Brandenburger Attraktion

Mumie von Ritter Kahlbutz untersucht – DAS wurde gefunden

Noch nie wurde die berühmteste Mumie Brandenburgs mit modernen wissenschaftlichen Methoden untersucht. Nun kam der Leichnam in Neuruppin ins CT und offenbarte Skurriles.

Author - Stefanie Hildebrandt
Teilen
Prof. Andreas Winkelmann, Anatomieprofessor an der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB), bei der ersten Begutachtung der Mumie des Ritters Kahlbutz. 
Prof. Andreas Winkelmann, Anatomieprofessor an der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB), bei der ersten Begutachtung der Mumie des Ritters Kahlbutz. MHB/ dpa

Herrlich gruseln kann man sich in einer Gruft bei Neustadt (Dosse). Dort liegt seit Jahrhunderten der geheimnisvolle Ritter Christian Friedrich von Kalebuz, so wird sein Name im Kirchenbuch geschrieben. Christian Friedrich von Kahlbutz, märkischer Edelmann und womöglich Bösewicht, erlangte nach seinem Tod Berühmtheit, weil sein Leichnam einfach nicht verwesen will. Touristen pilgern daher in die Dorfkirche Kampehl, Wissenschaftler forschen an der Mumie. Nun ging der staubtrockene Ritter auf seine alten Tage noch einmal auf die Reise.

Ein Team von Ärzten und Forschern aus Neuruppin hat den Leichnam untersucht und eine skurrile Entdeckung gemacht. Im Universitätsklinikum in Neuruppin wurde die rätselhafte Mumie dazu in den Computertomografen (CT) geschoben und durchleuchtet, wie die Medizinische Hochschule Brandenburg mitteilte. 

Mumie im CT – bisher wurde sie noch nicht untersucht

„Seit mehr als hundert Jahren ist der Ritter Kalebuz auch eine touristische Attraktion. Der uralte Körper wurde aber noch nie umfassend wissenschaftlich untersucht“, sagte der Professor für Anatomie an der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB), Andreas Winkelmann. Er habe dies nun gemeinsam mit einem Team von Experten nachgeholt. Mumienforscher und Archäologen waren ebenfalls beteiligt.

Der Radiologe Dr. Reimund Parsche hat die Mumie des Ritters Kalebuz per Computertomografie untersucht. 
Der Radiologe Dr. Reimund Parsche hat die Mumie des Ritters Kalebuz per Computertomografie untersucht. MHB / dpa

Bleistift in Brusthöhle der Mumie gefunden

Die erstaunlichste Entdeckung bei der CT-Untersuchung der Mumie war laut Hochschule ein Bleistift in der Brusthöhle. Es handele sich um einen gebrauchten Bleistift, vermutlich aus den Jahren zwischen 1900 und 1920, so Winkelmann. Die Mumie weise eine größere Öffnung im Brustkorb auf – vermutlich aufgrund einer Gewebeentnahme im Jahr 1895 durch den Mediziner Rudolf Virchow. Durch diesen Defekt sei der Bleistift in den Körper gelangt. „Dies reiht sich in bekannte Geschichten über den einen oder anderen Schabernack ein, der mit der Mumie in früheren Jahrhunderten getrieben wurde“, sagte Winkelmann.

So soll die Mumie  1913 in das Brautbett einer frischvermählten Braut gelegt worden sein. Anfang des 20. Jahrhunderts war sie laut Überlieferungen mehrere Jahre in einem Wartezimmer eines Neustädter Arztes ausgestellt und soll Ohnmachtsanfälle bei den Patienten ausgelöst haben. Auch sollen Schuljungen die Mumie als Streich auf das Dach der Schule gehievt haben. 

Von der Kleidung, in der Kahlebutz bestattet wurde, blieb kaum etwas übrig. Lediglich seine Stiefel, eine Totenmütze und einige Fetzen von Ordensbändern waren erhalten geblieben. In den 1930er-Jahren brachen Studenten in die Gruft ein, stahlen die Stiefel und seinen Harnisch, der dort ausgestellt war. Einige Wochen später schickten sie einen Stiefel zurück und teilten mit, dass das Bier, das sie aus dem Stiefel tranken, vorzüglich geschmeckt habe. 

Rundlicher Gegenstand in der Mundhöhle der Mumie

Bei der jüngsten Untersuchung fanden die Experten in der Mundhöhle der Mumie einen rundlichen Metallgegenstand, der dem Leichnam mitgegeben worden sei. Dabei könnte es sich am ehesten um eine Münze oder ein Amulett handeln. „Da der Mund der Mumie zu eng geschlossen ist, kann man diesen Gegenstand nur durch einen Schnitt ins Gewebe bergen – ob man das dem Ritter antut oder ihm dieses Geheimnis lässt, wird der zuständige Gemeindekirchenrat noch entscheiden“, so Winkelmann zu möglichen weiteren Nachforschungen.

Der Mythos um den Ritter und ein Fall für die Justiz?

Als die Kirche in Kampehl Ende des 18. Jahrhunderts restauriert wurde, öffneten die Handwerker die Gruft. Zwei Leichen seien vollständig verwest gewesen, die vom nackten Ritter Kalebuz aber nicht, wie es der Kirchenkreis schilderte. Es gibt die Überlieferung, dass der Ritter von Dienstmägden das „Recht der ersten Nacht“ forderte. Eine junge Frau weigerte sich. Als ihr Verlobter später starb, wurde der Ritter des Mordes verdächtigt. Unter Eid soll er gesagt haben: „Wenn ich doch der Mörder bin gewesen, dann wolle Gott, soll mein Leichnam nicht verwesen.“

Todesursache bleibt nach mehr als 300 Jahren unklar

Starb Kalebuz an Tuberkulose? DNA des Tuberkulose-Erregers sei nicht eindeutig nachweisbar, ausgeschlossen sei diese Todesursache aber trotzdem nicht, teilte die Hochschule mit. Die Untersuchungen wiesen außerdem auf einen 50- bis 60-jährigen Mann hin, der im frühen 18. Jahrhundert starb. Das Skelett sei recht gesund gewesen.

Wahrscheinlich ist demnach auch, dass die Leiche auf natürliche Weise ausgetrocknet ist. Hinweise auf eine künstliche Mumifizierung wurden nicht gefunden, wie es hieß. „Der Leichnam wird durch einen guten Luftzug in dem Doppelsarg, der auf vier Füßen steht, schnell ausgetrocknet und dadurch mumifiziert sein.“

Übrigens: Ritter Kahlebutz ist nicht die einzige erhaltene Mumie in Brandenburg: In Illmersdorf sind gleich elf mumifizierte Leichname, acht Erwachsene und zwei Kinder sowie ein Säugling, in zehn Särgen erhalten. Fünf davon können in der Gruft in der Dorfkirche Illmersdorf bei Drebkau besichtigt werden. ■