Dort, wo das schreckliche Familien-Drama am 13. Oktober 2023 seinen Lauf nahm, erinnert nicht mehr viel an die Bluttat. Blumen, Kerzen und Kuscheltiere sind verschwunden. In einer Seitenstraße, nur wenige Schritte von der belebten Bahnhofstraße in Köpenick entfernt, wurde vor rund einem halben Jahr ein Kind umgebracht. Auch seine Oma wird tot aufgefunden. Jetzt kommt es zum Prozess. Im Mittelpunkt: die Mutter als vermeintliche Täterin.
Es ist eine Tat, die Berlin erschütterte. Rückblick: Am 16. Oktober 2023 wurde ein Mann (71) von seiner Tochter schwer verletzt in seiner Wohnung gefunden. Er soll versucht haben, sich selbst das Leben zu nehmen. Kurze Zeit später entdecken Ermittler in einer zweiten Wohnung seine ebenfalls schwer verletzte andere Tochter (42) – und die Leichen der Enkelin (11) und ihrer Großmutter (68).
Schnell wird klar: Hier hat sich ein furchtbares Familien-Drama abgespielt. Die beiden Verletzten kommen zur Behandlung ins Krankenhaus, werden festgenommen, sitzen seitdem in Untersuchungshaft.
Mädchen (11) in Köpenick getötet – wegen Überforderung?
Unfassbar: Die Mutter soll erst ihre eigene Tochter ermordet haben, dann ihre Mutter – die 68-Jährige jedoch auf deren ausdrücklichen Wunsch. Der Großvater soll von den Plänen gewusst haben. Einen Grund, das Vorhaben zu stoppen, sah er offenbar nicht.
Alle Betroffenen wiesen nach Informationen der Polizei Verletzungen durch Messer auf. Beiden Opfern habe die Mutter die Pulsadern aufgeschnitten. Ihrer Tochter habe die 42-Jährige zudem in die Herzgegend gestochen. Den Ermittlungen zufolge plante die Familie einen sogenannten erweiterten Suizid. So wollte die 42-Jährige sich nach der Tötung ihrer Tochter und ihrer Mutter selbst töten, was ihr aber misslang. Auch der Vater habe Suizid begehen wollen, was ihm aber ebenfalls misslang.
Nach den Ermittlungen lebte die deutsche Familie sehr zurückgezogen. Sie habe sehr „bibeltreu und pietistisch“ gelebt, so die Staatsanwaltschaft. Dabei soll ihr Glaube „auch spirituell-esoterische Züge“ angenommen haben. Dadurch soll sich die Familie immer mehr von der gesellschaftlichen Entwicklung überfordert und mit der Politik unzufrieden gezeigt haben. Vor diesem Hintergrund soll nach den Ermittlungen der Plan für die angeklagten Taten entstanden sein.
Prozess gegen Mutter nach Tötung einer Elfjährigen in Köpenick
Am Mittwoch hat nun also der Prozess gegen die Mutter und den Großvater begonnen. Die Anklage wirft der 42-Jährigen Totschlag und Tötung auf Verlangen vor. Dem Mitangeklagten wirft die Staatsanwaltschaft Totschlag durch Unterlassen vor.
Zum Auftakt wurden die Schöffen vereidigt, die Anklage wurde noch nicht verlesen. Der 71-Jährige war nach Angaben des Gerichts am Mittwoch verhandlungsunfähig. Für den Prozess hat die zuständige Strafkammer bislang zehn Verhandlungstage geplant, ein Urteil könnte demnach am 14. Juni gesprochen werden. ■
Telefonseelsorge: Unter 0800 1110111 oder 0800 1110222 erreichen Sie rund um die Uhr Mitarbeiter, mit denen Sie Ihre Sorgen und Ängste teilen können. Auch ein Gespräch via Chat ist möglich. telefonseelsorge.de
Kinder- und Jugendtelefon: Das Angebot des Vereins Nummer gegen Kummer richtet sich vor allem an Kinder und Jugendliche, die in einer schwierigen Situation stecken. Erreichbar montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter 116111 oder 0800 1110333. Am Samstag nehmen die jungen Berater des Teams Jugendliche beraten Jugendliche die Gespräche an. nummergegenkummer.de
Muslimisches Seelsorge-Telefon: Die Mitarbeiter von MuTeS sind 24 Stunden unter 030 443509821 zu erreichen. Ein Teil von ihnen spricht auch Türkisch. mutes.de
Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention: Eine Übersicht über alle telefonischen, regionalen, Online- und Mail-Beratungsangebote in Deutschland gibt es unter suizidprophylaxe.de.