Manipulierter Schuh

Erwischt beim Knastbesuch: Opa Schussel und die Drogen-Treter

Ein Rentner marschiert mit einer Tüte Klamotten in die JVA. Bei der Kontrolle fliegt ein Schwindel auf, von dem er nichts gewusst haben will.

Author - Berliner KURIER
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Bei der Verhandlung vor Gericht in Berlin wegen Drogenschmuggels verbirgt der angeklagte Rentner sein Gesicht hinter Papier.
Bei der Verhandlung vor Gericht in Berlin wegen Drogenschmuggels verbirgt der angeklagte Rentner sein Gesicht hinter Papier.KE

Eine Schuhsohle war nicht sauber: Weil Rudi T. (70) mit Drogen in der Wechselwäsche für einen Häftling erwischt wurde, landete er selbst vor Gericht. Auf leisen Sohlen huschte der Rentner aus Berlin-Gesundbrunnen in den Saal. Hager, knurrig, kleinlaut. 21 Eintragungen im Strafregister – die erste im Januar 1970. Oft ging es um Diebstahl, mehrmals wurde der gelernte Bäcker ohne Fahrerlaubnis am Steuer erwischt.

Rudi T. (Name geändert) nuschelnd zur Richterin: „Ich wusste wirklich nicht, was in dem Wäschebeutel war“. Unschuldig sei er – „ich wollte nur einem Freund helfen“. Die Richterin: „Haben Sie dafür etwas erhalten?“ Der Rentner: „Nichts, war doch für einen Freund.“

Der dreiste Schmuggel am 3. September 2024. Gegen 16 Uhr schlenderte T. als Besucher mit Wechsel-Klamotten für U-Häftling I. in die JVA Moabit, zeigte seinen Ausweis, gab die Tüte ab. Die übliche Kontrolle aber brachte ein Versteck zum Vorschein. Ein Justizwachtmeister (24): „Als ich aus einem Schuh die Innensohle herausnahm, entdeckte ich ein viereckiges Loch in der Gummisohle.“

Im Schuh sollte Crystal Meth geschmuggelt werden

Die Anklage: „Darin befanden sich zwei Tütchen mit insgesamt 16,8 Gramm weißer, kristalliner Substanz.“ Crystal Meth – eine Horrordroge. Der Staatsanwalt überzeugt: „Der Angeklagte beabsichtigte, dem Untersuchungshäftling I. das Methamphetamin zukommen zu lassen.“

Den Schmuggler-Schuh wollte sich der Rentner aber nicht anziehen. Seine Geschichte: „Eine Polin rief mich an und bat mich, für I. Wäsche in die JVA zu bringen.“ Bei der Frau habe es sich wohl um die Freundin von I. gehandelt. Rudi T.: „Sie konnte ihn nicht besuchen, weil sie keinen gültigen Ausweis hatte.“ Die Richterin: „Wie heißt die Frau?“ Der Rentner: „Weiß ich nicht.“ Die Richterin: „Wie kamen Sie zu dem Beutel?“ Der Rentner: „Wir trafen uns vor der Haftanstalt. Ich bin rein, habe mir nichts dabei gedacht, nicht in die Tüte geguckt.“

Vier Monate Haft auf Bewährung oder Freispruch

Für den Staatsanwalt eine „unglaubhafte Schutzbehauptung“. Ein Jahr und vier Monate Haft auf Bewährung verlangte der Ankläger. Die Verteidigerin plädierte auf Freispruch: „Er wusste nicht, was im Schuh war. Dusslig hat er sich verhalten, weil er nicht kontrolliert hat.“ T. habe nicht mit Drogen in der Wäsche gerechnet – „er ist hafterfahren und weiß doch, dass es Kontrollen gibt“.

Die Richterin entschied: „Wir können nicht nachweisen, dass er von den Drogen in der Schuhsohle wusste.“ Es gebe auch keine Indizien dafür, dass sich T. den Inhalt der Tüte angesehen hatte. In dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten: Freispruch. (KE)