EU hat was dagegen

Goodbye DDR-Sound: EU zwingt Berlin zu Umstellung in der S-Bahn!

Das legendäre S-Bahn-Signal „Da-Dü-Da“ verschwindet. Die EU schreibt schrillen Piepton vor. Der Erfinder des DDR-Sounds bedauert es.

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Beim Schließen der Türen erklingt in den alten S-Bahnen noch das Signal aus DDR-Zeiten.
Beim Schließen der Türen erklingt in den alten S-Bahnen noch das Signal aus DDR-Zeiten.Rüdiger Wölk/imago

Es dürfte einer der größten DDR-Hits sein – auch wenn es kaum einer weiß. Eine einprägsame Folge aus den Tönen C, E, C. Jeder, der in Berlin schon mal mit der S-Bahn gefahren ist, kennt diese einfache Tonfolge. Das Da-Dü-da, das akustische Warnsignal, mit dem angekündigt wird, dass sich jetzt die Türen der S-Bahn schließen. „Komponiert“ wurde es noch in der DDR. Von einem Betriebsingenieur aus damaligen Reichsbahnausbesserungswerk Schöneweide. Doch jetzt verschwindet der DDR-Sound nach und nach. Die EU will es so.

Gerhard Iben (71) heißt der Mann, der für das Da-Dü-da verantwortlich ist. Eine Tonfolge, die so gut, so einprägsam ist, dass sie auch in den S-Bahn-Zügen, die kurz vor der Jahrtausendwende angeschafft wurden, weiterlebte. Auch der Westen fuhr auf den Klang aus dem Osten ab.

S-Bahn Berlin: Bis in die 70er-Jahre hieß es „Zurückbleiben!“

Die Geschichte des berühmten S-Bahn-Warnsignals reicht zurück bis in die späten 1970er-Jahre. Damals hieß es noch schlicht „Zurückbleiben!“ über Funk, wenn die Türen schlossen. Doch: „So mancher Fahrgast, der noch schnell in den Zug hineinsprang, hatte sich beim Türschließen verletzt“, erklärte Gerhard Iben dem KURIER. Also sollte ein neues System her, die das Schließen der Tüten ankündigte  – mit roten Lampen und einem Warnton.

Das erste Warnsignal war ein schriller Klingelton. Doch der kam beim damaligen DDR-Verkehrsminister Otto Arndt gar nicht gut an. 1983 folgte die Weisung: ein neues Warnsignal, das über die Lautsprecher in die Züge übertragen werden sollte, muss her. Ingenieur Gerhard Iben erinnert sich: „Wir saßen im Büro, probierten Klangfolgen aus – und zufällig entstand das melodiehafte Da-Dü-Da.“ Musikalisch sei er gar nicht, sagt er. Wichtig war nur: kein schriller Ton, damit die Fahrgäste nicht erschrecken.

Da-Dü-Da aus der DDR: 1986 war die Premiere in der S-Bahn

Am 26. März 1986 ertönte das Signal erstmals in einem S-Bahn-Zug. Ein einfacher Zweiklang in C-Dur – C-E-C. Bei Testfahrten fühlten sich viele Berliner davon gestört, vor allem nachts beim Dösen. Doch nach einigen Wochen war das Da-Dü-Da akzeptiert – und wurde später sogar Kult. DJ Paul Kalkbrenner nutzte den Ton 2008 für seinen Hit „Train“. „Gefragt hat er mich nie“, sagt Iben.

Doch nun droht dem DDR-Sound das Aus. Das melodische Da-Dü-Da wird verschwinden. Alle neuen S-Bahnen bekommen einen schrillen Piepton, der das Schließen der Türen ankündigt. Grund ist eine EU-Verordnung, die für alle Neufahrzeuge ein schnell pulsierendes Signal vorschreibt – sechs bis zehn Impulse pro Sekunde. Für Iben ein Graus: „Dieses künftige Gepiepe nervt wirklich.“

Immerhin: Die alten S-Bahn-Baureihen genießen Bestandsschutz. Und weil sich die Anschaffung neuer Wagen durch das Chaos bei den Ausschreibungen immer wieder verzögert, bekommt das Kultsignal noch eine Gnadenfrist. So bleibt den Berlinern ihr gewohntes Da-Dü-Da vorerst erhalten – ein Stück Soundgeschichte aus der DDR, das längst zum Alltag der Hauptstadt gehört.