Selten war eine Wahl so offen wie die heute Abend in Brandenburg. Letzte Umfragen sehen die AfD knapp vor der SPD. Bleibt es so, müssen sich die Brandenburger auf einen neuen Ministerpräsidenten einstellen. Denn Dietmar Woidke (SPD) hat schon angekündigt, dass er nur weiter macht, wenn die SPD die Wahl gewinnt. Und wenn nicht: Wer wird Woidkes Nachfolger? Und da keiner mit der AfD koalieren will: Kommt dann ein Bündnis aus SPD, CDU und BSW? Doch zwei Direktkandidaten wollen genau das verhindern. Ein Freier Wähler und eine Grüne könnten heute zum Zünglein an der (Wahl-) Waage werden.
Die jüngsten Umfragen zeigen kein ganz klares Bild, aber das Rennen ist wieder knapper geworden. Beim ZDF-Politbarometer Extra der Forschungsgruppe Wahlen vom Donnerstag liegt die AfD bei 28 Prozent und die SPD bei 27 Prozent. Dahinter folgen die CDU mit 14 Prozent und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das auf 13 Prozent kommt. Grüne, Linke und BVB/Freien Wähler schaffen der Umfrage zufolge nicht die Fünf-Prozent-Hürde.
Zwei Wahlkreise im Fokus: Potsdam I und Barnim II
Kommt es so, wie es die Umfrage vorhersagt, reicht es nicht für eine Zweier-Koalition aus SPD und CDU. Ein weiterer Partner muss her. Alles deutet darauf hin, dass dann das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mitentscheidet, wie es in Brandenburg weitergeht. Es sein denn: Eine Partei, die in den Umfragen bisher unter fünf Prozent liegt, erringt ein Direktmandat – und schafft so den Sprung ins Landesparlament. Dann könnte diese Partei zum alles entscheidenden Koalitionspartner für SPD und CDU werden.
Politikforscher Gideon Botsch sieht große Unwägbarkeiten bei der Wahl. „Es gibt den großen Unsicherheitsfaktor der Fünf-Prozent-Klausel für Linke, Grüne und BVB/Freie Wähler, und der Direktmandate“, sagt er. Bei der Brandenburg-Wahl von 2019 gab es zwei Ausreißer. Péter Vida (Freie Wähler) gewann den Wahlkreis 14 (Barnim II), Marie Schäffer (Grüne) den Wahlkreis 21 (Potsdam I). Und beide treten auch diesmal wieder an. Wobei die Chancen für Péter Vida größer sein dürften. Bei der Europawahl im Juni verloren die Grünen die Potsdam stark.

Die Grünen lagen in der jüngsten Umfrage bei 4,5 Prozent, die Freien Wähler bei 3,5 Prozent. Falls eine der Parteien mindestens ein Direktmandat erringt, käme sie aber über die sogenannte Grundmandatsklausel mit mehreren Abgeordneten in den Landtag. Die Kampagnenorganisation Campact wirbt deshalb für taktisches Wählen bei Direktmandaten und unterstützt die Grünen im Wahlkreis Potsdam I, BVB/Freie Wähler in Barnim II und die SPD in 25 Wahlkreisen.
Geht der Plan auf, könnte in Brandenburg ohne das BSW regiert werden. ■