Die BVG: teuer und versifft

Kommentar: Berlin fährt vorne – aber nur beim Abkassieren!

Die BVG hat es geschafft, aus dem Nahverkehr ein Luxusgut zu machen. Wer hier fährt, zahlt viel mehr. Teuerster ÖPNV im ganzen Land – Glückwunsch, Berlin!

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Viele Fahrgäste ärgern sich in Berlin über dreckige, überfüllte Busse und Bahnen - und müssen dafür vielmehr als anderswo zahlen.
Viele Fahrgäste ärgern sich in Berlin über dreckige, überfüllte Busse und Bahnen - und müssen dafür vielmehr als anderswo zahlen.Steinach/imago

Die Wut über diesen Preisvergleich trifft mich härter als die Tür der U8, wenn ich am Hermannplatz spät in den Wagen hechte. Die BVG ist der teuerste öffentliche Nahverkehr in ganz Deutschland. Für was??? 10,60 Euro für das Tagesticket – zehn sechzig! Zehn sechzig für das Recht, sich in überfüllte, schmutzige und stinkende Bahnen zu quetschen. Bei meiner U8 ist engster Körperkontakt mit Junkies gleich inklusive.

Kurzstrecke? 2,60 Euro – für drei Stationen. Die BVG macht aus der Fahrt zum Lieblingsbäcker einen Premium-Ausflug. Sie verteidigt sich gerne damit, dass man investieren müsse. Das ist sicher richtig. Aber wo bleibt die Leistung? Wo bleibt die Pünktlichkeit? Wo bleibt die Sicherheit? Am Kotti sehe ich die Sicherheitskräfte jeden Morgen im Pulk gemütlich beim Kaffee zusammenstehen. Was ich nicht sehe: dass dieser Brennpunkt aufgeräumt wird. Gleiches Bild an der Schönleinstraße.

Wer so viel abkassiert, muss auch liefern

Wer so viel kassiert, muss auch mal liefern – und nicht nur in der Werbung. Die BVG bringt zum NFL-Spiel ein eigenes Football-Trikot auf den Markt! Ja, da freut man sich, wenn man vor der kaputten Rolltreppe steht oder vor der urinverschmutzten Sitzbank am Gleis.

Die BVG ist mit ihrem „Wir sind Sch … aber immerhin witzig“ viel zu lange durchgekommen. Damit muss Schluss sein. Die Berliner brauchen keine BVG-NFL-Trikots, keine woke Werbung mit erhobenem Zeigefinger. Hört endlich auf, Geld in solchen Quatsch zu donnern.

Glaubt jemand bei der BVG wirklich, dass Menschen mit einem Trikot von dem Verein rumlaufen? Falls ja, hier die Antwort: Nein! Der Service muss sich verbessern. Wer im Preisranking oben steht, sollte im Serviceranking ebenfalls ganz vorne sein.

Im Berufsverkehr sind die U-Bahnen wie hier am Bahnhof Alexanderplatz oft überfüllt, man kann sich kaum noch hereinquetschen.
Im Berufsverkehr sind die U-Bahnen wie hier am Bahnhof Alexanderplatz oft überfüllt, man kann sich kaum noch hereinquetschen.Kay Nietfeld/dpa

Davon ist aber nichts in Sicht. Dafür gibt’s bald die nächste Preiserhöhung: Der Einzelfahrschein geht auf vier Euro rauf.

Berlin donnert 3,2 Milliarden in das neue Baumprogramm – obwohl niemand weiß, wo die Bäume stehen oder wer sich um sie kümmern soll. So schön ich eine Eiche auch finde: Sie bringt mich nicht zur Arbeit. In die ich laut dem Willen der großen Mehrheit im Abgeordnetenhaus nicht mit dem Auto fahren soll.

Ich gebe der Politik mal einen Hinweis: Durch Bäume wird keine Stadt grüner. Eine Stadt wird grüner, wenn der ÖPNV billig ist. In Münster kostet das Monatsabo 31 Euro. Münster ist kleiner, werden jetzt viele sagen. Richtig. Aber Münster hat auch keine 3,2 Milliarden Bundessteuergeld, das in Linden verjubelt wird.

Die überwältigende Mehrheit im Abgeordnetenhaus möchte weniger Verkehr auf den Straßen. Insider-Tipp: Ruft mal in Münster an, die können euch das erklären. Ich schätze, die Antwort wird sein, dass der ÖPNV preiswerter und attraktiver sein muss als das Auto.

Nahverkehr? Gute Nacht, Berlin!

Mein vierjähriger Sohn wird in der U8 regelmäßig fast erdrückt – und was er schon alles auf den Sitzen gefunden hat, will ich gar nicht beschreiben. Vielleicht essen Sie gerade... Das passiert mir im Auto nicht und im ÖPNV von Münster wahrscheinlich auch nicht.

Fazit: Berlin wollte immer vorne mitspielen – jetzt tut es das, aber nur beim Abkassieren. Die BVG macht Mobilität zum Luxus, während andere Städte zeigen, dass es auch fair geht. Wer hier fährt, zahlt drauf – und bekommt dafür keine Premiumleistung, sondern Verspätungen und volle Bahnen. Wenn das die Zukunft des Nahverkehrs ist, dann gute Nacht, Hauptstadt! Vielleicht sollte Berlin weniger über Prestige reden und mehr über Gerechtigkeit. Denn Mobilität ist kein Privileg – sie ist ein Grundrecht. Und das darf nicht am Preisschild scheitern.

Wie sehen Sie das dazu? Schreiben Sie und Ihre mit Bus und Bahn in Berlin an: leser-bk@berlinerverlag.com