Netze aus silbrigen Fäden winden sich um kahl gefressene Äste und Büsche. Viele Bäume und Büsche in Berliner Wäldern und Stadtparks sehen derzeit aus, als kämen sie aus der Geisterbahn. Doch woher kommen diese seltsamen weißen Schleier und sind die Netze gefährlich für Pflanzen, Tiere und Menschen? Verantwortlich für das gruselige Aussehen sind jedoch keine Spinnen, wie man annehmen könnte.
Die Netze kommen von den Raupen der Gespinstmotte, deren alljährliches, massenhaftes Auftreten vom Klimawandel befeuert wird. „Die Raupen haben keine Haare wie zum Beispiel die Eichenprozessionsspinner-Raupen, sondern ihr Schutz ist, dass sie sich einspinnen, deswegen auch Gespinstmotten“, erklärt Stadtnaturexperte Derk Ehlert.
Und wozu brauchen die Raupen die seidigen weißen Schleier? Die Netze dienen als Schutz- oder Regenschirm. Mit dem Schleier wollen sich die Raupen vor Fressfeinden wie Vögeln oder Witterungseinflüssen wie Regen schützen.
Lange Trockenheit schuld an den vielen „Geisterbäumen“
Dass es in diesem Jahr besonders viele Netze gibt, liegt am milden Winter und dem trocken-warmen Frühjahr. Dies sind ideale Voraussetzung für eine Massenvermehrung der kleinen weißen Falter. Und dieses Jahr sind die Gespinste wegen des Wetters ungewöhnlich groß und beeindruckend. Zum Teil seien ganze Bäume von den Fäden umzogen, so Ehlert zur dpa. „Wir haben jetzt vier Monate Trockenheit. Das führt dazu, dass es große Gespinste gibt, die wir so in dieser Form längere Zeit nicht hatten.“ Leichter Regen reicht nicht aus, um die Netze zu zerstören. Das Wasser perlt an den Fäden ab. „Der Zauber ist aber schnell vorbei, wenn es mal kräftig regnet.“

Befallene Bäume können mit Wasser abgespritzt werden
Im Gegensatz zum Eichenprozessionsspinner sind die Raupen der Gespinstmotte für Menschen nicht gefährlich, beruhigt der Experte. Auch den Bäumen mache das nichts – obwohl die Raupen die frischen Triebe abknabberten, bis hin zum kompletten Kahlfraß.
Das Phänomen gebe es schon seit Jahrtausenden und die Bäume hätten daraus gelernt. „Die treiben nämlich ein zweites Mal aus“, so Ehlert. Wenn der Baum gesund und gut versorgt sei, gebe es keine negativen Auswirkungen. Die Bäume hätten aus 2023 und 2024 noch genug Energie. Befallen würden unter anderem Pfaffenhütchen, Traubenkirschen oder Felsenmispeln.
In einem Nest tummelten sich Hunderte Raupen, sagt Ehlert. Es sei möglich, dass eine Raupe bis zu zehn Meter Faden am Tag spinne. Für Vögel seien die Tiere eine wichtige Nahrungsquelle. Von Juni bis Juli verpuppten sich die Motten und würden zu „wunderschönen Faltern“, wie Ehlert sagt. Wer einen Befall in seinem Garten hat, kann die Gespinste herausschneiden oder mit einem harten Wasserstrahl abspritzen. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sei nicht sinnvoll und auch nicht wirksam.