Ein Verkehrsdelikt begangen und trotzdem kein Bußgeld gezahlt? Für viele Berliner Autofahrer wurde dieser Traum 2024 offenbar Wirklichkeit. Tausende Verfahren mussten eingestellt werden – einfach, weil die Bußgeldstelle nicht hinterherkam.
Allein zwischen Januar und September verjährten 33.736 Ordnungswidrigkeiten, weil die Bearbeitung zu lange dauerte, schreibt der „Tagesspiegel“ (Bezahlschranke). Das geht aus einem aktuellen Bericht der Senatsinnenverwaltung hervor.
Eigentlich verjähren Verkehrsverstöße erst nach drei Monaten, doch in der Masse macht sich auch ein kleiner Prozentanteil bemerkbar. Im genannten Zeitraum lag die Quote der Verjährungen zwar nur bei 1,17 Prozent, doch das summierte sich auf eine beeindruckende Zahl. Und das, obwohl die Innenverwaltung keinen direkten Zusammenhang zwischen der hohen Zahl an verjährten Verfahren und dem Personalstand sieht.
Vielmehr seien Probleme wie unbekannte Fahrzeughalter-Adressen oder nicht umgemeldete Autos die eigentlichen Ursachen. Eine personelle Aufstockung in der Bußgeldstelle würde daher kaum Abhilfe schaffen, heißt es in dem Bericht.
Jedes zehnte Verfahren landet im Papierkorb
Doch nicht nur wegen Verjährung bleiben viele Autofahrer straffrei. Insgesamt wurde mehr als jedes zehnte Bußgeldverfahren in Berlin aus „weiteren Sach- und Rechtsgründen“ eingestellt, so der „Tagesspiegel“. 291.728 Fälle wurden demnach frühzeitig beendet – das entspricht 10,12 Prozent aller registrierten Verstöße. Wie hoch der finanzielle Schaden für das Land Berlin dadurch ist, bleibt unklar.

Und das Chaos geht noch weiter. Zwischen Oktober und Dezember 2024 sammelten sich laut der Gewerkschaft der Polizei weitere 50.000 unbearbeitete Fälle an. Diesmal war jedoch nicht die Bußgeldstelle schuld, sondern der externe Dienstleister Atos.
Eigentlich sollte das Unternehmen die handschriftlich erfassten Anzeigen digitalisieren und bearbeiten, doch akuter Personalmangel legte das System lahm. Die Berliner Polizei gibt sich trotzdem entspannt: Zusätzliche Verjährungen werde es deshalb nicht geben, versicherte ein Sprecher Ende Januar.