Berlin freut sich auf eine neue Runde von „Cabaret“. Der Musical-Welterfolg, der im Jahr 2004 mit Anna Loos als Sally Bowles Premiere in der Bar jeder Vernunft feierte, ist mit wechselnden Besetzungen ein Dauerbrenner im Berliner Kulturkalender. Neuester Coup der Kult-Truppe (Inszenierung von Vincent Paterson, Kostüme von Fiona Bennett): Die große Daniela Ziegler übernimmt für einen Monat den Part des Fräulein Schneider.
Man fragt sich natürlich sofort: Wieso war bisher niemand auf die Idee gekommen, die Schauspielerin und Sängerin für diesen so wichtigen Part des Stücks zu engagieren? Angela Winkler war sicher gut in der Rolle und auch ihre Nachfolgerinnen hatten Erfolg. Aber mit Daniela Ziegler weht jetzt zum ersten Mal ein Hauch von Weltläufigkeit durchs „Cabaret“-Zelt.
Dem KURIER sagte die Schauspielerin, ihr sei es eine große „Freude, in dieser legendären Inszenierung von ,Cabaret‘ im 20-jährigen Jubiläum dabei sein zu können“.
Ziegler lernte das Musicalfach in New York kennen und lieben, sie ist nicht nur eine facettenreiche Darstellerin, sondern auch eine vorzügliche Sängerin. Eine, die die Zwischentöne beherrscht. Und das ist wichtig beim Fräulein Schneider. Denn das „Fräulein“ ist eigentlich die entscheidende Figur im ganzen Musical, der Dreh- und Angelpunkt des Geschehens.
Daniela Ziegler ist genau die Richtige für „Cabaret“
Im Gegensatz zu den jungen und teils sorglosen Hauptfiguren wie Sally Bowles und Clifford Bradshaw, repräsentiert das Fräulein Schneider eine ältere, bodenständigere Perspektive. Ihre Erfahrungen und Entscheidungen bieten einen deutlichen Kontrast zu den Idealen und Träumen der jüngeren Generation, und sie bringen eine tiefergehende Dimension in die Handlung.
Das Musical, das zur Zeit der nationalsozialistischen Machtergreifung spielt, zeigt, wie Menschen mit totalitären Umbrüchen umgehen, sich verbiegen oder auch dagegenhalten. Fräulein Schneider ist dem politischen und sozialen Druck nicht gewachsen. Die Zimmerwirtin löst ihre Verlobung mit ihrem Gast Herrn Schultz, nachdem sie feststellen musste, dass er Jude ist. Das auf eine nachvollziehbare und zutiefst menschliche Weise darzustellen, dazu bedarf es schon der Fähigkeiten einer exzellenten Darstellerin. Und Daniela Ziegler – die ist genau die Richtige dafür.
Berlin-Mucical „Cabaret“ mit Daniela Ziegler ist hochaktuell
Dem KURIER erklärte sie: „Fräulein Schneider entscheidet sich gegen die Ehe mit dem jüdischen Obsthändler ja nicht aus Ignoranz, sondern aus purer Existenznot. Und das ist für mich der Knackpunkt: Wie bekomme ich es hin, dies so zu erzählen, dass diese Figur verständlich bleibt – ohne dass man sagt: Naja, die ist auch nur eine, die mitmacht ... Also die Tragik und Not mitzuerzählen, die dieser Rolle zugrunde liegt. Fräulein Schneider symbolisiert die Menschen, die sich den äußeren Umständen anpassen müssen, um zu überleben.“
Man darf also gespannt sein, wie Daniela Ziegler ihre Rolle performt. Die Neubesetzungspremiere ist am 6. August im Tipi am Kanzleramt in Berlin. Deutlich gewollt sind übrigens die Parallelen zu unserer heutigen Rechtsruck-Gesellschaft. Sie machen das Musical hochaktuell.
Und Daniela Ziegler, macht ihr das Angst, wie sich unser Miteinander in Berlin und im Land derzeit entwickelt? „Ich persönlich gehe angstfrei überall hin“, sagt sie. „Aber Freunde von mir meiden tatsächlich bestimmte Ecken. Und man liest ja auch immer wieder von Übergriffen.“
„Cabaret – Das Berlin-Musical“ im Tipi am Kanzleramt, Große Querallee, 10557 Berlin. Special Guests im Sommer 2024: Daniela Ziegler als Fräulein Schneider und Helmut Mooshammer als Herr Schultz. Karten ab 24,78 Euro im KURIER-Ticketshop. ■