Ist das sinnvoll?

Flugzeug 10 Sekunden zu spät am BER – Maschine dreht nach Hannover ab

Das Nachtflugverbot am Flughafen Berlin ist gnadenlos. Deswegen wollte der Pilot einer Maschine der Eurowings wegen 10 Sekunden Verspätung nicht dort landen.

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Die Maschine der Eurowings war in der Nacht zum Sonntag schon im Landeanflug auf den BER als der Pilot entschied, doch noch abzudrehen.
Die Maschine der Eurowings war in der Nacht zum Sonntag schon im Landeanflug auf den BER als der Pilot entschied, doch noch abzudrehen.Archivbild/Rainer Keuenhof/Imago

Mancher Fluggast wird vermutlich heftig mit dem Kopf geschüttelt haben, denn was ein Pilot am Samstagabend am BER gemacht hat, wirkt völlig absurd. Die Crew der Eurowings entschied sich, den Landeanflug auf Berlin kurz vor dem Aufsetzen abzubrechen und stattdessen nach Hannover zu fliegen. Der Grund waren nicht etwa Sicherheitsbedenken sondern es ging um eine Verspätung – von zehn Sekunden!

Die bescherte den Fluggästen mitten in der Nacht eine Landung in der 300 Kilometer entfernten niedersächsischen Hauptstadt. Von dort mussten die gestrandeten Passagiere ihre Heimreise selbst organisieren.

Maschine auf 84 Meter Flughöhe gesunken - Pilot startet durch

Zuvor hatte sich der Pilot laut Aussagen von Passagieren noch optimistisch gezeigt, die Landung pünktlich zu schaffen. Die Deutsche Flugsicherung hatte laut KURIER-Anfrage bereits eine Landebahn am BER freigegeben.

Das Flugzeug war schon auf dem Weg nach unten, senkte sich laut dem Flugprotokoll des Flugtracking-Portals Flightaware sogar schon auf 84 Meter über der Landebahn ab. Doch mitten beim Landeanflug schlug die Uhr Mitternacht und der Pilot entschied abzudrehen und startete durch, wie es heißt. „Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit dieses Ausweichens stellt sich nicht, weil mit Inkrafttreten des Nachflugverbots am BER um 0.00 keine Linienflüge erlaubt sind und damit auch keine Landung des Eurowings Fluges EW8531“, so ein Eurowings-Sprecher auf KURIER-Anfrage.

Empfindliche Strafen drohten wegen Nachtflugverbot

Grund für den Landeabbruch sollen empfindliche Strafen für Verletzungen des Nachtflugverbots am BER gewesen sein. Ein verspätetes Landen gilt als Ordnungswidrigkeit. Das Nachtflugverbot greift eigentlich schon ab 23.30 Uhr. Doch wenn eine Maschine, wie in diesem Fall, zu spät kommt, wird die Erlaubnis zur Landung bis Mitternacht verlängert. 

Starten sollte die Eurowings-Maschine um 20.25 Uhr in Alicante in Spanien. Der Airbus A321 wäre dann planmäßig fünf Minuten vor dem Beginn des Nachtflugverbots um 23.25 Uhr gelandet.

Doch die Maschine mit 212 Passagieren an Bord startete mit mehr als einer Stunde Verspätung erst um 21.33 Uhr. Der Pilot drückte zwar kräftig aufs Gas und holte so zwar noch einiges raus, doch der Maschine fehlten am Ende tatsächlich nur zehn Sekunden.

In Diskussionsforen im Internet beschweren sich viele Nutzer, dass so viel mehr Lärm entstanden sei. „Rechtlich gesehen hat der Pilot alles richtig gemacht“, erklärt Robert Ertler, Pressesprecher der Deutschen Flugsicherung. Und auch alle anderen Seiten haben sich wohl an das gehalten, was Gesetz sei. Da helfe auch nicht, dass es sich eben nur um zehn Sekunden gehandelt habe. „Wenn wir bei zehn Sekunden für Ausnahmen anfangen, sind wir schnell bei 30 Sekunden, dann bei fünf Minuten und irgendwann bei einer halben Stunde“, so Ertler. Bei einem Nachtflugverbot habe man wenig Handlungsspielraum. Anwohner würden die Einhaltung häufig sogar sekundengenau überprüfen.

Für Airline wird es allemal teuer

„Das gesetzlich maximal mögliche Bußgeld bei Verstoß gegen das Nachtflugverbot beträgt 50.000 Euro“, sagte Henry Doll, Sprecher des Brandenburger Infrastrukturministers Rainer Genilke (CDU) der Berliner Zeitung. Allerdings habe die Luftfahrtbehörde 2022 und 2023 keine Bußgelder aus diesem Grund verhängt. Aber riskieren wolle es laut Luftfahrtexperten dennoch kaum ein Pilot.

Für die Fluggesellschaft wird es nun aber wohl erheblich teurer. Der bleibt auch nichts übrig, als eine Kostenübernahme anzukündigen. „Eurowings bedauert die den Passagieren bei dieser Ausweichlandung entstandenen Unannehmlichkeiten sehr und bittet Fluggäste bezüglich möglicher Entschädigungen, diese über das Kontaktformular auf www.eurowings.com/kontakt anzufordern“, so ein Sprecher der Fluglinie. „Eurowings kommt selbstverständlich allen berechtigten Forderungen nach.“

Alle Passagiere haben Anrecht auf die Übernahme der Heimreisekosten, im Notfall auch mit dem Taxi. Einige werden auch im Hotel übernachtet haben, auch dafür muss die Airline vermutlich zahlen. 

Und möglicherweise steht den Fluggästen gar eine Entschädigung von 400 Euro pro Fluggast zu, denn ihren Ankunftsort Berlin haben sie wohl erst viele Stunden nach der geplanten Landung erreicht.