Tausende Beamte im Einsatz

Berliner Angst vor Silvester: Der größte Polizeieinsatz seit Jahrzehnten

Berlin rüstet auf: An Silvester wird es den größten Polizeieinsatz seit Jahrzehnten geben – und dafür gibt es (mindestens) drei gute Gründe.

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Vor allem in Berlin kommt es an Silvester immer wieder zu Ausschreitungen.
Vor allem in Berlin kommt es an Silvester immer wieder zu Ausschreitungen.Julius-Christian Schreiner/TNN/dpa

Es ist traurig genug, dass das nötig ist. Aber wenige Tage vor Silvester regiert in Berlin offenbar die Angst. Denn nicht ohne Grund rüstet die Polizei auf, holt Hilfe aus benachbarten Bundesländern und kündigt den größten Polizeieinsatz der letzten Jahrzehnte an. KURIER hat den Überblick über Gründe, Einsatzplan und das, was da auf uns zukommt.

In manchen Ecken Berlins ist die Silvesternacht inzwischen recht anstrengend. Ab dem frühen Abend wird es sehr laut und teils auch gefährlich, weil Böller und Raketen durch die Gegend fliegen. Doch zum schon fast normalen Wahnsinn kommen in diesem Jahr noch zusätzliche Probleme.

„Der größte Polizeieinsatz an Silvester der letzten Jahrzehnte“

So viele, dass die Polizei ihr Aufgebot deutlich hochfährt. „Es ist der größte Polizeieinsatz an Silvester der letzten Jahrzehnte“, erklärt Polizeipräsidentin Barbara Slowik der Deutschen Presse-Agentur. „In der Silvesternacht werden wir 2000 bis 2500 Berliner Polizistinnen und Polizisten und Unterstützung aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und von der Bundespolizei im Einsatz haben“, kündigte Slowik an.

„Parallel wird die Zahl der Streifenwagen von 150 wie sonst nachts üblich auf 220 erhöht.“ Das seien noch einmal 1000 Polizisten in den Streifenwagen und auf den Wachen. Dazu kämen noch 500 Bundespolizisten an den S-Bahnhöfen und Fernbahnhöfen.

Die Gründe sind vielfältig. Zum einen wären da die grausamen Erfahrungen des letzten Jahres. Im Rückblick auf die vergangene Silvesternacht sagte Slowik, die reine Zahl der Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute und andere Rettungskräfte sei nicht viel höher gewesen als in den Jahren vor Corona 2018 und 2019. „Ähnlich viele Angriffe gab es auch schon früher. Allerdings war die Qualität der Angriffe im letzten Jahr neu, etwa wenn Rettungskräfte in mutmaßliche Hinterhalte gelockt und angegriffen wurden.“

Die Polizei habe dazu nun „intensive Absprachen mit der Feuerwehr getroffen“ und werde „eine enge Zusammenarbeit und Kommunikation im Einsatz“ haben. Slowik kündigte an: „Wir sind an verschiedenen Wachen und Brennpunkten direkt vor Ort und stehen in direktem Funkkontakt. Lageabhängig werden wir die Rettungskräfte in den Einsatzraum begleiten und schützen.“

Große Polizeieinsätze an Silvester in mehreren Bezirken

Besonders gelte das für Gesundbrunnen, Nord-Neukölln, Gropiusstadt, die High-Deck-Siedlung, Schöneberg und auch bestimmte Stellen in Lichtenrade im Süden Berlins, wo vor einem Jahr der stärkste Gewaltausbruch gewesen sei, sagte die Polizeipräsidentin.

„Konkret sind unsere Einsätze dann aber abhängig vom Geschehen: Es kann auch an ganz anderer Stelle eskalieren, da werden wir schnell und flexibel reagieren.“ An den drei Verbotszonen für Feuerwerk in der Sonnenallee in Neukölln, in Schöneberg und am Alexanderplatz seien eine ganze Reihe von Maßnahmen geplant wie Absperrungen und Kontrollen.

Polizisten stehen in der Silvesternacht 2022 hinter explodierendem Feuerwerk. Im letzten Jahr war die Gewalt in der Hauptstadt eskaliert.
Polizisten stehen in der Silvesternacht 2022 hinter explodierendem Feuerwerk. Im letzten Jahr war die Gewalt in der Hauptstadt eskaliert.Julius-Christian Schreiner/TNN/dpa

Doch damit nicht genug. „Dazu kommt die Emotionalisierung durch den Konflikt im Nahen Osten und der immense Schutzbedarf jüdischer und israelischer Menschen und Einrichtungen. Wir gehen durchaus davon aus, dass diese Emotionen auch auf der Straße ausgelebt werden. Es gab zuletzt auch immer wieder spontane Demonstrationen zu dem Thema“, erklärt Slowik.

Die Polizei begleite zudem natürlich die große Feier am Brandenburger Tor, die mit 65.000 Besuchern viel größer sei als in den vergangenen Jahren, so Slowik. „Im Blick haben wir zusätzlich auch noch die Klimaschutzgruppe Letzte Generation, um entsprechende Aktionen zu verhindern oder schnellstmöglich zu beenden.“

Polizei auf Silvester gut vorbereitet

Sie blicke „optimistisch, realistisch und sehr entschlossen“ auf Silvester 2023/24, betonte Slowik. „Optimistisch, weil ich denke, wir sind wirklich sehr, sehr gut vorbereitet. Realistisch, weil wir eine Vier-Millionen-Stadt sind, und da werden sich manche Pyro-Exzesse sicher nicht vermeiden lassen.“ Die Polizei wolle aber Exzesse im großen Stil verhindern und Angriffe auf Menschen unterbinden. „Und wir sind sehr entschlossen, alles zu nutzen, was uns zur Verfügung steht, um Gewalt zu begegnen.“

Schon ab dem 28. Dezember, wenn Feuerwerk verkauft werden darf, werde die Polizei in den Brennpunkten aktiv sein und die Lage beobachten, sagte Slowik. Dazu würden auch Zivilpolizisten eingesetzt. „Um zu sehen, wer dort schon versucht, Rettungskräfte oder andere Menschen anzugreifen.“ Das wäre demnach dann ein Grund für eine vorbeugende sogenannte Ingewahrsamnahme, also ein Einsperren bis Silvester, und eine gute Abschreckung. „Ich glaube, keiner will Silvester in Präventivgewahrsam verbringen.“