Razzia bei Radikalen

„Compact“-Stadt Falkensee: Hier fühlt sich auch der Schwurbler wohl

Die Gartenstadt Falkensee bei Berlin ist ins Gerede gekommen. Hier schwurbeln Rechtsradikale rum und demokratische Politiker werden ausgepfiffen. 

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Das Ortsschild von Falkensee.
Das Ortsschild von Falkensee.Schöning/imago

Falkensee ist eine schnell wachsende Stadt westlich von Berlin. Für die, die dort leben, ist sie ein kleines Idyll. Auch das Magazin „Compact“ kommt von dort. Im Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2023 ist die Stadt mehrfach erwähnt. Jetzt gab es eine Razzia, die es in sich hat.

Eine Razzia am frühen Morgen in einer beschaulichen Stadt bei Berlin: Falkensee im Havelland in Brandenburg hat mehr als 45.000 Einwohner, sie ist schnell gewachsen – 1999 waren es 30.000 Einwohner. Falkensee, auch Gartenstadt genannt, ist auch Sitz des Magazins „Compact“, das Bundesinnenministerin Nancy Faeser verboten hat und das die Verfassungsschutzbehörden im Bund und in Brandenburg seit 2021 als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung unter Beobachtung haben.

Zwischenrufe bei Reden von Scholz und Baerbock in Falkensee

Im vergangenen Jahr waren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock kurz hintereinander im Bürgermeisterwahlkampf zu Gast. Scholz wurde bei dem Europafest im Juni 2023 angeschrien und ausgebuht. Er war dort, um SPD-Kandidatin Cornelia Nietsch-Hach zu unterstützen. Eine Gruppe rief laut „Kriegstreiber“, „Frieden schaffen ohne Waffen“ und „Hau ab!“.

Scholz verteidigte die Unterstützung der Ukraine gegen den Angriffskrieg Russlands: Russlands Präsident Wladimir Putin sei „der Kriegstreiber“, „der hier von euch ausgeschrien wird, wenn ihr irgendeinen Verstand in euren Hirnen hättet“, hielt er dagegen. Wenige Tage zuvor wurde Baerbock bei einem Wahlkampfauftritt der Grünen-Kandidatin Julia Concu mit Zwischenrufen konfrontiert.

Falkensee ist im Kern noch sehr dörflich.
Falkensee ist im Kern noch sehr dörflich.Schöning/imago

Die Wahl gewann der parteilose Kandidat Heiko Richter. Der Veranstaltungsmanager, der als Einzelbewerber antrat, ist stadtbekannt: Er hatte früher eine beliebte Kneipe und unterhielt später die Stadthalle.

Corona-Demos auch in Falkensee

Der jüngste Verfassungsschutzbericht Brandenburg listet die Stadt gleich ein paar Mal auf. „Im Jahr 2023 waren in Brandenburg erneut Extremisten an Protesten gegen die Corona-Schutzmaßnahmen sowie gegen die deutsche Unterstützung für die Ukraine beteiligt“, heißt es darin. Die Teilnehmerzahlen seien rückläufig gewesen, aber es habe regelmäßige Proteste gegeben, so zum Beispiel in Falkensee. Ein Szene-Aktivist und ehemaliger Partymusiker drohte der Polizei bei einer Kundgebung im Streit um Corona-Maßnahmen in Falkensee 2023 öffentlich mit Konsequenzen: „Euch werden wir vor Gerichte stellen“, zitiert ihn der Bericht.

Im Jahr 2023 sorgte ein Auftritt in der Stadthalle für Aufsehen. Ein mutmaßlicher Anhänger von Verschwörungsmythen trat dort auf. Ein Bürger-Bündnis protestierte gegen eine Feier, zu der der Mann aus Baden-Württemberg kam. Er gilt als Akteur der QAnon-Szene, die vor allem im Internet Verschwörungstheorien verbreitet. Der Mann sagte jedoch dem RBB, er habe mit QAnon nichts zu tun.

Debatte um Auftritt in Falkensee

Auch überregional gab es Forderungen an die Stadt, die Stadthalle nicht für Veranstaltungen mit Anhängern von Verschwörungsideologien zu vermieten. Der damalige Bürgermeister Heiko Müller (SPD) sah aber nach eigenen Angaben keine Möglichkeit, die Veranstaltung zu verhindern und verwies auf Gleichbehandlung, da die Stadthalle auch für andere politische Veranstaltungen vermietet werde.

In diesem Jahr wandte sich das Bündnis „Falkensee zeigt Haltung“ gegen Rechtsextremismus. Brandenburgs Vize-Ministerpräsidentin und Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne), die Wahl-Falkenseerin ist, schrieb bei X: „Menschenkette gegen Rechts in Falkensee – wir sind die Brandmauer“.

Aber Falkensee ist natürlich nicht nur die Heimat von Schwurblern und radikalen Wirrköpfen. Die Stadt hat sich in den letzten Jahren zu einem attraktiven Wohnort entwickelt, was auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen ist:

Lage und Verkehrsanbindung:

Nähe zu Berlin: Falkensee liegt unmittelbar an der Stadtgrenze zu Berlin, was es besonders für Berufspendler attraktiv macht. Mit dem Zug oder dem Auto ist man schnell in der Hauptstadt. Gute Anbindung: Die Stadt verfügt über eine gute Verkehrsanbindung, sowohl durch den öffentlichen Nahverkehr (z.B. Regionalbahnen) als auch durch Straßenverbindungen (z.B. B5 und A10).

Natur und Erholungsmöglichkeiten:

Grünflächen und Seen: Falkensee ist von viel Grün umgeben, inklusive zahlreicher Seen und Wälder, die zum Erholen und zu Freizeitaktivitäten einladen. Falkenhagener See: Ein beliebter Ort für Spaziergänge, Schwimmen und andere Freizeitaktivitäten.

Wohnqualität:

Ruhige Wohngegenden: Im Vergleich zu Berlin bietet Falkensee eine ruhigere und familienfreundlichere Umgebung, was besonders für Familien mit Kindern attraktiv ist. Moderne Infrastruktur: Die Stadt hat in den letzten Jahren viel in den Ausbau der Infrastruktur investiert, darunter Schulen, Kindergärten und Freizeitangebote.

Bildungs- und Freizeitangebote:

Gute Schulen und Bildungseinrichtungen: Falkensee bietet eine Vielzahl von Schulen, sowohl Grund- als auch weiterführende Schulen, sowie Kindergärten und andere Bildungseinrichtungen. Sport- und Freizeitmöglichkeiten: Es gibt zahlreiche Sportvereine, Spielplätze, Parks und kulturelle Angebote, die für eine hohe Lebensqualität sorgen.

Sicherheit und Gemeinschaft:

Gutes Sicherheitsgefühl: Viele Einwohner schätzen die relative Sicherheit und das Gemeinschaftsgefühl in der Stadt. Engagierte Bürger: Die Stadt hat eine aktive Bürgerschaft mit vielen Vereinen und Initiativen, die das Gemeinschaftsleben fördern.

Wirtschaftliche Faktoren:

Wachsende Wirtschaft: Die wirtschaftliche Entwicklung in der Region trägt ebenfalls zur Attraktivität bei, mit neuen Arbeitsplätzen und Unternehmensansiedlungen. Günstigere Immobilienpreise: Im Vergleich zu Berlin sind die Immobilienpreise in Falkensee oft günstiger, was es zu einer attraktiven Option für Käufer und Mieter macht. ■