Alte Autos und Fahrräder gammeln vor sich hin, blockieren Parkplätze und Fußgängerwege. Die zunehmende „Mir doch egal“-Mentalität ist auch auf Deutschlands Straßen zu beobachten – vor allem in Berlin. Um Entsorgungskosten zu sparen, werden defekte oder nichts mehr gebrauchte Fahrzeuge einfach auf der Straße sich selbst überlassen. Autokennzeichen werden abgeschraubt, die Nummern weggeflext. Und die Kommunen, und damit wir alle, müssen für die Entsorgung zahlen. Allein Berlin gibt dafür jedes Jahr Hunderttausende Euro aus.
Berlin ist auch die Hauptstadt der Schrottautos. Das Bezirksamt Berlin-Lichtenberg, das sich seit dem Jahr 2001 zentral um die Fahrzeugbeseitigung in ganz Berlin kümmert, meldete für das vergangene Jahr etwa 5060 Schrottautos – fast 100 mehr als im Jahr zuvor. Und auch die Kosten stiegen um circa 100.000 Euro auf rund 650.000 Euro. Aber auch das feine Hamburg verloddert immer mehr. Über 2900 halterlose Fahrzeuge wurden in Hamburg bis Anfang Dezember aufgefunden, 2023 waren es knapp 400 weniger.
Berlin-Pankow: 800 Fahrradleichen eingesammelt
Unerlaubt abgestellte Fahrzeuge sind solche, die nicht mehr betriebsbereit, abgemeldet oder ohne Kennzeichen abgestellt wurden, wie das Kreisverwaltungsreferat in München mitteilt. Wegen der Verkehrssicherungspflicht müssten sie entfernt werden. In der bayerischen Hauptstadt wurden bis Ende November rund 4800 solcher Fahrzeuge erfasst, rund 550 wurden tatsächlich abgeschleppt.
Unerlaubt abgestellte Autos und Fahrräder sind nicht nur ein Ärgernis, sondern auch ein wachsendes Problem. Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter mehreren Großstädten in Deutschland ergab: Allein in Frankfurt sind bis Ende Oktober über 1000 Schrottfahrräder entfernt worden – im gesamten Jahr zuvor waren es nur halb so viele. Damit haben sich auch die Kosten für die Entfernung und Entsorgung mit 90.000 Euro mehr als verdoppelt.
In Hamburg wurden bis Ende November mehr als 4500 Schrottfahrräder entsorgt, fast 400 mehr als vor zwei Jahren (2022). In Düsseldorf blieb die Zahl mit etwa 2260 im Vergleich zu den Vorjahren stabil. Die Kosten für das Einsammeln der Räder durch einen Dienstleister schätzt die Stadt für 2024 auf rund 65.000 Euro.
In Berlin wollte allein der Bezirk Pankow bis zum Jahresende 800 Schrottfahrräder von den Straßen entfernen. 40 Mitarbeiter des Allgemeinen Ordnungsdienstes kümmern sich im Zwei-Schichtbetrieb unter anderem um die Identifizierung und Beseitigung von Fahrradleichen.
Als Schrott identifizierte Fahrräder werden in Pankow zuerst mit einer gelben Banderole gekennzeichnet, die mit Kabelbinder am Rad befestigt wird und dessen Eigentümer auffordert, es innerhalb von drei Wochen zu entfernen. Bei einem Rundgang im Oktober zählten Reporter der Berliner Zeitung allein in der Dunckerstraße 132 Fahrradleichen – davon 56 ohne Banderolen, 52 mit einem Banderolendatum jünger und 24 älter als drei Wochen.

Ein Fahrrad gilt als Schrott, wenn es etwa wegen fehlender Teile nicht mehr funktionsfähig sei und erkennbar auch nicht genutzt werde, erklärte eine Sprecherin des Frankfurter Straßenbauamts. Achtlos abgestellt würden sie den Verkehr behindern und eine Verletzungsgefahr darstellen, etwa weil sich Menschen an ihnen stoßen.
Doch warum lassen Menschen ihre Autos und Fahrräder wortwörtlich stehen? Bei Autos wollten „die Täter“ in den allermeisten Fällen die Kosten für eine legale Entsorgung „auf Kosten der Allgemeinheit“ sparen, erklärte ein Sprecher aus Düsseldorf. Es gebe aber auch andere Hintergründe, etwa wenn der Besitzer verstirbt und sich niemand um die Habseligkeiten kümmere.
„Symptom der Wegwerfgesellschaft“
Schrottfahrräder hingegen seien auch als ein „Symptom der Wegwerfgesellschaft“ zu sehen, sagte ein Sprecher der Hamburger Stadtreinigung. Sobald ein Fahrrad nicht mehr „perfekt“ funktioniere oder ein neues Modell erscheine, lande das alte auf der Straße. „Das ist unnötig und doppelt ärgerlich“, fügte er hinzu. So würden die Räder wertvolle Abstellflächen blockieren und die Sauberkeit und Verkehrssicherheit in den Städten beeinträchtigen.
Um den Schrottautos den Kampf anzusagen, werden sie in vielen Städten markiert –oft mit einem „roten Punkt“ oder einem Aufkleber mit der Aufforderung, sie zu entfernen. Taucht der Halter oder Besitzer nach Ablauf einer Frist nicht auf, werden die herrenlosen Gestelle abgeschleppt. Je nach Zustand werden sie nach einer gewissen Zeit versteigert, verschrottet oder gespendet.
Die Kosten für diesen aufwendigen Prozess trägt bei Schrottautos in der Regel der Halter. Diese umfassen den Angaben zufolge etwa die Abschleppkosten sowie Stand- und Verwaltungsgebühren. Wie hoch die Rechnung letztlich ausfällt, variiert je nach Aufwand.

Während es bei Schrottfahrzeugen aber mehrere Möglichkeiten gibt, den Verantwortlichen zu ermitteln – beispielsweise über das Kennzeichen, die Umweltplakette oder Fahrzeugidentifizierungsnummer – bleiben die Fahrradbesitzer meistens anonym. Läuft die Suche ins Leere, bleibt die Stadt auf den Kosten sitzen. ■