Rauf auf die Bremse!

Irrer Plan: Petition fordert Tempo 30 auf ALLEN Berliner Straßen!

Immer wieder wird über Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Berlins Straßen diskutiert. Nun wagt eine Petition im Netz einen ganz neuen Vorstoß.

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Eine neue Petition soll dafür sorgen, dass bald ganz Berlin zur Tempo-30-Zone wird.
Eine neue Petition soll dafür sorgen, dass bald ganz Berlin zur Tempo-30-Zone wird.Steinach/imago

Immer wieder kommt es in Berlin zu schweren Verkehrsunfällen – weil rücksichtslose Autofahrer aufs Gas drücken. Immer wieder wird darüber geklagt, dass die Luftverschmutzung riesig ist. Und: Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass die schwächeren Verkehrsteilnehmer – Fußgänger und Radfahrer – nicht gut genug geschützt sind. Was tun? Schon in der Vergangenheit wurde über Geschwindigkeitsbegrenzungen für Berlins Straßen diskutiert. Mit einer neuen Petition werden jetzt Unterschriften für ein besonderes Ziel gesammelt: Tempo 30 – auf ALLEN Berliner Straßen!

Krasse Idee: Petition fordert Tempo 30 auf allen Berliner Straßen!

Sie haben richtig gelesen: Eine neue Petition, für die auf dem Portal „openpetition“ seit Tagen unterschrieben werden kann, will, dass Berlin so richtig auf die Bremse tritt. Das Ziel: Tempo 30 soll zur Regelgeschwindigkeit im gesamten Berliner Stadtgebiet werden. Ob Haupt- oder Nebenstraße: Würde ein solcher Plan umgesetzt, müssten Autofahrer in der ganzen Stadt mit 30 Kilometern pro Stunde unterwegs sein. „Mobilität? Ja! Hohe Schadstoffemissionen die krank machen? Eine enorme Lärmbelastung für Anwohner und Umwelt? Eine hohe Unfallgefahr insbesondere für vulnerable Gruppen, wie kleinen Kindern? Definitiv NEIN!“, heißt es in der Petition.

Es sei 2024 – und Berlin müsse als deutsche Hauptstadt einen Schritt nach vorn machen. „Wir fordern Tempo 30 in der gesamten Stadt“, schreiben die unbekannten Initiatoren. Die Vorteile lägen auf der Hand, heißt es. Zum einen soll laut den Erstellern der Petition die Anzahl der Unfälle und schweren Unfälle drastisch reduziert werden. Zum anderen könne Tempo 30 dazu beitragen, dass sich die wahrgenommene Lärmbelastung halbiert. Kinder und andere „vulnerable“ Gruppen sollen im Verkehr besser geschützt sein – und Fußgänger und Radfahrer durch angepasste Geschwindigkeiten besser in den Berliner Verkehr integriert werden. Außerdem wird die „mögliche Reduzierung von Schadstoffen in der Luft durch Verbesserung des Verkehrsflusses“ als Argument vorgebracht.

Tempo 30 in der ganzen Stadt - würde das Berlin sicherer und sauberer machen?
Tempo 30 in der ganzen Stadt - würde das Berlin sicherer und sauberer machen?Stefan Zeitz/imago

Doch es gibt noch weitere Argumente – auch auf der Bürokratie-Ebene. So heißt es, das stadtweite Tempo 30 könne zum Abbau des Schilderwaldes beitragen. Aktuell regeln überall Schilder, wann wo wie schnell gefahren werden darf. „Auf vielen Straßen gilt Tempo 30 nur nachts oder von Montag bis Freitags, dann wiederum nur Vormittags oder tagsüber? Das ist Irrsinn“, schreiben die Ersteller der Petition. Und: Es sollen Kosten eingespart werden. „Schon jetzt wird viel Geld in Lärmaktionspläne und Förderung von Schallschutzmaßnahmen investiert“, heißt es. „Dabei wäre die Lösung viel einfacher und kostenlos durch die Einführung von Tempo 30.“

Würde Tempo 30 in ganz Berlin die Stadt wirklich ausbremsen?

Aber: Würde die flächendeckende Geschwindigkeitsbegrenzung nicht dazu führen, dass die Stadt ausgebremst wird? Nicht wenn es nach den Erstellern der Petition geht. Denn: Sie haben nachgerechnet, wie schnell Autos in Berlin unterwegs sind. „Laut Google Maps benötigt man für die Strecke vom Alexanderplatz bis zum Zoo (ca. 7 km) ganze 18 Minuten. Das ergibt eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 23,30 km/h, was sogar noch unter den geforderten 30 Km/h liegt!“ Die Theorie: An den Reisezeiten würde sich aufgrund des dichten Verkehrs in der Stadt kaum etwas ändern. Einzige Ausnahmen vom Tempo 30 könnte es laut Petition übrigens auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen geben, heißt es zum Abschluss.

Bisher haben nur wenige Menschen für ein stadtweites Tempo 30 unterschrieben.
Bisher haben nur wenige Menschen für ein stadtweites Tempo 30 unterschrieben.Photothek/imago

Petition für Tempo 30 wird bisher nur recht verhalten angenommen

„Wir fordern den Senat mit dieser Petition zum Handeln auf! Es soll ein Konzept zur Einführungen eines flächendeckenden Tempo-30 in Berlin getroffen werden“, schreiben die Ersteller. Die Forderung sei wichtig, da das Verkehrsaufkommen in der Stadt kontinuierlich steige – was dazu führe, dass die Verkehrssicherheit abnimmt. „Gleichwohl müssen Maßnahmen zur Reduzierung von Lärm- und Schadstoffbelastung für die Menschen in Berlin getroffen werden.“ Bisher wird die Petition aber eher verhalten angenommen: Nur 11 Menschen haben aktuell (Stand Montag, 12.15 Uhr) unterschrieben. 11.000 Unterschriften wären im ersten Schritt wichtig.

Schon in der Vergangenheit gab es in Berlin immer wieder Diskussionen um die Geschwindigkeitsbegrenzung. Schon vor Jahren wurde Tempo 30 etwa auf 34 Hauptstraßen in der Stadt eingeführt – mit dem Ziel, die Luftqualität zu verbessern. Verkehrssenatorin Manja Schreiner machte Anfang des Jahres mit dem Plan Schlagzeilen, die Begrenzungen wieder aufheben zu wollen – schließlich wurde das Ziel der besseren Luftqualität erreicht. Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte das „als erheblichen Rückschritt und als rechtlich fragwürdig“, hieß es. „Eine Wiedereinführung von Tempo 50 würde die Luftqualität absehbar verschlechtern“.

Was halten Sie von der Idee, flächendeckend Tempo 30 in der Berliner Innenstadt einzuführen? Ist das eine gute Idee oder absoluter Quatsch? Schicken Sie uns Ihre Meinung an leser-bk@berlinerverlag.com – wir freuen uns über Ihre Zuschriften!