Das sogenannte Blaumachen bezeichnet das Fernbleiben von der Arbeit ohne triftigen Grund. Es ist eine Praxis, die viele Menschen kennen, aber nur wenige zugeben würden, da sie illegal ist. In Berlin bieten sich die Parks als ideale Orte an, um herauszufinden, ob und wie oft Menschen bereit sind, ihre Arbeitgeber zu täuschen.
An einem Vormittag im Volkspark Friedrichshain, bei sonnigem Wetter, sind nur wenige Menschen auf der Wiese zu sehen. Einige nutzen die Gelegenheit, sich in der Sonne zu bräunen, während andere unter Bäumen entspannen, berichtet die Berliner Zeitung (Bezahlschranke).
Eine der Besucherinnen, Jenny, ist 41 Jahre alt und gerade arbeitslos. Vorher arbeitete sie als Musiktherapeutin und war im Jahr 2023 insgesamt neun Tage krankgeschrieben, wobei sie betont, dass sie tatsächlich krank war. Aus Verantwortung gegenüber ihren Patienten und Kollegen habe sie nie blaugemacht. Allerdings habe sie ihren Patienten in einem schlechten Arbeitsklima dazu geraten, um ihre eigene Gesundheit zu schützen. Ihrer Meinung nach gehen viele Menschen in sozialen Berufen über ihre Belastungsgrenzen hinaus, was durch den Personalmangel verschärft wird. Für sie ist Blaumachen eine Form der Selbstfürsorge.
Ein paar Meter weiter, schreibt die Zeitung, sitzt Mark, 46 Jahre alt, der bis vor kurzem als IT-Leiter tätig war. Er berichtet, dass Blaumachen für ihn nicht infrage komme und er stattdessen Urlaub genommen habe, wenn er eine Auszeit brauchte. Sollte er aber erfahren haben, dass ein Mitarbeiter blaugemacht hat, sei das Vertrauen in diese Person stark erschüttert gewesen. Mark ist der Meinung, dass in einem guten Arbeitsumfeld offen über den Bedarf an Pausen gesprochen werden kann.
Zum Blaumachen heimlich auf die Sonneninsel Teneriffa
Die Herkunft des Begriffs Blaumachen ist nicht eindeutig geklärt. Mögliche Ursprünge reichen von der blauen Färbung von Stoffen bis zur Tradition des blauen Montags, an dem Handwerker nicht arbeiteten. Eine andere Theorie führt den Begriff auf das hebräische Wort „b’lo“ oder „b’law“ zurück, das „ohne ihn“ bedeutet.
Im Park am Wasserturm sitzt Maria, 27 Jahre alt und Masseurin, im Schatten eines Baumes und liest. Sie berichtet, dass sie im letzten Jahr etwa fünf Wochen krankgeschrieben war, davon zwei Wochen wegen Depressionen. Zehn Tage habe sie heimlich auf Teneriffa verbracht und dabei ihren Arbeitgeber sowie ihren Arzt belogen, um die Reise zu ermöglichen. Trotz des schlechten Gewissens sei die Zeit wichtig für ihre mentale Gesundheit gewesen, dennoch würde sie es nicht noch einmal tun.
Laut dem Fehlzeiten-Report der AOK haben Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen seit 2012 um 48 Prozent zugenommen, wobei die durchschnittliche Dauer einer Krankschreibung im Jahr 2022 bei 29,6 Tagen lag. Im Vergleich dazu betrug die Dauer bei Atemwegserkrankungen nur 7,1 Tage.

Im Monbijoupark in Berlin-Mitte herrscht zur Mittagszeit reges Treiben. Birte, eine 56-jährige Medienarbeiterin, ist dort mit ihrem Hund unterwegs. Sie liebt ihren Beruf und lehnt Blaumachen ab, da sie es als „asozial“ betrachtet. Für sie ist es ein Ausdruck von Unzufriedenheit und eine allzu bequeme Lösung. Gleichzeitig erkennt sie an, dass jüngere Generationen stärker auf eine gesunde Work-Life-Balance achten, was sie positiv bewertet.
Ein Bericht der Techniker Krankenkasse zeigt, dass die durchschnittliche Anzahl der Fehltage im Jahr 2023 einen neuen Höchststand erreicht hat. Versicherte Erwerbstätige waren im Durchschnitt 19,4 Tage krankgeschrieben, im Jahr 2019 waren es noch 15,4 Tage.
Anne, 39 Jahre alt und Betreuerin für Menschen mit Behinderungen, unterhält sich auf einer Bank mit einer Freundin. Sie war im Jahr 2023 sechs Wochen wegen Überlastung krankgeschrieben und gibt gegenüber der Berliner Zeitung zu, gelegentlich geflunkert zu haben. Da es im Sommer schwierig sei, Urlaub zu bekommen, weil Kollegen mit Kindern bevorzugt würden, habe sie sich ihre Auszeiten auf andere Weise genommen. ■