Bundesweiter Warntag

Berlins Katastrophenschutz ist selbst eine Katastrophe

Es fehlen Sirenen, es fehlen Notwasserbrunnen: Warum die Hauptstadt weiterhin nicht ausreichend auf den Katastrophenfall vorbereitet ist.

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Die Warnung über das Handy ging pünktlich um 11 Uhr los.
Die Warnung über das Handy ging pünktlich um 11 Uhr los.Stefan Henseke

Es funktioniert ja doch noch was: Wenige Sekunden nach 11 Uhr schrillten bei uns im Großraum alle Handys los. Der Testalarm zum bundesweiten Warntag hat in Berlin funktioniert. Deutschland hat heute mal wieder für den Ernstfall geübt. Damit die Bevölkerung in Notlagen möglichst rasch vor drohenden Gefahren gewarnt werden kann, sollten am bundesweiten Warntag Handys klingeln und Sirenen heulen. In Berlin aber klappte nur das eine und das andere gar nicht. Auch sonst ist die Hauptstadt weiterhin nicht ausreichend auf den Katastrophenfall vorbereitet.

Warnung per Handy: Die Warnmeldung via Cell Broadcast ging rechtzeitig um 11 Uhr auf Handys ein, ein Pop-up-Fenster ploppte auf dem Display ein. Auch die Warn-App „Nina“ war in Berlin pünktlich, die Warnung über „Katwarn“ erfolgte aber neun Minuten zu spät.

Warnsirenen funktionieren in Berlin erst Ende 2025

Sirenen: Bisher sind erst 290 von bisher 450 geplanten Warnsirenen auf Berlins Dächern installiert, seit März sind 72 dazugekommen. Einsatzbereit wären bisher 238. Aber: Wie der KURIER berichtete, können die installierten Sirenen bisher nicht angesteuert werden, weshalb sie heute am Warntag auch still blieben. Es fehlt bis heute eine Schnittstelle zum bundesweiten Warnsystem – und die soll frühestens Ende 2025 funktionieren. „Außerordentlich unbefriedigend“ nennt CDU-Innenexperte Burkard Dregger die Lage gegenüber RBB24. „Ich erwarte einfach, dass deutsche Ingenieure in der Lage sind, diese Dinge scharf zu schalten.“

Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz und Krisenmanagement: Soll die Zuständigkeiten der 36 Katastrophenschutz-Behörden in Berlin koordinieren. Existiert seit dem 1. September als Referat in der Innenverwaltung. Bisher sind aber nur 5 der geplanten 24 Stellen besetzt. Im Januar 2025 soll das Zentrum dann „in den operativen Betrieb gehen“, erklärt die Innenverwaltung gegenüber RBB24.

Die Warnsirene auf Berlins Dächern blieben am Donnerstag still.
Die Warnsirene auf Berlins Dächern blieben am Donnerstag still.Britta Pedersen/dpa

Wasserversorgung im Katastrophenfall: Von 2091 Notwasserbrunnen sind zurzeit nur rund 1600 einsatzbereit. Das sei aktuell nicht ausreichend, um den Trinkwasserbedarf der gesamten Berliner Bevölkerung abzudecken, erklärt die Umweltverwaltung. In Köpenick etwa funktionieren nur 94 Brunnen, 147 würden im Erstfall benötigt. Pankow nennt einen vollständigen Ausfall der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung „sehr unwahrscheinlich“.

Anlaufpunkte im Katastrophenfall: Die Not-Anlaufstellen (sogenannte Katastrophenschutz-Leuchttürme) sind für besondere Ausnahmesituationen gedacht, wenn zum Beispiel die Stromversorgung über einen längeren Zeitraum auszufallen droht und dadurch die Kommunikations- oder Versorgungsmöglichkeiten der Bevölkerung erheblich eingeschränkt wären. Die Anlaufstellen sollen Informationen und begrenzt auch Hilfeleistungen bieten. Bei Bedarf können Notrufe aufgenommen und weitervermittelt werden. Bisher sind aber erst 14 der geplanten 37 behördlichen Not-Anlaufstellen in vier Bezirken einsatzbereit. Weitere Bezirke sollen folgen. Aber bis wann, steht noch nicht fest.

In Potsdam waren die Sirenen zu hören

Im Brandenburg sind hingegen beim Warntag um 11 Uhr zahlreiche Sirenen angesprungen. Zumindest in der Landeshauptstadt Potsdam waren weitläufig die Sirenen zu hören. Handys und Warn-Apps wurden ebenso ausgelöst, um am bundesweiten Warntag den Ernstfall zu üben. 

Die Probewarnungen erreichten die Bürger unter anderem per Radio, Fernsehen, Smartphone und digitalen Informationstafeln. Dabei sollten auch Warn-Apps wie „Nina“ und „Katwarn“ getestet werden. In Brandenburg wurden die rund 50 Sirenen sowie die Handys der Bevölkerung mit Warnsignalen versorgt. In Frankfurt (Oder) wurden die 17 Sirenenstandorte mit einem einminütigen auf- und abschwellenden Heulton getestet. ■