Klimawandel

Hungerstreik für das Klima: seit 85 Tagen keine feste Nahrung

„Wolli“ bleibt hartnäckig, Olaf Scholz aber auch. Einer von ihnen bezahlt das im schlimmsten Fall mit dem Leben. 

Author - Stefanie Hildebrandt
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Klimaaktivist Wolfgang Metzeler-Kick sitzt in Decken eingehüllt in einem Zelt im Hungerstreik-Camp im Invalidenpark. Seit mehr als 80 Tagen ist er im Hungerstreik. Mit der Aktion fordert  er Bundeskanzler Scholz auf, in einer Regierungserklärung „ehrlich auszusprechen“, wie bedrohlich die Klimakatastrophe sei und dass ein Umsteuern nötig sei. 
Klimaaktivist Wolfgang Metzeler-Kick sitzt in Decken eingehüllt in einem Zelt im Hungerstreik-Camp im Invalidenpark. Seit mehr als 80 Tagen ist er im Hungerstreik. Mit der Aktion fordert er Bundeskanzler Scholz auf, in einer Regierungserklärung „ehrlich auszusprechen“, wie bedrohlich die Klimakatastrophe sei und dass ein Umsteuern nötig sei. Paul Zinken/dpa

Der Klimaaktivist Wolfang Metzeler-Kick befindet sich laut der Gruppe „Hungern bis ihr ehrlich seid“aufgrund des Hungerstreiks in sehr schlechtem Gesundheitszustand. „Ich hätte den Hungerstreik nicht angefangen, wenn ich nicht bereit wäre, ihn auch bis zum Ende durchzuziehen“, sagte er der Berliner Zeitung. Nach 85 Tagen ohne feste Nahrung geht es ihm schlecht. 

Hungern fürs Klima: nur noch Wasser und Salz

Eingemummelt in eine dicke Jacke, weil Energie zum Wärmen des Körpers fehlt, sprach Metzeler-Kick am Freitag mit Pressevertretern. Nunmehr nimmt der Umweltaktivist nur noch Wasser und Salz zu sich. Sein Blutzuckerspiegel ist bedenklich niedrig. Die Folgen könnten ein epileptischer Anfall oder Koma sein. 

Längst haben die Ärzte die Verantwortung für den Zustand des studierten Umweltingenieurs abgegeben.

Metzeler-Kick hungert, weil er und das Bündnis von Kanzler Olaf Scholz eine Aussage erzwingen wollen.„ Wir fordern den Bundeskanzler auf, die folgenden einfachen Wahrheiten in einer Regierungserklärung auszusprechen“, heißt es auf der Website der Kampagne: „Der Fortbestand der menschlichen Zivilisation ist durch die Klimakatastrophe extrem gefährdet. Der CO₂-Gehalt in der Luft ist viel zu hoch. Der Weltklimarat zeigt einen Weg, mit dem die Menschheit die beste Überlebenschance hat.“

Olaf Scholz bleibt hartnäckig

Olaf Scholz indes zeigt sich ebenso hartnäckig wie „Wolli“ Metzeler-Kick, wie sie ihn im Camp am Invalidenpark nennen. 

Der Bundeskanzler appellierte erneut an die Teilnehmer des Klima-Hungerstreiks in Berlin, ihre Aktion abzubrechen. Mit „Wolli“ befinden sich drei weitere Aktivisten im Hungerstreik. Zwei Männer haben ihren Hungerstreik beendet. Das sei sein Wunsch, sagte der SPD-Politiker am Donnerstagabend bei einem von der Thüringer Allgemeinen organisierten Bürgergespräch. Auf die Forderungen der Aktivisten ging Scholz allerdings nicht ein.

Aktivisten und Wolfgang „Wolli“ Metzeler-Kick während einer Pressekonferenz am Freitag
Aktivisten und Wolfgang „Wolli“ Metzeler-Kick während einer Pressekonferenz am FreitagAFP

Eine Bürgerin fragte Scholz bei dem öffentlichen Gespräch in Erfurt konkret, ob er die Aussagen der Klimaaktivisten für Fakt oder Meinung halte. Mit einer Aussage könne er womöglich den Hungerstreik beenden. Scholz antwortete jedoch nicht direkt.

Er bekräftigte lediglich, es sei wissenschaftlich erwiesen, dass es einen menschengemachten Klimawandel gebe. Es sei das Ziel seiner Regierung, diesen Klimawandel aufzuhalten. Dabei behalte sie das Ziel im Blick, die Erderwärmung möglichst bei 1,5 Grad zu stoppen.

Aber aus der Wissenschaft ergebe sich kein Automatismus. „Was wir politisch wollen, muss in einer Demokratie miteinander diskutiert werden“, sagte Scholz. Man könne Entscheidungen nicht erzwingen, indem man sage, man esse nichts mehr. Man könne sie auch nicht Gerichten überlassen. „Wir müssen für das, was wir richtig finden, Mehrheiten bei den Bürgerinnen und Bürgern gewinnen. Das kommt nicht von außen.“

Vier Szenarien für die Zukunft

Für Wolfgang Metzeler-Kick gibt es derzeit vier mögliche Zukunftsszenarien, wie er in einem Interview mit der Berliner Zeitung erklärt: Im besten Falle äußere sich Scholz wie gefordert, die Klimapolitik würde drastisch umgelenkt und er nähme seinen Beruf als Umweltingenieur wieder auf.

In einem zweiten Fall spreche Scholz die Forderungen zwar ebenfalls aus, aber das ändere nichts. Dann habe „der Westen kollektiv entschieden, dass die Menschheit ausstirbt“ und Metzeler-Kick würde in die Palliativpflege gehen. Das „einzig Menschliche“, was dann noch zu tun bliebe.

Alternativ ergäbe sich vielleicht eine Mischung aus den beiden eben genannten Szenarien, dann würde Metzeler-Kick eventuell weiter aktivistisch tätig sein.

Und dann gibt es da natürlich noch die Möglichkeit, dass Scholz weiter schweigt und Metzeler-Kick weiter hungert – bis zum Ende. „Wenn ich es durchziehe, dann nur aus der Hoffnung, dass der Tod irgendwas bringen kann.“ ■