Neun Monate nach der Tat

Die vier Alex-Schläger: Warum die Fahndung erst jetzt beginnt

Am 30. November 2024 verletzten diese vier jungen Männer zwei andere im U-Bahnhof Alexanderplatz. Erst am Dienstag gab die Polizei das Foto heraus.

Author - Berliner KURIER
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Sie liefen mitten in eine Überwachnungskamera hinein. Nach diesen vier jungen Männern sucht die Polizei seit Dienstag. Sie hatten am 30. November 2024 zwei andere Männer im Bahnhof Alexanderplatz attackiert.
Sie liefen mitten in eine Überwachnungskamera hinein. Nach diesen vier jungen Männern sucht die Polizei seit Dienstag. Sie hatten am 30. November 2024 zwei andere Männer im Bahnhof Alexanderplatz attackiert.Polizei Berlin

Tatort: U-Bahnhof Alexanderplatz. Vier junge Männer prügelten im November 2024 auf zwei andere ein, einer der beiden erlitt Kopfverletzungen. Doch erst am Dienstag dieser Woche, fast neun Monate nach der Tat, rückte die Polizei die Fahndungsfotos heraus. Wir berichteten gestern über den Fall – und viele Leser reagierten empört. KURIER erklärt den Hintergrund.

„Wow: geht das aber schnell mit den Bildern. Ironie off“, schrieb uns Katrin Barnick auf Facebook. Ähnlich empört ist Maik Winkenmann: „Sehr zeitnah, haben ja fast wieder November. Dieser Täterschutz in Deutschland einfach nur erbärmlich.“ Viele Leser verstehen nicht, warum sich die Ermittler mit der Öffentlichkeitsfahndung so viel Zeit lassen.

Auch Täter unterliegen bei uns dem Persönlichkeitsschutz

Dabei liegt die Erfolgsquote bei guten Bildern oder Videos bei mehr als 90 Prozent. Videoaufzeichnungen sind ein wichtiges Instrument für Ermittlungen. „Nicht nur, um Zeugenhinweise zu bekommen, sondern auch, weil der öffentliche Druck die Tatverdächtigen oft dazu veranlasst, sich zu stellen“, sagte uns mal ein Polizeisprecher.

Umso mehr stutzt man, wenn es Öffentlichkeitsfahndungen zu Taten gibt, die so lange zurückliegen. Der Grund: Laut der deutschen Strafprozessordnung hat der Persönlichkeitsschutz die oberste Priorität – und das gilt, für viele schwer verständlich, auch für Täter.

Die Polizei würde oft gerne schneller an die Öffentlichkeit gehen, darf aber nicht. Die Fotofahndung ist das letzte Mittel, das erst angewendet werden darf, wenn alle anderen Maßnahmen erfolglos geblieben sind.

Zudem muss die Tat eine gewisse „Relevanz“ haben. Heißt: Schwere Straftaten wie Tötungs- oder Sexualdelikte haben eine höhere Priorität. Bei Köperverletzungen oder Diebstahl dauert es länger. Damit die Polizei Fotos von Tatverdächtigen publik machen darf, benötigt sie einen richterlichen Beschluss. Doch diesen gibt es erst (wenn überhaupt), wenn „alle anderen Ermittlungsansätze ausgeschöpft“ sind, so ein Polizeisprecher.

Manche Straftat könnte verhindert werden

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Auch Polizei und Justiz haben zu wenig Personal. Die Akten türmen sich bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten, Ermittlungen ziehen sich aufgrund überlasteter Behörden unnötig in die Länge.

Die Verzögerungen sind oft schwer zu ertragen. Für die Opfer, aber auch für die Ermittler. Denn manche Straftat könnte verhindert werden, wenn man der Täter früher habhaft geworden wäre.