Die Zeiten, in denen die traditionelle Demonstration zu der Ehren der Arbeiter- und Kommunistenführer Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg eine friedliche war, eine des Gedenkens war, sind lange vorbei. Immer andere Gruppen versuchen, das Scheinwerferlicht zu nutzen und ihre eigenen Interessen in den Mittelpunkt rücken. Gerne wird dabei die Auseinandersetzung mit der Polizei gesucht. Liebknecht und Luxemburg interessieren dabei aber die wenigsten. Diesmal ging es vor allem um den Israel/Gaza-Konflikt.
Bei der Demonstration zum Gedenken an die Kommunistenführer Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, die am 15. Januar 1919 ermordet wurden, sind Polizisten und Demonstrationsteilnehmer gewaltvoll aneinandergeraten. „Es gab Angriffe auf Einsatzkräfte“, sagte eine Polizeisprecherin. Es seien Bengalos gezündet und eine Flasche geworfen worden. Auf X teilte die Polizei zudem mit, dass Einsatzkräfte unter anderem mit Fahnenstangen angegriffen wurden. Zwischenzeitlich wurde der Demonstrationszug gestoppt.
Angriffe auf Beamte, Polizei setzt Reizgas ein
Unter die Demonstranten hatte sich ein propalästinensischer, antiisraelischer Block gemischt. Teilnehmer schwenkten Palästina-Flaggen und skandierten aus dem Zug heraus verbotene Parolen wie „From the River to the Sea“. Immer wieder wurden nach Angaben der Polizei verbotene Parolen im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt gerufen. Zu Beginn der Demo hatte die Polizei dazu aufgefordert, das zu unterlassen.
Die Polizei setzte Reizgas ein. Auf Videos war zu sehen, wie die Einsatzkräfte Demonstranten durch Schieben und Drücken zurückdrängten und einige von ihnen zu Boden brachten. Bislang seien mehr als 20 Personen festgenommen und 10 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, wie die Polizei auf X mitteilte. Nach aktuellem Stand seien 17 Polizisten verletzt worden.
Der Linke-Politiker Ferat Koçak sagte auf der Kundgebung, die Polizei habe einem Demonstranten ins Gesicht geschlagen. Ein dpa-Reporter beobachtete, wie ein Demonstrant von einem Krankenwagen abgeholt wurde. Die Person sei kurzfristig bewusstlos gewesen, wie die Polizei auf X mitteilte. Eine Person habe während einer Festnahme den eigentlich Tatverdächtigen unterstützen wollen und sei dabei selbst in polizeiliche Zwangsmaßnahmen geraten. Zu polizeilichen Zwangsmaßnahmen zählen das Schieben und Drücken von Demonstranten. Die Person sei daraufhin bewusstlos geworden und ins Krankenhaus gekommen. „Dort leistete die Person erneut Widerstand gegen einen Polizeibeamten, um die Identitätsfeststellung zu verhindern“, so die Polizei.

Wie die Polizei kurz danach bekanntgab, hat die Person einen offenen Haftbefehl. Sie werde in Polizeigewahrsam gebracht und danach der Justiz überstellt.
Vergangenes Jahr hatte es bei der Gedenkveranstaltung ebenfalls Tumulte gegeben. Damals wurden nach Angaben der Polizei 21 Polizisten verletzt und 16 Demonstranten festgenommen. Demonstranten griffen Polizisten mit Holzlatten und Metallstangen an.
Für Karl und Rosa: An der Gedenkstätte wurden rote Nelken abgelegt
Die Demonstration startete am Frankfurter Tor. 10.000 Menschen waren angemeldet. Die Polizei schätzt die Zahl der Teilnehmer um 11.30 Uhr auf etwa 3000. Ziel war die Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Städtischen Zentralfriedhof Friedrichsfelde in der Gudrunstraße. Die Kundgebung endete gegen 14 Uhr an der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Städtischen Zentralfriedhof Friedrichsfelde in der Gudrunstraße. Die Teilnehmer legten dort rote Nelken ab.
Am Morgen, vor den ganzen Tumulten, versammelten sich auf dem Zentralfriedhof schon Dutzende Menschen und legten Blumen ab. Friedlich gedachten sie Karl und Rosa. Darunter auch die Parteimitglieder der Linken, Franziska Brychcy und Maximilian Schirme.
In Berlin wird jährlich der Ermordung der Kommunistenführer Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg am 15. Januar 1919 gedacht. Anfang Januar 1919 hatte ein Revolutionsausschuss unter Liebknecht, Mitbegründer der Kommunistischen Partei, die Regierung des Sozialdemokraten Friedrich Ebert für abgesetzt erklärt. Es gab Massendemonstrationen. Der Spartakusaufstand wurde niedergeschlagen.
Wenige Tage nach den blutigen Kämpfen wurden die untergetauchten Führer des Spartakusbunds, Luxemburg und Liebknecht, am 15. Januar 1919 von Mitgliedern einer Bürgerwehr festgenommen. Die beiden Köpfe der revolutionären Bewegung wurden verschleppt und verhört. Anschließend erschossen rechtsgerichtete Soldaten Liebknecht im Tiergarten. Luxemburg wurde ebenfalls nach dem Verhör in einem Auto erschossen. Ihre Leiche warfen die Soldaten in den Landwehrkanal, dort wurde sie erst Ende Mai 1919 gefunden.
Pro-Palästina-Demo: Schon sieben Anzeigen am Sonnabend
Schon am Tag zuvor gab es so eine Art Vorglühen des Pro-Palästina-Blocks auf die Demo. Am Samstagmittag startete am Neptunbrunnen in der Nähe des Alexanderplatzes die Demonstration „Solidarität mit Palästina – Stoppt den Gaza Genozid – Keine Waffen für Israel“. Auch die blieb nicht friedlich.
Die Berliner Polizei hat sieben Strafanzeigen gestellt: Es geht um Beleidigung, Körperverletzung, das Verwenden von verfassungsfeindlichen Symbolen, die öffentliche Aufforderung zu Straftaten und den Verstoß gegen das Vereinsgesetz, wie eine Polizeisprecherin sagte.

Sieben Männer und zwei Frauen seien vorläufig festgenommen worden, um die Personalien festzustellen. Nach Angaben der Polizei nahmen an der Demo 450 Personen teil. ■