Neue Zahlen schocken

Autorennen in Berlin: Todes-Raser sind Männer – und 28 Jahre alt!

Sie riskieren nicht nur ihr eigenes Leben, sind auch eine Gefahr für andere: Menschen, die sich illegale Autorennen liefern. Was ist über die Täter bekannt?

Author - Florian Thalmann
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Raser spielen bei illegalen Autorennen mit ihrem Leben und denen ihrer Mitmenschen. 621 solcher Rennen gab es im Jahr 2024 im Berliner Stadtgebiet.
Raser spielen bei illegalen Autorennen mit ihrem Leben und denen ihrer Mitmenschen. 621 solcher Rennen gab es im Jahr 2024 im Berliner Stadtgebiet.A. Friedrichs/imago

In Berlin kommt es immer wieder zu illegalen Autorennen mit teils katastrophalen Folgen: Bei Unfällen wurden in der Vergangenheit schon Menschen verletzt oder sogar getötet. In der Nacht zum Montag gab es wieder einen Fall in Neukölln: Die Polizei machte hier Jagd auf einen Mann, der – ausgerechnet mit einem Smart – vor einer Polizeistreife Reißaus nahm. Er bretterte durch den Kiez, schrottete mehrere andere Autos. Ein Einzelfall? Leider nicht. Neue Zahlen zeigen, wie viele illegale Autorennen es in Berlin gibt – und was über die Täter bekannt ist.

Mann (40) liefert sich im Smart Verfolgungsjagd mit der Polizei

Der aktuelle Fall in Neukölln dreht sich um einen Mann, der Einsatzkräften der Polizei in Neukölln auffiel, eigentlich angehalten werden sollte. Der Grund: Er fuhr ohne Licht. Stattdessen drückte er aufs Gaspedal, lieferte sich eine irre Verfolgungsjagd mit der Polizei. „Der Mann ignorierte zuvor Anhaltesignale der Polizei und missachtete rote Ampeln, gefährdete Fußgänger, touchierte zwei fahrende Autos und krachte schließlich mit seinem Auto in vier parkende Fahrzeuge“, teilt die Polizei mit.

Erst habe er beschleunigt, sich dann mehrere riskante Fahrmanöver mit überhöhter Geschwindigkeit geleistet. Außerdem habe er den Querverkehr an Kreuzungen gefährdet. Mehrere Fußgänger hätten sich gerade so durch einen Sprung zur Seite retten können. „Auf der Sonnenallee touchierte der Smartfahrer zwei fahrende Pkw, die wie er in Richtung Grenzallee unterwegs waren, wobei die Fahrerin eines der betroffenen Autos ihren Wagen nur mit Mühe auf der Fahrbahn halten konnte“, heißt es weiter. „Beim Abbiegen von der Sonnenallee in die Hertzbergstraße verlor der Mann die Kontrolle über den Smart und prallte in vier parkende Pkw.“

Im Juni starb eine Frau bei einem illegalen Autorennen in Köpenick. Die Fußgängerin wurde von einem Auto erfasst, flog 30 Meter weit.
Im Juni starb eine Frau bei einem illegalen Autorennen in Köpenick. Die Fußgängerin wurde von einem Auto erfasst, flog 30 Meter weit.Paul Zinken/dpa

Sachschäden sind bei solchen Wahnsinns-Fahrten leider das geringste Übel: Immer wieder kommt es sogar zu Todesfällen, weil sich etwa Fußgänger nicht mehr in Sicherheit bringen können. Und es sind keine Einzelfälle. Der Berliner SPD-Abgeordnete Jan Lehmann hat mit einer parlamentarischen Anfrage jetzt die neuen Zahlen zu illegalen Autorennen in Berlin abgefragt – das Ergebnis schockiert: 621 verbotene Kraftfahrzeugrennen gab es von Januar bis Dezember 2024, so viele wie nie in den Jahren zuvor. 2021 waren es 562, 2022 wurden 506 Rennen erfasst, 2023 immerhin 593.

Polizei-Zahlen: Bei einem illegalen Rennen kam in Berlin ein Mofa zum Einsatz

Bei den meisten der Rennen wurden auch tatsächlich Autos eingesetzt, nur in wenigen Fällen Motorräder – einmal listen die Zahlen sogar ein Mofa auf. Auch die Bilanz der Unfallfolgen gibt es: In 38 Fällen wurden Menschen bei Kraftfahrzeugrennen 2024 leicht verletzt, in 24 Fällen schwer, in vier Fällen starben Menschen. Und was ist über die Täter bekannt? Laut der Antwort der Senatsverwaltung für Inneres auf die parlamentarische Anfrage waren 204 der Täter männlich, nur 18 Frauen traten aufs Gas.

Immer wieder kommt es in Berlin zu illegalen Autorennen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt werden - wie hier am Grazer Platz in Schöneberg.
Immer wieder kommt es in Berlin zu illegalen Autorennen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt werden - wie hier am Grazer Platz in Schöneberg.Morris Pudwell

Illegale Autorennen: Raser sind meist Männer und im Durchschnitt 28 Jahre alt

Das Durchschnittsalter der Raser lag demnach bei 28 Jahren. Ebenfalls brisant: Bei den Rasern handelt es sich oft um Menschen, die schon etwas auf dem Kerbholz hatten! Eine Auswertung habe ergeben, „dass vor dem jeweiligen Tatzeitpunkt 843 Tatverdächtige bereits strafrechtlich vorbelastet waren“, heißt es. Die Zahl bezieht sich aber auf alle registrierten verbotenen Kfz-Rennen der Jahre 2021 bis 2024. In 701 Fällen seien Verfahren mit verkehrsrechtlichem Bezug geführt worden. Und es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es bei den Rasern Taten gab, die nicht erfasst wurden.

Für den 40-jährigen Raser in Neukölln endete die Nacht übrigens auf dem Polizeirevier: Zwar stieg er nach dem Crash aus dem Auto und versuchte, zu Fuß zu flüchten. Schon kurze Zeit später konnten die Einsatzkräfte der Polizei ihn aber schnappen. „Nach Überprüfung seiner Identität und einer Blutentnahme in einem Polizeigewahrsam setzten die Einsatzkräfte den tatverdächtigen Unfallfahrer, der nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist, schließlich wieder auf freien Fuß“, schreibt die Behörde.

Was denken Sie über illegale Autorennen und die Menschen, die den Fuß einfach nicht vom Gas nehmen können? Schicken sie uns Ihre Meinung an leser-bk@berlinerverlag.com. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften!