Nichts geht mehr. Das Tesla-Werk in Grünheide steht nach dem Brandanschlag und einem Stromausfall auch am Mittwoch still. Der US-Autobauer rechnet nicht damit, dass die Produktion in dieser Woche wieder anlaufen kann und spricht von Hunderten Millionen Dollar Schaden, die die Attacke von Linksextremisten verursacht hat.
Die Folgen des Stromausfalls sind Tesla zufolge gewaltig: „Wir rechnen aktuell nicht damit, dass wir im Laufe dieser Woche die Produktion wieder hochfahren können“, sagte Werksleiter André Thierig. „Fast alle der rund 12.000 Beschäftigten mussten am Dienstag wegen des Produktionsstillstandes nach Hause geschickt werden.“ Thierig sprach von einem Schaden „im hohen neunstelligen Bereich“. Neunstellig. Das heißt, dass Tesla von Hunderten Millionen Dollar spricht.
Auf dem Tesla-Fabrikgelände laufen jetzt mobile Stromgeneratoren
Auf dpa-Fotos ist zu sehen, wie jetzt auf dem Tesla-Gelände mobile Stromgeneratoren in Betrieb sind, die anscheinend dafür sorgen, dass zumindest elektrische Türen wieder zu öffnen sind. Vor dem Werk stauen sich Lastwagen. In Grünheide werden seit knapp zwei Jahren Elektroautos gebaut. Das Unternehmen will seine Produktion in Grünheide von geplanten 500.000 Autos im Jahr auf eine Million hochfahren. Der Werksleiter sagte: „Ob das jetzt einen Einfluss hat auf den weiteren Ausbau der Fabrik, kann ich an der Stelle nicht sagen.“

Nach dem Anschlag auf die Stromversorgung von Tesla hat der Energienetzbetreiber mit einer Begutachtung des technischen Schadens am Hochspannungsmast begonnen. Das teilte das Unternehmen Edis am Mittwoch mit. Zudem prüfen Statiker die Standfestigkeit des beschädigten Strommasts. Edis wollte am späten Mittwochnachmittag noch abschätzen, wie die nächsten Arbeitsschritte für ine Reparatur aussehen können.
Der gewaltsame Protest gegen das US-Unternehmen von Elon Musk schockiert Brandenburgs Landesregierung. Sie spricht von einem perfiden Anschlag und warnte vor einer Form von Terrorismus. Zuvor schrieb die als linksextremistisch eingestufte „Vulkangruppe“, dass sie sich zu der Brandstiftung bekenne: „Wir haben heute Tesla sabotiert.“ In einer Mail wurden Tesla „extreme Ausbeutungsbedingungen“ vorgeworfen und eine „komplette Zerstörung der Gigafactory“ gefordert.
„Dies hat mit Protest nichts zu tun. Das sind Kriminelle“, sagte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Dienstagabend in der RBB-Sendung „Brandenburg aktuell“. „Das sind Verbrecher und wir werden sie jagen mit allen Mitteln, die unser Rechtsstaat zur Verfügung stellt.“ Die „Vulkangruppe“ ist dem Verfassungsschutz bekannt. Sie stand bereits im Jahr 2021 im Verdacht, einen Brandanschlag auf die Stromversorgung der Tesla-Baustelle verübt zu haben.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verurteilt den mutmaßlichen Brandanschlag: „Wenn sich ein linksextremistisches Motiv bestätigt, dann ist das ein weiterer Beleg, dass in der linksextremistischen Szene vor Angriffen auf kritische Energie-Infrastrukturen nicht zurückgeschreckt wird.“ Das vom Linksextremismus ausgehende Gefährdungspotenzial sei nach wie vor hoch, sagte Faeser zudem der Rheinischen Post. Und das Personenpotenzial gewaltbereiter Autonomer sei zuletzt weiter angewachsen.
Tesla-Werksleiter Thierig reagiert bestürzt. „Für uns ist das wirklich ein Anschlag auf diese Industrieansiedlung hier in Brandenburg. Wir haben über 12.000 Mitarbeiter, die wir jetzt momentan nicht weiter beschäftigen können.“ Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) stellt sich demonstrativ an die Seite des Unternehmens. Dies sei „nicht nur ein Anschlag auf Material, sondern auch auf die Menschen, die hier arbeiten“, sagte er. „Wir wollen, dass Tesla hier an diesem Standort weiter produziert, dass sie das Vertrauen wieder zurückgewinnen, was am heutigen Tag erst mal verloren gegangen ist.“
Brandenburgs Wirtschaftsminister spricht von „terroristischen Aktivitäten“
Das Land werde alles tun, solche Vorfälle zu verhindern – „soweit man das bei terroristischen Aktivitäten kann“. Laut Steinbach werden nun auch die Sicherheitsvorkehrungen für die kritische Strominfrastruktur geprüft und verstärkt.
Tesla-Chef Elon Musk hat nach Angaben von Wirtschaftsminister Jörg Steinbach sachlich auf den Anschlag reagiert, der das Werk in Deutschland vorerst lahmlegt. Steinbach telefonierte am Dienstag mit dem Unternehmenschef. „Elon Musk war sehr sachlich und souverän in der Reaktion“, sagte Steinbach dem Tagesspiegel. „Es bestand sofort Einigkeit, dass als Reaktion nichts passieren darf, was den Attentätern einen Erfolg gegönnt hätte. Gleichzeitig hat er natürlich sowohl eine solidarische Reaktion als auch konkrete vertrauensbildende Reaktionen zur Unterstützung des Unternehmens und seiner Beschäftigten eingefordert.“
Nach Ansicht des Ministers sind nach dem Anschlag keine negativen Folgen für die Ansiedlung absehbar. Bei adäquater Reaktion aller Brandenburger Kräfte – wenn Landesregierung, Polizei und andere das sicher gerade angeschlagene Vertrauensverhältnis in den Standort wiederherstellen – seien keine Konsequenzen zu erwarten, sagte Steinbach. „Das ist übrigens auch der Tenor in den Gesprächen, die ich nach dem Anschlag mit dem Tesla-Verantwortlichen Rohan Patel in den USA geführt habe und führe.“

Nach dem mutmaßlichen Brandanschlag prüft die Landesregierung auch Konsequenzen für ein Protestcamp von Kritikern in einem Wald in der Nähe des Werks. „Das kann auch die Beendigung der Duldung bedeuten“, sagt Wirtschaftsminister Steinbach.
Zuletzt hieß es, das vergangene Woche errichtete Camp mit Baumhäusern werde bis Mitte März geduldet. Die Umweltaktivisten wiesen einen Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Anschlag zurück. „Mit unseren Körpern und Baumhäusern stellen wir uns der Erweiterung der Fabrik entgegen. Dabei gefährden wir keine Menschenleben“, teilt die Initiative „Tesla stoppen“ mit.
Von dem Brandanschlag waren am Dienstag auch viele Tausend Berliner und Brandenburger betroffen, bei denen der Strom ausfiel – etwa in Erkner, Gosen-Neu Zittau, Woltersdorf und die Grünheider Ortsteile Fangschleuse und Freienbrink. Auch etwa 2000 Haushalte in den Berliner Stadtteilen Rahnsdorf und Müggelheim, die vom Umspannwerk Erkner versorgt werden, waren plötzlich ohne Strom – und das über Stunden.
Am Abend fiel dann in drei Berliner Stadtteilen erneut der Strom aus, rund 1950 Haushalte und 90 Gewerbebetriebe blieben für fast eine halbe Stunde ohne Strom. Betroffen waren jeweils mehrere Straßenzüge in den Stadtteilen Müggelheim, Neukölln und Rahnsdorf. Die Störung sei diesmal auf einen Kabelfehler zurückzuführen, teilte die Polizei mit. Demnach wurde die Störung gegen 20.40 Uhr behoben. ■