In Berlin ist der Tunnel der Schande schnell ausgemacht: Er unterquert die Leipziger Straße in Mitte und ist randvoll mit Müll, Unrat und menschlichen Ausscheidungen. Anwohner im Kiez und die Benutzer des Tunnels protestieren jetzt gegen den Missstand.
Neulich kamen Anwohnerinnen und Anwohner im Kieztreff Leipziger Straße zusammen, um über Probleme in ihrer Nachbarschaft zu sprechen. Ein zentrales Thema dabei: der verwahrloste Fußgängertunnel, der unter der Leipziger Straße hindurchführt. Ein regelrechter Teppich aus Müll hat sich darin ausgebreitet.
In dem Fußgängertunnel unterhalb der Leipziger Straße in Berlin herrschen untragbare Zustände – der Tunnel ist verdreckt, es riecht stark nach Urin, und umgeworfene Einkaufswagen sowie Müll, der sich mit Herbstlaub vermischt, prägen das Bild.
Außerdem sind mehrere LED-Leuchten am südlichen Ende defekt. Viele Anwohner, darunter auch Angelika Lonscher, gehen diesen Weg nicht mehr gerne, schreibt die „Berliner Zeitung“ (Bezahlschranke). Ihre Enkel weichen lieber auf die weiter entfernten Ampeln aus, um die stark befahrene Straße zu überqueren.
Angelika Lonscher, seit 30 Jahren in der Gegend zu Hause, war ebenfalls beim Treffen anwesend. Sie und andere Teilnehmer brachten ihre Anliegen Ephraim Gothe vor, dem SPD-Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung.
Keiner ist für den Müll-Tunnel zuständig
Gothe ist sich des Problems bewusst, verweist aber auf die Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, die für die Sauberkeit und Instandhaltung des Tunnels verantwortlich ist. Ein klassischer Fall von Behörden-Pingpong?

Lonscher und andere Anwohnerinnen und Anwohner haben keine genaue Kenntnis darüber, wie oft der Tunnel gereinigt wird, wissen aber aus Erfahrung, dass Sauberkeit dort nie lange anhält. Die Verärgerung über den Zustand ist groß. Lonscher zeigt sich schockiert über die aktuelle Situation und spricht sich sogar für eine Schließung des Tunnels aus.
Auch Hendrik Blaukat, Vorstandsvorsitzender der Interessengemeinschaft Leipziger Straße (IG), äußert sich dazu. Die IG habe bereits Kontakt mit dem Ordnungsamt aufgenommen, doch bislang ohne durchschlagenden Erfolg. Blaukat spricht von einem typischen Beispiel für die Berliner organisierte Unzuständigkeit.
Müll-Tunnel auch von Obdachlosen bewohnt
Die Anwohner dagegen vermuten einen Zusammenhang zwischen der Verwahrlosung des Kiezes und der zunehmenden Obdachlosigkeit in der Nachbarschaft. Trotzdem betont Gothe, dass man den Obdachlosen nicht allein die Schuld an der Vermüllung geben sollte. Ähnliche Probleme gebe es auch in anderen Vierteln, wo immer häufiger Müll einfach auf der Straße abgestellt werde.
Gothe schlägt vor, die Situation durch einen Brief an die zuständige Senatorin Ute Bonde zu adressieren, um die Verantwortlichen auf die Missstände aufmerksam zu machen.
Den aber können sie sich wohl schenken. Denn entgegen der Behauptung von Stadtrat Gothe ist die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt keineswegs für die Müllbeseitigung zuständig.
Dem Berliner KURIER teilte Petra Nelken, die Sprecherin der Verwaltung mit: „Es handelt sich bei dem Leipziger Tunnel um gewidmetes öffentliches Straßenland. Generell ist für die Reinigung des öffentlichen Straßenlandes die BSR zuständig.“
Und für die Überwachung von unerlaubten/illegalen Vermüllungen im öffentlichen Straßenland sei das Ordnungsamt des zuständigen Bezirks zuständig. Nelken: „Für das Ordnungsamt innerhalb des Bezirks ist ein Stadtratkollege von Herrn Gothe zuständig, nämlich Herr Christopher Schriner. Unsere Verwaltung hat nur die Zuständigkeit des Bauwerkes und muss die Standsicherheit und Dauerhaftigkeit verantworten und ist somit nicht für die illegalen Vermüllungen oder deren Beseitigung zuständig.“ ■