Billige Kopie

Holz-Schätze aus dem Erzgebirge: So erkennen Sie China-Schrott

Immer wieder werben Händler mit Erzgebirgsware, dabei sind die Pyramiden aus China. Ein Experte gibt Tipps, wie Sie Fake von echter Kunst unterscheiden.

Author - Stefanie Hildebrandt
Teilen
Günter Münzberg sieht auf den ersten Blick, ob es sich um Originale handelt.
Günter Münzberg sieht auf den ersten Blick, ob es sich um Originale handelt.Emmanuele Contini/Berliner Kurier

Der Fachmann erkennt natürlich sofort, ob es sich bei einer Pyramide oder einem Schwibbogen um echte Handarbeit aus dem Erzgebirge handelt. „Schon wenn ein Kunde den Deckel aufmacht, weiß ich Bescheid“, sagt Günter Münzberg. Der 63-Jährige betreibt in Spandau eines der wenigen Fachgeschäfte für Erzgebirgische Volkskunst in Berlin.

Der Laie aber fällt ab und zu doch auf nachgemachte Produkte aus Fernost herein. Besonders, wenn sie mit Umschreibungen wie „Hergestellt im Erzgebirgsstil“ beworben werde, sollte man hellhörig werden.

Oftmals bieten Onlinehändler ihre Waren aus China zum Versand an. Wer glaubt, ein besonders günstiges Schnäppchen zu machen, wird nicht selten beim Auspacken enttäuscht. „Zwar wird die Formgebung von den Originalen aus dem Erzgebirge kopiert“, weiß Günter Münzberg.  „Doch in der Verarbeitung sieht man schnell die Unterschiede.“

Ein gutes Beispiel sind die Kerzenhalter. Die sind bei den China-Kopien oft aus sehr dünnem Blech gefertigt. Das Original aus Messing ist dagegen schwerer und beständiger.

An der sauberen Verabrbeitung kann man gefälschte Ware von CHina-Kopien unterscheiden.
An der sauberen Verabrbeitung kann man gefälschte Ware von CHina-Kopien unterscheiden.Emmanuele Contini/Berliner Kurier

Auch beim verwendeten Holz gibt es große Unterschiede: Im Erzgebirge werden Hölzer aus heimischen Mischwäldern verwendet, oft sogar mit Umweltsiegel. Das Holz wird aufwendig maschinen- und luftgetrocknet. In der Folge bleiben die Produkte formstabil.  „Für Schnitzarbeiten wird oft weicheres Holz wie Linde verwendet, für Drechselarbeiten eher hartes Holz wie Buche“, weiß Günter Münzberg.

Pyramiden und Figuren aus Fernost hingegen verziehen sich schnell, sie haben zu viel Restfeuchte. Auch in Dekor und Bemalung sind die Originale meilenweit entfernt von ihren günstigen Kopien. Es lohnt sich, auf ein Echtheitszertifikat zu schauen und bei zertifizierten Händlern oder gleich vor Ort in den Erzgebirgischen Schauwerkstätten zu kaufen.

Nicht erst seitdem das Holzhandwerk zum UNESCO-Kulturerbe gehört, gehen erzgebirgische Hersteller gegen Plagiate aus China vor, wie der jüngste Fall beweist: Aus Protest gegen China-Kopien schnitzte Holzspielzeugmacher Markus Füchtner eine rebellische Holzfigur.

Feuerwehrmann mit Echtheitszertifikat.
Feuerwehrmann mit Echtheitszertifikat.Emmanuele Contini/BerlinerKurier

Füchtner hat schon einen Nussknacker ins All geschickt und eine Räucher-Rakete entwickelt. Am liebsten steht er aber an der Drechselbank seiner Werkstatt in Seiffen, um Nussknacker zu fertigen. So haben es schon seine Vorfahren gemacht. Der Tradition folgend stellen sie Obrigkeiten dar: König, Husar, Förster. Doch einer in seiner Werkstatt tanzt aus der Reihe: der Stinkefinger-Nussknacker. Und das kam so.

Eines Morgens habe ihm das Blättern in Werbeprospekten das Frühstück verdorben, erzählt der 44-Jährige. „Im Nachbarort hier bei uns im Erzgebirge wurde für 12,99 Euro eine Nussknacker-Billigkopie aus China angeboten.“ Er ist empört: „Das geht doch nicht.“

Der echt erzgebirgische Nussknacker (l) aus der Werkstatt von Markus Füchtner (M) zeigt der Billigkopie aus China (r) den „Stinkefinger“.
Der echt erzgebirgische Nussknacker (l) aus der Werkstatt von Markus Füchtner (M) zeigt der Billigkopie aus China (r) den „Stinkefinger“.Hednrik Schmidt dpa

Erfinder des Erzgebirgs-Nussknackers

Auf den erzgebirgischen Nussknacker lässt Füchtner nichts kommen, gilt doch sein Ur-Ur-Ur-Großvater als dessen Erfinder. Also hat er an der Drechselbank das gemacht, was er besonders gut kann: einen neuen Nussknacker. Der ist zwar wie seine Kollegen aus Holz und hat Bart und Haar aus Kaninchenfell. Statt rotem Gewand trägt er jedoch kurze Hosen und Basecap. Und die Hand zeigt eine eindeutige Geste. Der hölzerne Rebell sei in Zusammenarbeit mit „Boys from the Wood“ entstanden - einer Gruppe junger Leute, die das Erzgebirge und sein Brauchtum auf moderne Art und Weise feiern, betont der 44-Jährige.

Füchtners Botschaft: Sein echt erzgebirgischer Nussknacker zeigt der Kopie aus China den Stinkefinger. 15 Stück hat er davon gemacht, doch die waren rasch vergriffen; ein Exemplar steht nach wie vor in seiner Werkstatt neben der Drechselbank. Nun überlegt er, noch einmal nachzulegen. „Vor Weihnachten wird das aber nichts mehr.“

15 Stück der rebellischen Holzfigur hat der Holzspielzeugmacher hergestellt, nachdem im Nachbarort eine Nussknacker-Billigkopie aus China angeboten wurde.
15 Stück der rebellischen Holzfigur hat der Holzspielzeugmacher hergestellt, nachdem im Nachbarort eine Nussknacker-Billigkopie aus China angeboten wurde.Hendrik Schmidt/dpa

Das erzgebirgische Kunsthandwerk ist seit dem Frühjahr als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Doch schon seit vielen Jahren werden immer wieder ausländische Holzfiguren mit Bezug zu der Region beworben - etwa in Online-Shops. Dagegen geht der Verband Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller vor. Im Schnitt würden jeden Monat ein bis zwei Abmahnungen verschickt, erklärt Geschäftsführer Frederic Günther.

Gerichtsurteil gegen billige Plagiate

Mitunter landen die Fälle auch vor Gericht. So hatte das Oberlandesgericht im Fall eines Onlinehändlers entschieden, dass die Werbung für ein Importprodukt mit dem Hinweis „im Erzgebirge-Stil“ eine unzulässige Ausnutzung des guten Rufs erzgebirgischer Originale darstelle. Die Beschwerde gegen das Urteil hatte der Bundesgerichtshof in diesem Jahr zurückgewiesen, sodass der Richterspruch rechtskräftig ist.

Laut Günther dürfen nur vom Verband zertifizierte Manufakturen Warenzeichen wie „Erzgebirgisches Kunsthandwerk“, „Echt Erzgebirge“ oder „Seiffener Volkskunst“ verwenden, ebenso das Verbandslogo.

So soll sichergestellt werden, dass die Produkte wie Nussknacker, Engelfiguren, Pyramiden und Räuchermännchen auf traditionelle Weise in Handarbeit in der Region hergestellt werden. Zudem sollen Käufer die Garantie haben, dass Kunsthandwerk, das mit Bezug zum Erzgebirge beworben wird, diesen Qualitätsanforderungen entspricht. Deswegen geht der Verband auch gegen den Missbrauch der geografischen Herkunftsangabe vor. (mit dpa)