Zu seinem 70. Geburtstag muss Matthias Platzeck erst mal genügend Schlafplätze herrichten: „Ich fahre herum und sammele bei Freunden und Bekannten alle verfügbaren Luftmatratzen ein“, berichtet Platzeck wenige Tage vor seinem runden Geburtstag der Deutschen Presse-Agentur. Seinen Ehrentag am kommenden Freitag will der überzeugte Babelsberger mit seiner Familie in seinem Haus in der Uckermark feiern.
„Da sind wir mitten in schöner Natur und die Kinder haben Platz zum Toben“, sagt er. Die Familie sei beständig im Wachsen. „Neben meinen drei eigenen Töchtern gibt es ja noch eine angeheiratete Tochter und inzwischen sieben Enkel, das werden ja immer mehr“, erzählt er fröhlich. „Da reichen die Betten in dem Häuschen nicht mehr.“
Matthias Platzeck – endlich mehr freie Zeit
Der Jubilar freut sich nun auf etwas mehr freie Zeit. „Die Bundesregierung hatte mich ja mit vier Kommissionen beauftragt – Atom-, Kohle, Deutsche Einheit und Zukunftszentrum“, zählt er auf. „Da war schon jede Menge zu tun.“ Außerdem hat er schon mehrfach als Schlichter in Tarifkonflikten bei der Deutschen Bahn und auch bei der Lufthansa erfolgreich vermittelt.
Platzeck und Politik – bereits in der Endphase der DDR mischte sich der Brandenburger öffentlich gegen das SED-Regime ein. Der studierte Umwelthygieniker setzte sich zunächst mit der Grünen Liga für den Umweltschutz ein, bevor er 1990 als parteiloser Vertreter der Grünen Partei in der DDR in die Regierung von Hans Modrow aufgenommen und danach in die freie und letzte Volkskammer gewählt wurde, wo er der aus zwei Parteien bestehenden Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angehörte.
Nach der deutschen Wiedervereinigung trat Platzeck der bürgerlichen Partei Bündnis 90 bei und war in der Koalitionsregierung von Manfred Stolpe von November 1990 bis November 1998 Umweltminister des Landes Brandenburg. Nach seiner Ablehnung der Fusion von Bündnis 90 und Die Grünen 1993 war er Mitbegründer des Bürgerbündnisses freier Wähler und zunächst wieder parteilos, ehe er als Minister in einer SPD-Alleinregierung 1995 in die SPD eintrat.
Durch zahlreiche Fernsehauftritte beim Oderhochwasser im Sommer 1997 wurde der damalige Brandenburger Umweltminister bundesweit bekannt. Journalisten und damalige Hochwasserhelfer nennen ihn seither oft „Deichgraf“ – in Anlehnung an den Deichgrafen in der Novelle „Der Schimmelreiter“ von Theodor Storm.
Oberbürgermeister von Potsdam, von 2002 bis 2013 Ministerpräsident von Brandenburg: Sein unermüdlicher politischer Einsatz brachte Platzeck dann auch an seine eigenen gesundheitlichen Grenzen. Am 27. Juni 2013, zehn Tage nach einem Schlaganfall, nahm Platzeck zwar die Arbeit wieder auf. Einen Monat später aber kündigte er seinen Rücktritt von allen politischen Ämtern aus gesundheitlichen Gründen zum 28. August 2013 an. Er schlug Landesinnenminister Dietmar Woidke als seinen Nachfolger vor.

Matthias Platzeck: Der „Deichgraf“ ist noch immer ehrenamtlich aktiv
Platzeck ist noch im Vorstand der Friedrich-Ebert-Stiftung, als Kuratoriumsvorsitzender des osteuropäischen Filmfestivals in Cottbus und beim Jüdischen Filmfestival in Berlin & Brandenburg aktiv. Er ist auch Vorstand der Jerusalem Foundation, die sich für die Verbesserung der jüdisch-palästinensichen Beziehungen einsetzt. „Was dort passiert, das tut weh“, sagt er zum aktuellen Kriegsgeschehen im Nahen Osten.

„Ich hoffe, dass das nächste Jahr uns dem Frieden in der Welt näher bringt. Da bin ich nicht völlig ohne Hoffnung“, meint Platzeck auch mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. „Was da passiert, macht mehr kaputt, als wir im Moment sehen“, mahnt er. Den Vorsitz im Deutsch-Russischen Forum hat er nach Kriegsbeginn aufgegeben, aber Platzeck hält weiterhin Gesprächskontakte in Russland aufrecht. „Ich glaube, es ist wichtig, nicht alle Brücken abzubrechen“, meint er. „Wir sollten wissen, was dort in der Gesellschaft vor sich geht.“
Seinen Lebensmittelpunkt hat der Babelsberger mehr und mehr in die Uckermark verlagert. Mit seinem Traktor hält er die etwa einen Hektar große Wiese um das Haus in Schuss. „Die Hälfte des Grundstücks ist aber mittlerweile als Bienenweide angelegt, mit vielen Pflanzen – da braucht man nur noch zweimal im Jahr mähen“, verrät er.
Platzeck war bis zu seinem Einstieg in die Politik zur Wende begeisterter Regatta-Segler. Doch sein Traum, wieder mehr Zeit auf dem Wasser zu verbringen, hat sich nur bedingt erfüllt. „Ich war zweimal mit einem Bekannten zum Segeln auf der Ostsee“, erzählt er. Nach der großen Geburtstagsfeier fährt er mit seiner Frau erst mal in den Urlaub. Das Ziel wird nicht verraten, nur so viel: „Wir bleiben in Deutschland.“ ■