Von einem Moment auf den anderen kann sich alles im Leben ändern. Als Franziska Bleis 2019 an einer Herzmuskelentzündung erkrankt, ist das Thema Organspende auf einmal präsent in ihrem Leben. Auch wenn man Tod und Krankheit gern möglichst weit wegschieben will, sei es jedem zuzumuten, sich mit dem Thema Organspende zu befassen, sagt sie heute.
Schon zweimal musste die 42-Jährige von ihrem Ehemann reanimiert werden. Einmal eine halbe Stunde lang. Dass sie heute lebt, verdankt sie nicht nur ihrem Ehemann, sondern auch dem Spenderherz, das ihr 2022 am Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC) in Berlin transplantiert wurde. „Ich habe das Glück gehabt. Ich sehe es als großes Geschenk“, sagte Bleis bei einem Pressegespräch anlässlich des Tags der Organspende am 7. Juni.
Dieses Jahr haben in Berlin und Brandenburg bis Ende Mai nach vorläufigen Zahlen 30 Menschen nach ihrem Tod insgesamt 72 Organe für die Transplantation gespendet. 2024 waren es nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) im ganzen Jahr 54 Spender und 127 Organe. Deutschlandweit waren es vergangenes Jahr 953 Spender und 2855 gespendete Organe - viel zu wenig, sagen Experten.
Mehr als 8000 Menschen stehen auf der Warteliste
„Wir haben in Deutschland viele Patienten, die auf einer Transplantationswarteliste stehen und seit Jahren auch immer mehr Patienten, die gar nicht mehr auf eine Warteliste aufgenommen werden, weil die Aussicht transplantiert zu werden, sehr gering ist“, sagte Felix Schönrath, Oberarzt für Herzinsuffizienz und Herztransplantation am DHZC. Ende Mai standen nach Angaben von Eurotransplant 8081 Menschen auf der Liste. In Berlin waren es zum Jahreswechsel 454, in Brandenburg 349.

Doch es gibt nicht genügend Spender. „Im Moment sind nur 0,4 Prozent der Menschen, die mindestens 16 Jahre alt sind und für eine Organspende infrage kommen, im Organspenderegister registriert“, erklärte der Arzt. Bislang gibt es laut DSO rund 319.200 Eintragungen.
Widerspruchsregelung würden Spenden erhöhen
Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern in Europa müssen verstorbene Personen in Deutschland zu Lebzeiten oder stellvertretend die Angehörigen einer Organentnahme explizit zugestimmt haben. „Wir wollen die Widerspruchsregelung, da die Zahl der Organspenden in Ländern mit Widerspruchsregelung deutlich über der in Ländern ohne Widerspruchslösung liegt“, sagte Volkmar Falk, Herzchirurg und ärztlicher Direktor des DHZC in Berlin. Das heißt: Hat die verstorbene Person einer Organspende zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen, können Organe zur Transplantation entnommen werden.
Hirntod bei Organspende?
Außerdem fordern die Mediziner, dass auch Menschen, die an einem Herz-Kreislauf-Tod gestorben sind, Spender werden können. „Viele Länder in Europa ermöglichen das, außer Deutschland“, kritisierte Falk. In der Schweiz sei die Zahl der Spenden durch die Organentnahme nach Herz-Kreislauf-Stillstand fast verdoppelt worden. Bislang ist eine Spende in Deutschland nur nach einem Hirntod möglich.




