plakate heruntergerissen, die Anwesenden beleidigt und bedroht. Eine Frau sei dazugekommen und habe die Politikerin bespuckt. Beide Verdächtigen wurden nach Angaben der Polizei in der Nähe des Tatorts festgenommen.
Die Polizei machte zunächst keine Angaben dazu, um welche Politikerin es sich handelte. Sie sei in Begleitung eines Wahlkampfs- und eines Drehteams gewesen, erklärten die Beamten.
Franziska Giffey nicht das erste Opfer
Bei den beiden mutmaßlichen Tätern handelt es sich der Polizei zufolge um einen 34-Jährigen und eine 24-Jährige. „Gegen den 34-jährigen Deutschen wird nun wegen Körperverletzung, Bedrohung, Beleidigung sowie Sachbeschädigung ermittelt und gegen die 24-jährige Deutsche wegen Körperverletzung“, erklärte die Polizei weiter.
Zudem gehe die Polizei einer weiteren Straftat nach, hieß es: Die beiden Verdächtigen hätten sich mit einer Gruppe in der Nähe des Tatorts aufgehalten, als die Politikerin mit dem Plakatieren begann. Aus dieser Gruppe heraus sei der Hitlergruß skandiert worden.
Vergangene Woche Freitag war in Dresden der sächsische SPD-Europaabgeordnete Matthias Ecke niedergeschlagen und schwer verletzt worden. Zuvor soll die verantwortliche Gruppe einen 28-Jährigen angegriffen haben, der für die Grünen Wahlplakate anbrachte.
Der Angriff sorgte bundesweit für Empörung, löste aber zugleich eine Welle der Solidarität aus. Die Innenminister von Bund und Ländern sprachen sich nach dem Angriff auf Ecke für eine schnelle Reaktion der Justiz und die Prüfung von Strafrechtsverschärfungen aus. ■