Zu DDR-Zeiten war das Gelände am Seddinsee Hochsicherheitsgebiet. Rings um die Straße Am Zwiebusch hatte sich die DDR-Auslandsspionage eingegraben. Im wahrsten Sinne des Wortes. In einem riesigen Bunker, der als „Ausweichführungsstelle“ im Krisenfall gedacht war. Ein weiterer Teil der Anlage öffnet jetzt im Oktober erstmals für Besucher.
Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) hatte den Bunker am Rande der brandenburgischen Gemeinde Gosen-Neu Zittau im Jahr 1984 für Spionagechef Markus Wolf errichten lassen – als geschützte „Ausweichführungsstelle“ der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A). Nur gut 200 Meter vom See entfernt, in einem natürlichen Erdkessel. Am 10. Mai 1984 wurde die Anlage Markus Wolf übergeben.
Das geheime Stasi-Areal: Mit Schwimmhalle und Schießanlage
Der Bunker K81/1 sollte als geheimer Standort für Krisenfälle zur Koordinierung der Spionage im Ausland dienen. Planungen und Bau erfolgten seit 1979 unter strengster Geheimhaltung, schon Jahre zuvor wurde 240 Grundstückseigner zum Verkauf gezwungen. Das Gelände diente gleichzeitig als zentrale Ausbildungsstätte für die DDR-Agenten – getarnt als Versorgungseinrichtung für den Ministerrat" (VEM).
Zu dem 32 Hektar großen Areal gehörten einst nicht nur Bunkeranlagen, sondern auch eine Schwimmhalle, Friseursalon, Schießstand, Kinosaal oder Agenten-Internat. Nach dem Ende der DDR stand die Anlage zunächst für viele Jahre leer. Erst seit 2019 ist der Bunker wieder zugänglich, Teile der einst geheimen Anlage können besucht werden. Anders verhielt es sich bisher mit dem Agenten-Kino.
Zum 35. Jahrestag der Wiedervereinigung wird der Kinosaal auf dem Areal des früheren Stasi-Bunkers in der Nähe von Berlin für Filmvorführungen geöffnet. Am Originalschauplatz wird am 3. und 4. Oktober die Dokumentation von Jürgen und Daniel Ast „Inside HV A“ gezeigt, wie der Verein Bunker-Dokumentionsstätten mitteilt.

Der Film gibt Einblicke in die Geschichte und Arbeitsweise der Auslandsspionage „Hauptverwaltung Aufklärung“. Die beiden Filmemacher aus Berlin haben dafür viele Zeitzeugen interviewt – darunter vor seinem Tod Spionagechef Markus Wolf und Mitstreiter aus seinem Führungsbereich. Die HV A, „ein Mythos, ein Tarnkappenbomber Moskaus, der oft unter dem Radar der westlichen Geheimdienste flog. Ein Schattenreich, eine Black Box,“ so der Film, wird durchleuchtet. Jürgen Ast wird erklären, wie sie das Schweigen geknackt und so viele Spionage-Hochkaräter vor die Kamera bekommen haben.
In Gosen: Der Kinosaal sieht noch wie 1988 aus
Besucher erleben dabei eine Zeitreise: In dem rund 500 Quadratmeter großen Saal scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die 308 mintgrün gepolsterten Kinosessel inmitten von Parkett sehen so aus wie zu Zeiten des Kalten Krieges. „Seit 1988 hat sich in diesem ehemaligen Hochsicherheitsbereich schlicht nichts verändert“, schildert Jörg Diester vom Verein Bunker-Dokumentationsstätten.

Seit 2019 ist das einst höchst geheime Bauwerk unter der Erde ein Lernort für Geschichte. Interessierte können die Führungen zur Geschichte des Bunkers oder zur technischen Ausstattung online buchen. Auch für die Filmvorführung ist eine Anmeldung nötig. Der Eintrittspreis für die dreistündige Veranstaltung am 3. und 4. Oktober beträgt 30 Euro, Beginn 18 Uhr. (mit dpa)