Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gesobau will in den Innenhöfen an der Ossietzky- und Kavalierstraße zwei Gebäude errichten, die Platz für rund 400 Geflüchtete bieten sollen. Nach Ablauf der Schutzfrist für brütende Vögel Anfang Oktober wurde das Verfahren, das sich bereits Jahre hinzieht, beschleunigt.
„Die Gesobau AG hat am 02.10.2025 einen Eilantrag auf sofortigen Vollzug der artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung bei Gericht eingereicht“, bestätigte ein Sprecher der Pankower Umweltstadträtin Manuela Anders-Granitzki. Damit will die Gesobau erreichen, dass die geplanten Rodungen auf dem Gelände endlich beginnen können – was Umweltverbände bislang mit eigenen Eilanträgen zu verhindern suchten.
Naturverträgliche Nachverdichtung
Kritiker bemängeln die Massivität der Bauten und den Eingriff in ein Areal, das geschützte Arten beherbergt. Bürgerinitiative, Bezirk und Naturschutzverbände werben seit Jahren für eine naturverträgliche Nachverdichtung, die ebenfalls Wohnraum schaffen, aber den Grünbestand weitgehend erhalten soll.
Das Bezirksamt prüft derzeit den Eilantrag. „Dabei sind noch einzelne Nachbesserungen bei den Maßnahmen erforderlich“, so der Sprecher. „Eine finale Abnahme durch das Umwelt- und Naturschutzamt hat noch nicht stattgefunden, wird aber zeitnah erfolgen.“ Danach stünde dem Baustart „nach Einschätzung des Umwelt- und Naturschutzamtes nichts mehr im Wege“.
Doch just in diesem Moment kommt Gegenwind aus der Landespolitik. Die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus will den Bau weiterer Flüchtlingsunterkünfte grundsätzlich überprüfen. Fraktionschef Dirk Stettner erklärte: „Die Zeiten, in denen wir weitere Unterkünfte aufbauen, sind vorbei. Wir befinden uns jetzt in der Situation, dass wir darüber nachdenken können, was wir abbauen können.“
Sinkende Flüchtlingszahlen in Berlin
Hintergrund sind sinkende Flüchtlingszahlen. Nach offiziellen Angaben kamen bis September 2025 4576 Asylsuchende nach Berlin – ein Rückgang um rund 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Zahl der neu registrierten Ukrainer sank deutlich, von 8031 im Vorjahreszeitraum auf 5319. Insgesamt sind derzeit 37.295 Geflüchtete in Landesunterkünften untergebracht, rund 4400 Plätze bleiben ungenutzt. Besonders die Notunterkunft in Tegel, die Ende des Jahres schließen soll, steht weitgehend leer.
Stettner betonte, man wolle künftig präziser planen: „Wir werden ein Gesamtkonzept erstellen, welches Bedarfe, Angebote und Prognosen abgleicht, und auf dieser Basis Entscheidungen treffen.“ Ein Baustopp für laufende Projekte sei jedoch nicht vorgesehen – betroffen seien nur künftige Vorhaben.
Günstiges Wohnen für Studenten und Azubis
Für einige bereits angemietete Gebäude denkt die CDU über alternative Nutzungen nach, etwa Studenten- oder Azubi-Wohnen. So könnten Objekte in der Soorstraße (Westend), der Thielallee (Steglitz) oder der Darßer Straße (Lichtenberg) künftig anders genutzt werden. „Das Land Berlin hat Flächen angemietet. Die kann man für Flüchtlinge nutzen, für Azubi-Wohnen, für studentisches Wohnen, für andere gewerbliche Wohnarten“, so Stettner.
Der hohe Bedarf an günstigen Wohnungen bleibt dennoch bestehen – nicht nur für Geflüchtete, sondern auch für Studierende und Menschen mit geringem Einkommen. Viele Geflüchtete, die seit Jahren in Berlin leben, finden trotz Arbeit keine eigene Wohnung, was die Verweildauer in Unterkünften verlängert.
Gerade deshalb ist das Pankower Projekt umstritten. Es wurde ursprünglich als Sonderbauvorhaben für Flüchtlingsunterkünfte genehmigt. Sollte dieses Argument entfallen, verlöre die Gesobau ihre rechtliche Grundlage. Dann könnte ein alternativer Bebauungsplan mit reduzierter Dichte und stärkerem Grünschutz greifen – ein Kompromiss, den viele Anwohner bevorzugen.
