Seddin hat es schon so einigen angetan. Der Ort in der Prignitz lockt gerade Pilzsucher an. Andere fahren dorthin, um sich die einmalige Feldsteinkirche anzuschauen. Jetzt sind nach Seddin sogar wieder Wissenschaftler angereist, um dort das wahrscheinlich älteste Dorf Brandenburgs auszubuddeln.
Vor 125 Jahren waren schon einmal Archäologen vor Ort. Sie entdeckten 1899 das sagenhafte Königsgrab von Seddin. Dort soll den Erzählungen nach ein König Hinz begraben worden sein – ein Herrscher aus der Bronzezeit.
Das Königsgrab aus dem neunten Jahrhundert vor Christus, eine der bedeutendsten Europas, hat jetzt wieder Archäologen angelockt. Seit Monaten sind sie an der Stätte bereits mit Schaufeln, Spachteln und kleinen Pinseln am Werk, um aus dem tiefen Erdreich noch mehr Geheimnisse ans Tageslicht zu holen, die dort seit Jahrtausenden schlummern.

Das ist ihnen auch gelungen. Die Archäologen haben das Dorf des sagenumwobenen König Hinz gefunden. Nach dem im vergangenen Jahr die riesige „Halle des Königs“ entdeckt wurde, legten die Wissenschaftler jetzt die Reste der Siedlung frei.

Es sind sieben Häuser, die rings um die Königshalle standen. Und Brandenburgs Landesarchäologe Franz Schopper ist ganz happy. Er spricht von einer Sensation, von einer „großen Überraschung“ und einem „wahren Häusermeer“. Da sei noch mehr aus dem Boden zu holen, glaubt der Experte. Es deute sich eine Großsiedlung mit einem Areal für religiöse Feste und Veranstaltungen an.

Wer auf das Grabungsgelände als Laie schaut, sieht nur große Sandhügel, bunte Messstäbe, Messgeräte und Fundamentreste, aber keine Dorfhäuser der Ur-Brandenburger aus der Bronzezeit. Doch Grabungsleiter Immo Heske von der Georg-August-Universität Göttingen sieht mehr. „Wir sind hier auf dem Weg, die größte jungbronzezeitliche Siedlung für Norddeutschland, zu erforschen“, sagt er.
Dorf aus der Bronzezeit entdeckt: So lebten die Ur-Brandenburger
Aufgrund der freigelegten Reste vermutet Heske, dass die über 2.000 Quadratmeter große Siedlung dicht bebaut war. Etwa am Ende der Bronzezeit ist das Dorf entstanden, existierte etwa zwischen 1000 und 800 vor Christus – also stolze 200 Jahre.
Laut Heske lebten und arbeiteten dort 200 bis 300 Menschen. Sie seien Handwerker gewesen, vor allem Zimmerleute und Metallgießer. Auch Landwirte gab es. Sie alle wohnten in diesen Häusern inklusive ihrer Bediensteten.
Das sagenhafte Königsgrab und dessen Umgebung zählt zu den wichtigsten Forschungsprojekten des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums sowie des Seminars für Ur- und Frühgeschichte der Georg-August-Universität Göttingen. Das Buddeln vor Ost geht weiter. Man darf gespannt sein, was da noch aus dem Erdreich geholt wird. ■