Senat findet es nicht lustig

Berlin bekommt Lachgas-Verbot: DAS ist der Grund

Nicht nur wegen der Suchtgefahr sieht der Senat jetzt Rot und greift zum Lachgas-Verbot, das vor allem Spätis treffen wird. Durch den vermehrten Konsum wird Distickstoffmonoxid auch bei einem Berliner Betrieb zum gefährlichen Kracher.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Lachgas wird in Berliner Spätis als Partyspaß angeboten. Auch Minderjährige greifen da gerne zu, um sich mit dem Zeug zu berauschen.
Lachgas wird in Berliner Spätis als Partyspaß angeboten. Auch Minderjährige greifen da gerne zu, um sich mit dem Zeug zu berauschen.Marcus Brandt/dpa

Es ist bei Kinderpartys der Kracher, wird zum Sahne aufschäumen und Luftballon befüllen benutzt. Doch leider ist Lachgas, chemisch Distickstoffmonoxid (N2O), bei Kindern und Jugendlichen auch noch als Rauschmittel sehr beliebt. Das findet der Senat nun gar nicht lustig und greift durch: Berlin bekommt jetzt ein Lachgas-Verbot! Nicht nur, weil das junge Partyvolk so spielend leicht an den berauschenden Stoff kommt. Lachgas wird auch in anderen Bereichen der Stadt immer mehr zum gefährlichen Kracher.

Bisher tat sich der schwarz-rote Senat schwer, wenn es um diese Droge ging, die vor allem in Schülerkreisen der Hit ist. Selbst die Grünen, die sich ja bei Cannabis eher rauschmittelfreundlich zeigten, warfen der Berliner Landesregierung vor, das Thema Lachgas nicht ernst zu nehmen.

In der Tat hat sich der Senat bis heute nicht darum bemüht, wie sehr Lachgas als Rauschmittel in der Stadt im Umlauf ist. Dabei ist mit dem Zeug überhaupt nicht zu spaßen, wenn man den Stoff in vollen Zügen inhaliert.

Das kann zu körperlichen Schäden und in eine psychische Abhängigkeit führen. Taubheit- und Schwindelgefühle oder auch Bewusstlosigkeit sind bei jeder Inhalation möglich. Ein Mischkonsum mit anderen Drogen multipliziert die Risiken, warnen etwa die Krankenkassen.

Lachgas-Verbot in Berlin: DARUM geht es

Das große Problem: Lachgas ist leicht zu bekommen. Nicht nur im Internet oder in Drogeriemärkte gibt es die Kartuschen. Bei dem fröhlichen Partyvolk sind vor allem Spätis beliebt. Mädels und Jungen können dort Lachgas problemlos bekommen, wenn sie es krachen lassen wollen.

Lachgas-Dosen in einem Automaten
Lachgas-Dosen in einem AutomatenJulian Stratenschulte/dpa

Sucht-Experten sehen darin das eigentliche Problem. Lachgas ist so schnell und einfach zu bekommen. Keinem Händler kümmert es, ob die immer jünger werdende Kundschaft das Zeug für die Schlagsahne-Herstellung oder vermehrt als Rauschmittel nutzt. Laut Experten gilt Lachgas als eine der meistkonsumierten Drogen bei Schülern.

Auch wenn dem Senat statistische Fallzahlen fehlen, wisse man, wie gefährlich Lachgas sein kann. „Aktuell werden auf mehreren Ebenen Maßnahmen ergriffen bzw. diskutiert, um dem Missbrauch von Lachgas als Rauschmittel – insbesondere unter Jugendlichen – entgegenzuwirken“, teilte jetzt die Senatsumweltverwaltung auf Anfrage des CDU-Abgeordneten Lars Bocian mit.

Überreste einer Lachgas-Party
Überreste einer Lachgas-PartyMatthias Christ/imago

Eine dieser Maßnahmen teilt die Behörde gleich mit. Berlin bekommt jetzt ein Lachgas-Verbot nach dem Vorbild anderer deutscher Städte: „Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege ist derzeit dabei, eine entsprechende Verordnung auch für Berlin auf den Weg zu bringen.“

An Osnabrück und Dortmund will man sich ein Beispiel nehmen. Dort gibt es bereits seit Jahresanfang ein Abgabe- und Verkaufsverbot von Lachgaskartuschen an Minderjährigen. Wer also unter 18 Jahre ist, soll in Geschäften kein Lachgas mehr bekommen. Das Verbot umfasst dort auch Automaten, die Lachgas-Kartuschen als Ware haben und die keinen ausreichenden Schutz vor minderjährigen Käufern bieten.

Händler, die gegen das Verbot verstoßen, drohen Ordnungsstrafen. In Osnabrück können diese bis zu 5000 Euro hoch sein. Bis zu 1000 Euro drohen in Dortmund. Das Berliner Lachgas-Verbot dürfte ähnlich wie in diesen Städten ausfallen.

Wann es in Berlin in Kraft tritt? Offenbar schon innerhalb der nächsten drei Monaten. Denn der Senat geht davon aus, „dass eine Regelung zur Abgabe von Lachgas in den ersten 100 Tagen der neuen Bundesregierung erfolgen wird“.

Lachgas-Verbot in Berlin: HIER wird das Zeug zum gefährlichen Kracher

Nicht nur das Suchtverhalten ist ein Grund für das Lachgas-Verbot. Auch das unsachgemäße Entsorgen der Kartuschen im Müll sorgt für ernsthafte Probleme. Seit dem Lachgas in der Hauptstadt vermehrt als Rauschmittel verwendet wird, ist N2O auch bei der Berliner Stadtreinigung ein echter Knaller geworden.

Die Explosionen durch falsch entsorgte Lachgas-Kartuschen nehmen bei der Abfallverbrennung vor allem im Feuerungsraum des Müllheizkraftwerks Ruhleben seit Mitte 2023 stetig zu, teilt die Senatsumweltverwaltung mit. „Die Lage wird von der BSR weiterhin als angespannt eingeschätzt. Seit Jahresbeginn kam es einschließlich Kalenderwoche 12 (bis Ende März, d. Red.) zu insgesamt 278 Explosionsereignissen.“

Diese Lachgas-Explosionen sind überhaupt keine Kracher, die die BSR und der Senat lustig finden. Seit Jahresanfang führten vier Explosionen zu Kesselausfällen und Schäden im Brennraum bei der BSR. Die Ausfalldauer lag bei 372 Betriebsstunden, teilte das landeseigene Unternehmen mit.

Aber das interessiert ja niemanden, die sich am Lachgas berauschen. Dabei ist das Entsorgen der Kartuschen kein Hexenwerk, die auf keinen Fall in den Restmüll oder in öffentliche Papierkörbe gehören.

Sind sie vollständig entleert, werden Lachgasbehälter über die gelbe Wertstofftonne entsorgt. Nicht vollständig entleerte Kartuschen müssen im Handel oder an den Schadstoffannahmestellen der Berliner Recyclinghöfe abgegeben werden, so die Umweltverwaltung.

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