Nicht gewollt, zu teuer und immer wieder Ärger: Die geplante Einheitswippe stand schon immer auf der Kippe. Bereits vor fünf Jahren sollte das Denkmal auf dem Berliner Schloßplatz zum 30. Jahrestages des Mauerfalls stehen. Doch die Planungen und der Bau verzögerten sich ständig. Nun steht die Einheitswippe, die in diesem Jahr am 3. Oktober am Tag der Deutschen Einheit eingeweiht werden sollte, wohl ganz vor dem Aus. Denn die Firma, die sie herstellt, hat jetzt Insolvenz beantragt.
Seit Mai 2020 wird vor der wiedererrichten Fassade des Berliner Stadtschlosses an dem Einheitsdenkmal gebaut, das das an die Wiedervereinigung der Deutschen erinnern soll. Der Sockel steht bereits, allein die „Wippe“ fehlt. Die begehbare Schale, eine 50 mal 15 Meter große Konstruktion, die der Volksmund schnell „Einheitswippe“ nannte, wird gerade beim Stahlbau-Unternehmen Heinrich Rohlfing gefertigt.
Doch die Firma aus Stemwede in Nordrhein-Westfalen, in dessen Fertigungshalle schon 32 Schalen-Segmente des Denkmals für den Abtransport nach Berlin bereitstehen sollen, ist nun in wirtschaftliche Turbulenzen geraten. Sie meldete vor Tagen beim Amtsgericht Bielefeld Insolvenz an.
Fällt jetzt das Denkmal, das zu 85 Prozent fertig ist, in die Konkursmasse? Möglich wäre auch, dass eine andere Firma die Arbeiten übernehmen könnte. Laut einer Mitteilung der Kanzlei Pluta Rechtsanwälte, die die Insolvenz des Unternehmens verwaltet, soll der Geschäftsbetrieb des Stahlbauers aber vorerst uneingeschränkt fortgesetzt werden. Ob dies auch für den Bau des Einheitsdenkmals gilt, ist jedoch unklar. Fakt ist, dass sich seit Monaten um die Kosten gestritten wird.

Einheitswippe: Auftraggeber ist der Bund, der nicht weitere Millionen zahlen will
Auftraggeber für die Einheitswippe ist der Bund, der aufgrund eines Bundestagsbeschlusses von 2007 das Denkmal in Nordrhein-Westfalen bauen lässt. Die Idee dazu hatten fast neun Jahre zuvor der DDR-Bürgerrechtler Günter Nooke, der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung Florian Mausbach, der einstige SFB-Journalist Jürgen Engert und Lothar de Maizière, dem ersten demokratisch gewählten Ministerpräsidenten der DDR. Zur Würdigung der „befreienden Freude, die der Mauerfall ausgelöst hat, des historischen Glücks und der Freudentränen“ sollte nach ihren Vorstellungen ein Einheitsdenkmal mitten in Berlin stehen.
Entworfen wurde die begehbare „Wippe“ vom Stuttgarter Architektenbüro Milla & Partner. Ursprünglich sollte das Denkmal-Projekt zehn Millionen Euro kosten. Doch das Vorhaben verzögerte sich immer wieder und wurde auch teurer. So mussten Fledermäuse für den Bau umgesiedelt werden, dann brauchte der Bau des Fundaments mehr Beton. Am Ende stiegen die Baukosten auf fast 18 Millionen Euro.

Als es offenbar im Herbst vergangenen Jahres Schwierigkeiten mit einem Zulieferunternehmen gab, kam es wieder zum Streit. Der entbrannte wegen möglicher Kostensteigerungen zwischen dem Bund, den Architekten des Denkmals und der Metallbaufirma in Stemwede. So wie es aussieht, ist der Bund nicht bereit, noch weitere Millionen für das Denkmal auszugeben.
Einheitswippe: Sind Zahlungsversäumnisse des Bundes Grund für die Firmenpleite?

Man werde nicht mehr bezahlen als die vereinbarten knapp 18 Millionen Euro, hieß es damals auf Anfrage des Westdeutschen Rundfunks. „Alle Beteiligten bemühen sich um eine schnelle Fertigstellung des Denkmals“, sagte ein Sprecher der Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grünen), der Bauherrin des Vorhabens. Im Juli 2023 berichtete die Metallfirma bereits, erst die Hälfte der Kosten vom Bund erhalten zu haben. Laut Medienberichten soll das Geld auch bis heute bei dem Unternehmen nicht eingegangen sein.
Ist der Streit um mehr Geld jetzt die Ursache, warum die Stahlbaufirma Insolvenz beantragte? Der Bund als Auftraggeber der „Wippe“ schließt Zahlungsversäumnisse als Grund für die Pleite aus, sagte Denkmal-Architekt Sebastian Letz dem RBB. Laut dem Sender soll es ein Unternehmen geben, das die Einheitswippe doch noch fertigstellen will.
Den meisten Berlinern dürfte es allerdings völlig Schnuppe sein, ob das Denkmal kommt oder nicht. In Umfragen machte eine Mehrheit oft genug klar, dass keiner so eine teure „Wippe“ wirklich braucht, um an den Mauerfall und an die Wiedervereinigung Deutschlands zu erinnern. ■