Die Tat hat für Entsetzen in Berlin gesorgt: Ein Mann tötete am Mittwochabend seine Ex-Frau und Mutter von vier Kindern mit einem Messer. Um Taten wie diese zu verhindern, will Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CD) elektronische Fußfesseln einsetzen.
Nurhan B. (36) wurde am Mittwochabend auf dem Gehweg in der Hampsteadstraße in Zehlendorf erstochen. Von ihrem Ex-Mann (50) – Täter und Opfer sind Libanesen. Der Tatverdächtige wurde noch am Tatort festgenommen, Haftbefehl wurde wegen „Mordes aus niedrigen Beweggründen“ erlassen. Die Polizei geht von einem sogenannten Femizid aus – also einer Tat eines Mannes als Rache an seiner Ex-Frau, die ihn verließ, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagt. Der Täter habe die Frau „zur Wiederherstellung der Ehre“ getötet.
Angeordnete Kontakt- und Annäherungsverbote wirken häufig nicht
Auf Reaktion auf die abscheuliche Tat fordert Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) nun strengere Schutzmaßnahmen gegen Gewalt. „Spitzt sich häusliche Gewalt zu, muss der Staat stärker eingreifen können, als bislang möglich ist“, sagt Badenberg dem Tagesspiegel. Angeordnete Kontakt- und Annäherungsverbote wirkten zu häufig nicht. „Deshalb sollten wir elektronische Fußfesseln einsetzen können. Hält der aggressive Ex-Partner den vorgegebenen Abstand nicht ein, werden die Frauen so durch ein Signal gewarnt“, erklärt die CDU-Politikerin.
Im Fall der jetzt erstochenen Nurhan B. hat das System versagt, haben die Möglichkeiten, die Frau zu schützen, nicht ausgereicht. Das Paar hatte sich getrennt, es gab schon mehrere, dokumentierte Vorfälle von häuslicher Gewalt. Laut Staatsanwaltschaft hatte die 36-jährige Mutter von vier Kindern (acht bis 15 Jahre alt) vor Gericht ein Näherungsverbot erwirkt. Der Ex musste Abstand halten, durfte sich der Frau nicht nähern. Doch daran hielt sich der 50-Jährige nicht. Ein elektronisches Signal aber hätte die Frau warnen können.
Badenberg appelliert an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), das Gewaltschutzgesetz entsprechend zu novellieren. Hessen startete dazu eine Bundesratsinitiative. „So erhielte das Opfer den weitestgehenden Schutz“, sagt die Justizsenatorin im Tagesspiegel, „denn es wird durch ein Signal über die Annäherung gewarnt und kann sich selbst in Sicherheit bringen – also auch dann, wenn die Polizei nicht rechtzeitig vor Ort sein konnte.“ In benachbarten Brandenburg allerdings kann die elektronische Fußfessel in besonders schwerwiegenden Fällen von häuslicher Gewalt schon angewendet werden. Dafür hat das Landesparlament im Februar eine Gesetzesänderung verabschiedet.

256.276 Menschen in Deutschland wurden im Jahr 2023 Opfer häuslicher Gewalt, davon sind 70 Prozent weiblich. Dies ist ein Anstieg um 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die meisten Opfer häuslicher Gewalt waren von Partnerschaftsgewalt betroffen (167.865 Personen), ein Drittel von innerfamiliärer Gewalt (88.411 Fälle).
Elektronische Fußfessel: 42 Straftäter in 10 Jahren
Im Bereich der Partnerschaftsgewalt lebte die Hälfte der Opfer mit der tatverdächtigen Person zusammen. Die Mehrheit sowohl der Opfer als auch der Tatverdächtigten waren zwischen 30 und 40 Jahre alt. 155 Frauen und 24 Männer sind im Jahr 2023 durch ihre Partner oder Ex-Partner getötet worden. Die Zahlen von polizeilich registrierter häuslicher Gewalt steigen kontinuierlich an, in den letzten fünf Jahren um 19,5 Prozent. Dazu kommt, dass viele Taten der Polizei nicht gemeldet werden – aus Angst oder Scham.
Auch in Berlin kommt die elektronische Fußfessel zum Einsatz – allerdings nicht im Bereich häuslicher Gewalt. Eingesetzt wird sie bei islamistischen Gefährdern oder Intensivtätern nach Verbüßen ihrer Freiheitsstrafe, wenn diese unter Führungsaufsicht kommen.
Wie aus einer kleinen Anfrage aus dem vergangenen Jahr hervorging, hat Berlin in zehn Jahren 42 gefährliche Straftäter so überwacht und dafür 1,5 Millionen Euro ausgegeben. Zwischen zwei und fünf Gefährder pro Jahr tragen in Berlin elektronische Fußfesseln, und das zwischen einem Monat und mehreren Jahren. Zentral überwacht werden die Träger von der „Gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder“ in Hessen. ■