Neue Fälle

Giftiger Mix: So soll Berliner Sterbearzt zehn Menschen den Tod gebracht haben

Erst ging man von vier Patienten aus, die der Mediziner getötet haben soll. Doch je weiter die Ermittler nachforschen, steigt die Zahl der Opfer.

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Mit einem tödlichen Medikamenten-Gemisch soll ein Berliner Sterbearzt schwerkranke Menschen getötet haben.
Mit einem tödlichen Medikamenten-Gemisch soll ein Berliner Sterbearzt schwerkranke Menschen getötet haben.

Der Fall ist bizarr. Er erzählt von einem Arzt, dessen Aufgabe es eigentlich ist, schwer kranke Patienten beim Sterben zu begleiten. Doch dieser wird zum Serienmörder. Während der Berliner Palliativmediziner Johannes M. (40) seit dem vergangenen Sommer in Untersuchungshaft sitzt, finden die Ermittler von Polizei und Staatsanwaltschaft immer mehr Opfer. Mindestens zehn Menschen soll der Sterbearzt den Tod gebracht haben.

Von dieser Opferzahl geht jetzt die Berliner Staatsanwaltschaft aus, sagt Sprecher Michael Petzold. Das Motiv des Arztes sei „Mordlust“.

Am Anfang der Ermittlungen, das war im Juni vergangenen Jahres, ging man noch von vier Opfern aus. Vier Frauen, im Alter zwischen 72 und 94 Jahren, deren Leichen man damals nach Wohnungsbränden fand.

Bei den Ermittlungen wegen Brandstiftung mit Todesfolge geriet immer mehr der Arzt Johannes M. in Verdacht, die Frauen getötet und mittels der gelegten Brände versucht zu haben, die Taten zu vertuschen. Der entscheidende Tipp kam von dem Pflegedienst der Frauen, für den der beschuldigte Arzt arbeitete.

Im August 2024 kam M. in Untersuchungshaft, in der er noch immer sitzt. Beim Berliner LKA wurde derweil eine Ermittlungsgruppe gebildet. Ihr Verdacht: M. hat noch mehr Menschen getötet.

Unterlagen von verstorbenen Patienten des Sterbearztes wurden genauer ausgewertet. Die Ermittler ließen auf Friedhöfen Leichen ausgraben, die vom Gerichtsmedizinern obduziert wurden. Die Anzahl der Opfer des Arztes wuchs.

Zwei Frauen im Alter von 61 und 70 Jahren sowie zwei 70 und 83 Jahre alte Männern kamen dazu. Insgesamt acht Todesopfer waren es dann zum Jahreswechsel, die man dem Mediziner zurechnet.

Sterbearzt: Er soll seinen Patienten ein „tödliches Gemisch“ verabreicht haben

Doch die Ermittler beim LKA gaben keine Ruhe. Wieder sah man Polizei und Gerichtsmediziner, die auf Friedhöfen Grabstellen öffneten. Diese Untersuchungen brachten weitere Opfer zutage.

Ein Fahrzeug der Gerichtsmedizin verlässt einen Friedhof in Neukölln. Im Rahmen der Ermittlungen gegen einen Berliner Sterbearzt wurde im Dezember eine weitere Grabstelle geöffnet, die ausgegrabene Leiche untersucht.
Ein Fahrzeug der Gerichtsmedizin verlässt einen Friedhof in Neukölln. Im Rahmen der Ermittlungen gegen einen Berliner Sterbearzt wurde im Dezember eine weitere Grabstelle geöffnet, die ausgegrabene Leiche untersucht.Str./TNN/dpa

Es sind zwei Frauen, 25 und 57 Jahre alt. Schwer krank waren sie. Aber die Berliner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Sterbearzt auch für den Tod dieser Frauen verantwortlich ist.

Er soll ihnen im September 2021 beziehungsweise im Juni 2024 „ohne medizinische Indikation ein tödliches Gemisch verschiedener Medikamente“ verabreicht haben, um sie zu töten, sagt Behördensprecher Petzold. So einen Todes-Mix aus verschiedenen Medikamenten habe der Sterbearzt auch den anderen Opfern verabreicht.

Der Beschuldigte schweigt laut Staatsanwaltschaft zu den Vorwürfen. Und die Ermittler vermuten, dass ihre Arbeit noch längst nicht beendet ist.

Die Gruppe beim LKA prüft weiter Unterlagen. Dabei spielen auch Hinweise von anderen Pflegediensten eine Rolle. Die Ermittler gehen immer mehr mit dem Fall in die Öffentlichkeit und bitten um Hinweise.

„Gibt es noch Kolleginnen und Kollegen des Tatverdächtigen oder Angehörige von Betreuten, die bisher keinen Kontakt zur Polizei hatten, aber ebenfalls Verdachtsmomente beim Tod ihrer Angehörigen und/oder Patienten hatten?“, heißt es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft. Die Anzahl der Opfer könnte noch größer werden.