Manchmal kann man, so sehr man Berlin liebt, über diese Stadt einfach nur mit dem Kopf schütteln. In diesem Jahr ist es vor allem die Glatteis-Situation, die viele Menschen fassungslos macht – mich eingeschlossen. Bereits im Dezember kam es zu einem Wintereinbruch, der die Passanten auf den Gehwegen gefährlich ins Rutschen brachte. Und nun: Blitz-Eis!
Schock am Abend: Plötzlich kommt die Glatteis-Warnung über Katwarn
So heftig habe ich das noch nie erlebt. Ich wunderte mich schon, als ich per Katastrophenschutz-App Katwarn eine Warnung erhielt. Und wusste gleich: Das wird vor allem für Fußgänger böse enden. Richtig klar wurde es mir, als ich am Donnerstagabend vor die Tür ging. Die ersten Meter schienen noch lustig. Doch schon nach kurzer Zeit fürchtete ich: Viele Menschen werden sich die Knochen brechen. Und an vielen Ecken der Stadt wird sich einfach niemand kümmern.
Denn so war es schon im Dezember. Streufahrzeuge sah ich reichlich auf den Straßen, im Auto-Land Deutschland soll schließlich jedes Fahrzeug heil ans Ziel kommen, um Himmels Willen! Um die Gehwege, die sich innerhalb von Stunden in gefährliche Pisten verwandelten, kümmerte sich kaum jemand.

Dieses Mal das gleiche Spiel: Dass am Donnerstagabend, kurz nach dem Eis-Einbruch, noch nicht gestreut war, weil alle von der Situation überfordert waren: geschenkt. Dass man aber selbst am Freitagmorgen, ja, selbst am Freitagnachmittag noch Probleme auf manchen Gehsteigen hat, ist aus meiner Sicht ein Skandal. Eine Kollegin von mir stürzte etwa am Freitag, weil nicht einmal der Gehweg an der Hauptverkehrsstraße, die sie passieren musste, gestreut war.
Ich habe ein gutes Gleichgewicht und gute Schuhe. Und selbst ich hatte meine Schwierigkeiten. Jeden Morgen, vor der Arbeit, gehe ich in der Umgebung zwei Stunden auf Wanderschaft. Holla, die Waldfee! In vielen Straßen musste ich auf dem begrünten Randstreifen laufen. Das missfällt mir. Nicht nur, dass ich nicht gern zum Rasenlatscher werde – in Berlin läuft man leider auch Gefahr, sofort in Hundekot zu treten, wenn man sich 30 Zentimeter vom Gehweg entfernt. Aber das ist ein ganz anderes Problem. Fakt ist: Viele Wege waren auch am Freitagmorgen schlichtweg zu gefährlich.
Eis auf den Gehwegen: Wer sorgt sich um jene, die nicht gut zu Fuß sind?
Und: Wer sorgt sich um jene, die es beim Laufen nicht so einfach haben? Um Seniorinnen und Senioren etwa, die zum Einkaufen müssen, zum Arzt? Für die sowieso schon jeder Gang beschwerlich ist? Ihnen wird keine Beachtung geschenkt. Es macht mich so wütend! Auch der Verein FUSS, der sich für die Rechte von Fußgängern einsetzt, kritisierte, dass das Räumen und Streuen der Gehwege schlecht geregelt ist. So sind beispielsweise oft die Grundstückseigentümer zuständig, die dann Räum-Dienste engagieren, die ihrer Aufgabe dann wiederum unterschiedlich gut und schnell nachkommen. Man sieht es an vielen Stellen wunderbar. Nach zehn gestreuten Meter gibt’s plötzlich zehn Meter Eislauf-Bahn. Es kehrt jeder vor seiner eigenen Tür.
Mir persönlich ist grundsätzlich ganz egal, wer zuständig ist, ich möchte mich nur sicher durch die Stadt bewegen können. Aber Fußgänger – das schwächste Glied in der Verkehrs-Kette – sind hier nicht wichtig. Das zeigen übrigens auch viele Ampel-Schaltungen in der Stadt. Manchmal habe ich das Gefühl, ich warte als Fußgänger Minuten, bis ich grünes Licht bekomme – und muss dann in Sekunden über die Straße hetzen. Wenn ich Pech habe, schaffe ich es nur bis zur Mittelinsel, warte dort erneut. Hauptsache, die Blech-Lawine rollt. ■