Bye, bye Doris

Seit 50 Jahren lässt diese Berlinerin die Stadt funkeln – jetzt ist Schluss

Doris Pfundt und ihre Familie richten an diesem Wochenende zum letzten Mal die Messe „Mineralis“ unterm Funkturm aus. Hier findet jeder seinen Stein.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Seit 50 Jahren ein Herz für Steine: Doris Pfundt organisiert die Messe Mineralis. Ihr Lieblngsstein ist der Bergkristall, auch wenn die Chefin hier einen Amethyst hält.
Seit 50 Jahren ein Herz für Steine: Doris Pfundt organisiert die Messe Mineralis. Ihr Lieblngsstein ist der Bergkristall, auch wenn die Chefin hier einen Amethyst hält.Markus Wächter/Berliner Kurier

Diese Messe ist einfach zum Steinerweichen schön! Seit fünfzig Jahren funkelt es immer im November in Berlin, wenn Doris Pfundt und ihre Familie Stein-Sammler, Mineralien-Maniacs, Fossilien-Fans und Edelstein-Enthusiasten zur „Mineralis“-Messe rufen. Doch das diesjährige 50. Jubiläum ist zugleich ein Abschied. Denn mit 77 Jahren sagt Berlins Herrin der Steine Doris Pfundt „Tschüss, Mineralis.“ Nur Steine sind für die Ewigkeit gemacht, Messe-Chefinnen hingegen haben sich den Ruhestand irgendwann redlich verdient.

Hobby zum Beruf gemacht

Dabei wollte Doris Pfundt eigentlich nie Messe-Chefin werden. Doch aus einem Hobby, das sie mit ihrem Mann Wolfram pflegte, wurde in den letzten 50 Jahren eine Berliner Institution. Auch in diesem Jahr kommen wieder 130 Händler und Aussteller aus aller Welt und bieten ihre außergewöhnlichen Schönheiten an.

Als Doris Pfundt durch die Halle 17 geht, während die Aussteller ihre Stände aufbauen, wird sie von allen Seiten begrüßt. „Wir kennen uns alle und sind wie eine Familie“, sagt sie.

An diesem Wochenende findet zum 50. Mal die Messe Mineralis statt.
An diesem Wochenende findet zum 50. Mal die Messe Mineralis statt.Markus Wächter/Berliner Kurier

Urlaub mit Hammer und Meißel

Wenn Doris Pfundt sich an ihre Anfangszeit in Sachen Edelsteine erinnert, dann sind da die Urlaube mit ihrem Mann und den Kindern. „Im Urlaubsgepäck hatten wir eigentlich immer Geologenhammer und Meißel dabei“, erinnert sich die 77-Jährige. „Wir blickten immer nach unten, auf der Suche nach Steinen.“ Wo andere im Meer schwimmen oder Wandern gehen, zog es die Pfundts seit Ende der 1960er Jahre in aufgelassene Abbaugruben und Halden im Harz, im Schwarzwald, auf Elba oder Sardinien.

Auch auf Mineralientauschbörsen tummelte sich die steinverrückte Familie und beschließt, 1975 die erste Mineralienmesse in Westberlin zu veranstalten. „Im Osten gab es das Naturkundemuseum mit seiner großen Mineraliensammlung, im Westen gab es nix“, sagt Doris Pfundt.

Mit den Mineralien-Schätzen durch die Zone

„Klar hatten manche Aussteller Angst, wenn sie mit ihren Waren durch die Zone im Osten mussten“, sagt Doris Pfundt. Dennoch ist die erste Schau in der Kongresshalle im Tiergarten ein voller Erfolg.  „Das war damals etwas total Neues.“

22 Jahre lang veranstalten Doris und Wolfram Pfundt die Messe gemeinsam, auch die beiden Kinder sind immer dabei. Als die angemietete Kongresshalle im Tiergarten 1980 einstürzt, ziehen sie mit der jährlichen Messe in die Hallen unterm Funkturm um.

Nach Wolfram Pfundts Tod im Jahr 1996, gibt es für Doris keinen Zweifel: Sie führt das Vermächtnis ihres Mannes mithilfe der Familie weiter.

Filigraner Schmuck mit Edelsteinen.
Filigraner Schmuck mit Edelsteinen.Markus Wächter/Berliner Kurier

Amethyst, Bergkristall, Achat oder Rosenquarz, es gibt kaum einen Edelstein, den es an diesem Wochenende in der Halle 17 nicht gibt. Auch heute, nach so vielen Jahren ist Doris Pfundt noch begeistert von der Vielfalt, die die Natur mit den Steinen bietet. An den Ständen wird die große, funkelnde Bandbreite sichtbar.

Bei Roy Jansen aus den Niederlanden etwa liegen knallig türkisfarbene Knollen in den Kisten: „Chrysocolla aus dem Kongo“, sagt er und hebt zu einem kundigen Vortrag über die Entstehung der krassen Knollen an. Laien werden hier auf jeden Fall klüger und Experten können fachsimpeln bis zum Abwinken.

Roy R. Jansen zeigt türkisfarbene Knollen aus dem Kongo. Zu jedem Stück hat er jede Menge zu erzählen.
Roy R. Jansen zeigt türkisfarbene Knollen aus dem Kongo. Zu jedem Stück hat er jede Menge zu erzählen.Markus Wächter/Berliner Kurier

Welcher Stein passt zu mir?

Auf der Messe gibt es Opale aus Australien, Meteoriten aus Afrika, Bergkristalle und vieles mehr. Am Stand von Abdul aus Marokko begeistern versteinerte Haifischzähne und Mosasaurier-Zähne schon die Kleinsten. 450 Millionen Jahre alte versteinerte Asseln, die im Wasser lebten, Trilobiten, lassen die Besucher staunen.

Bei Abdul kann man Fossilien aus der Sahara kaufen.
Bei Abdul kann man Fossilien aus der Sahara kaufen.Markus Wächter/Berliner Kurier

Bei Werner Büge, der einmal im Monat sein großes Lager in Strausberg für Interessierte öffnet, kann man seltene rosa Amethyste bewundern. Der Mann ist, wie so viele hier, vom Steinfieber infiziert und fährt sogar bis nach Brasilien, um selber Amethyste aus dem Berg zu hauen.

Werner Büge aus Strausberg zeigt ein Foto, wie er selber in Brasilien Steine birgt.
Werner Büge aus Strausberg zeigt ein Foto, wie er selber in Brasilien Steine birgt.Markus Wächter/Berliner Kurier

Das Publikum, sagt Doris Pfundt, sei bunt gemischt. „Der Vater kommt mit der Tochter, der Opa mit dem Enkel. Es ist schön, wenn Kinder an das Thema herangeführt werden“, findet Doris Pfundt. Egal ob Heilsteine für Wasser und Wohnung oder Raritäten für die Vitrine, hier findet jeder seinen Stein. Und auch wenn die Pfundts sich mit dieser Jubiläums-Messe verabschieden, können Besucher auch in Zukunft weiterhin zu Berlins funkelndster Messer kommen. Ab dem kommenden Jahr allerdings unter der Leitung der Messe Berlin.

Die internationale Mineralien-, Fossilien- und Schmuckbörse Mineralis ist eine dreitägige Fach- und Publikumsmesse für Mineralogen, Sammler und Händler. Auf rund 3000 Quadratmetern werden in der Messehalle 17 unter dem Funkturm Kristalle, Edelsteine und Fossilien zum Kauf, Verkauf und Tausch angeboten. Öffnungszeiten: Freitag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Eintritt 9, 7, 5 Euro.