Kreischalarm in der City West. Kevin Costner (69, „Yellowstone“) stellte in Berlin sein neues Kinowerk „Horizon“ vor. Der US-Schauspieler, Regisseur und Musiker war nicht zum ersten Mal in der deutschen Hauptstadt. Doch dieses Mal ging es um alles.
Es war der erste Film von Kevin Costner, den DDR-Bürger im Westen zu sehen bekamen: Am Abend des 9. November 1989, als in Berlin die Mauer fiel, lief in den Kinos am Kurfürstendamm „Der mit dem Wolf tanzt“. Costners Welterfolg war kein gewöhnlicher Indianer-Film. Erstmals zeigte ein großes Hollywood-Werk Amerikas Ureinwohner ohne diskriminierende Untertöne – mit Einfühlung, Respekt und versöhnlichen Gesten. Zu Tausenden strömten DDR-Bürger in die West-Berliner Kinos und waren hin und weg von der Bildgewalt dieses einmaligen Kinowerks.
Jetzt ist der zweifache Oscar-Preisträger Kevin Costner mit einem neuen Western-Epos in Berlin gelandet. „Horizon“ ist sein erstes Regie-Projekt seit 21 Jahren und schon der Form nach gewaltig. Auf vier Teile angelegt, erzählt der Film die Geschichte eines blutigen Kampfs zwischen Siedlern und Indianern: Im Jahr 1861 erschüttern die Vorboten des Amerikanischen Bürgerkriegs das Land. Aber nicht nur das lässt die Hölle losbrechen. Weiße Siedler suchen eine neue Heimat und dringen auf ihrem Weg nach Westen, fernab von jeglicher Zivilisation, in das Gebiet der Apachen ein, was zu Vergeltungsaktionen der indigenen Bevölkerung führt.
Kevin Costner zu Tränen gerührt
Wie Costner das heikle, geschichtsträchtige Thema fürs Kino umsetzt, ist in höchstem Maße Hollywood-like. Vor allem die visuelle Gestaltung und die epische Inszenierung hauen einen um. Unbefangene Zuschauer sind von der ikonischen Bildsprache des Dreistundenwerks begeistert.

So war es auch im südfranzösischen Cannes, wo die Western-Saga „Horizon“ bei den diesjährigen Filmfestspielen Premiere hatte. Die Besucher im Saal quittierten das packende Filmerlebnis mit einem fast achtminütigen Applaus, was Kevin Costner zu Tränen rührte. Immerhin hatte der Megastar nicht nur die Hauptrolle übernommen, sondern auch die Regie des Projekts. Und beim Buch und der Produktion hatte er ebenfalls den Hut auf. Costner kündigte noch in Cannes drei weitere Teile an. Der zweite ist bereits abgedreht und soll ebenfalls in Kürze, am 16. August, in den US-Kinos starten (bei uns im November).
Allerdings: Die Entstehungsgeschichte von „Horizon“ ist ein Kapitel für sich. Die ersten Ideen dazu hatte Costner bereits Ende der 80er-Jahre. Doch weil kaum ein Studio-Boss wirklich an den Erfolg eines vierteiligen Western glaubte, setzte der Weltstar alles auf eine Karte und steuerte einen Teil des Budgets aus seinem eigenen Vermögen bei.

Monumental-Werk von Kevin Costner in vier Teilen
38 Millionen US-Dollar soll Kevin Costner aus eigener Tasche beigesteuert haben (andere Quellen sprechen von 100 Millionen US-Dollar). Dafür belieh er ein 40.500 Quadratmeter großes Grundstück im kalifornischen Santa Barbara.
Und weil „Horizon“ beim Kinostart in den USA in diesem Sommer nur ein mäßiges Ergebnis erzielte (11 Millionen US-Dollar am Startwochenende) und die ersten Kritiken auch bloß durchwachsen waren, das allerdings völlig unverdient, kämpfte Costner jetzt auch in Berlin um sein Lebenswerk.

Im Zoo-Palast Berlin stellten der 69-Jährige und der Filmverleih Tobis am Sonntagabend das Monumental-Werk dem deutschen Publikum vor, denn für die US-Film-Industrie ist Deutschland immer noch der wichtigste Auslandsmarkt. Wenn es hier läuft, klingeln fast überall die Kassen. Fans in Cowboy-Klamotten empfingen ihr Idol und baten um Autogramme.
Erschafft Kevin Costner, der mit Western wie „Silverado“ (1985), „Der mit dem Wolf tanzt“ (1989), „Wyatt Earp“ (1994) und „Open Range“ (2003) bereits Millionen Zuschauer weltweit fesselte, mit der „Horizon“-Tetralogie also doch noch das ultimative Western-Epos? Es wäre ihm zu wünschen.

Bei Jake’s Takes zeigte er sich zuletzt zuversichtlich: „Die Stärke von Horizon sind die Frauen. Ich habe sieben Frauen in Horizon und ihre Erfahrung ist unglaublich. [...] Ich habe Schießereien und all die Action und so. Aber es fügt sich auf ehrliche Weise ein, sodass es sich authentisch anfühlt. Und in der Zwischenzeit behandle ich Aspekte wie eine badende Frau, weil sie sich in ihrer Umwelt schmutzig fühlt. [...] Das sind die Dinge, mit denen ich einen Western anreichern will: Szenen, die normalerweise nicht mit Western assoziiert werden.“
Was immer man davon halten mag, die Besetzung kann sich tatsächlich sehen lassen. Die Hauptcharaktere aus Teil 1 und Teil 2 sind:
• Sienna Miller als Frances Kittredge
• Sam Worthington als Trent Gephart
• Jamie Campbell Bower als Caleb Sykes
• Owen Crowshoe als Junios Sykes
• Luke Wilson als Matthew Van Weyden
• Isabelle Fuhrman als Diamond Kittredge
• Jena Malone als „Ellen“ Harvey
• Alejandro Edda als Neron Chavez
• Und: Kevin Costner als Hayes Ellison
Übrigens: Costners Sohn Hayes (15) spielt in „Horizon“ ebenfalls mit. Es ist sein Debüt.